Borussia Dortmund: In der Krise taucht Julian Nagelsmanns Name auf
Aktualisiert: 05.09.2023
11:23 Uhr
Andreas Reiners
Bei Borussia Dortmund brodelt es nach dem Stotterstart, und plötzlich geistert der Name Julian Nagelsmann rund um den BVB. Doch ist der Trainer überhaupt das Problem?
Hans-Joachim Watzke hatte sich weit aus dem Fenster gelehnt. Sehr weit. Und das ganz bewusst, wenn auch ohne Not.
Doch damit Borussia Dortmund auf der Trainer-Position Ruhe hat und auf eine seriöse Kontinuität setzt, musste der BVB-Boss einen raushauen. Deshalb gab er Coach Edin Terzic eine Job-Garantie mit in die neue Saison.
Die kann Watzke nach drei Spielen fast schon wieder einpacken. Denn die aktuelle Krise und die Diskussionen verselbständigen sich nach dem blamablen 2:2 gegen Aufsteiger Heidenheim.
Die Fans pfiffen das Team gnadenlos aus, die Stimmung ist am Boden, gar "toxisch und hochexplosiv", wie "Sport1" berichtet. Hinzu kommen angebliche "atmosphärische Störungen unter den BVB-Verantwortlichen".
Dass im Moment rund um den Signal Iduna Park eine sportlich angespannte und gefährliche Situation herrscht, war am Freitag nicht zu übersehen. Sinnbildlich standen die BVB-Stars ähnlich wie beim dramatischen Saisonfinale im Mai vor der Südtribüne, doch von dem damaligen Schulterschluss ist nicht mehr viel übrig.
Die Geduld ist schon jetzt aufgebraucht. Gute drei Monate nach dem Frusterlebnis, das Klub und Fans zusammenzuschweißen schien, erlebt der BVB eine Situation, auf die er so offenbar nicht vorbereitet war. Dabei deutete sich die Möglichkeit dieser Entwicklung an.
"Dass es nach dem Spiel Pfiffe gab, ist nachvollziehbar. Das war vollkommen in Ordnung", sagte Watzke der "WAZ". Er kündigte Gespräche an. Bereits unmittelbar nach dem Spiel soll es eine erste Krisensitzung gegeben haben, so die "Bild".
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BVB: Man geht in die Analyse
"Wir werden die Länderspielpause nutzen, um in die Analyse zu gehen. Das bleibt intern. Natürlich werde ich mich mit dem Trainer und dem Sportdirektor austauschen, sie sind jetzt in allererster Linie gefragt", sagte Watzke.
Die handelnden Personen haben einen ganzen Berg an Problemen, den es zu analysieren und zu bearbeiten gilt. Wie die ewige Mentalitäts-Malaise. Die Frage, warum es gegen vermeintlich kleinere Gegner nicht funktioniert, verfolgt den Verein seit Jahren. Keiner kann die Frage mehr hören, die Mannschaft wirft sie aber mit unschöner Regelmäßigkeit immer wieder auf. Warum da offenbar die letzten Prozentpunkte an Ernsthaftigkeit fehlen – unklar.
"Einer Spitzenmannschaft passiert sowas nicht. Wir haben das Spiel im Griff und geben es zum wiederholten Male aus der Hand. Wenn wir damit nicht aufhören, wird es sehr schwer sein, irgendwann was zu feiern", sagte Terzic, der mit der Situation sehr kritisch umgeht.
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Champions League: Nach hartem BVB-Los - die schwierigsten Gruppen der CL-Geschichte
Champions League: Auslosung vollzogen Die Gruppen für die Champions-League-Saison 2023/24 sind fix. Der FC Bayern hatte durchaus Losglück, RB Leipzig bekommt es mit Titelverteidiger Manchester City zu tun und Union Berlin darf beim Debüt in der Königsklasse unter anderem gegen Real Madrid antreten. Am härtesten erwischte es aber den BVB.
BVB: Hammergruppe mit PSG, Milan und Newcastle Neben dem französischen Serienmeister PSG wartet auch Vorjahres-Halbfinalist AC Mailand, zudem bekam man mit Newcastle United - vergangene Saison Vierter in England - das möglicherweise härteste Los aus dem vierten Topf. Aber welche Gruppen sind die kniffligsten der CL-Geschichte? Eine Auswahl.
Saison 1998/99: Gruppe D 1. Platz: FC Bayern München (11 Punkte, 9:6 Tore) 2. Platz: Manchester United (10 Punkte, 20:11 Tore) 3. Platz: FC Barcelona (8 Punkte, 11:9 Tore) 4. Platz Bröndby IF (3 Punkte, 4:18 Tore)
Saison 1998/99: Gruppe D Wie schwer die Gruppe war, zeigt allein schon der Blick aufs Finale. Dort standen sich erneut ManUnited und der FC Bayern gegenüber, der aus FCB-Sicht bittere Ausgang ist hinlänglich bekannt. Ausgerechnet in Bröndby unterlagen die Münchner, zwei Siege gegen den spanischen Meister sicherten aber das Weiterkommen.
Saison 2022/03: Gruppe A Auxerre war damals noch eine große Nummer in Frankreich, die blutjunge und talentierte PSV um Abräumer Mark van Bommel schloss die Vorsaison auf Platz zwei der Eredivisie ab. Und der FC Arsenal gehörte damals zu den besten Teams Europas. Auch die Punkteverteilung zeigt, wie eng es in der Staffel zuging.
Saison 2005/06: Gruppe D Wenn Manchester als Gruppenletzter ausscheidet, muss das schon was heißen. Benfica um Emmanuel Petit und Simao drang letztlich bis in das Viertelfinale vor, Villarreal sogar bis in die Runde der letzten Vier. Für den legendären United-Coach Sir Alex Ferguson war es das erste Aus in der Gruppenphase seit über zehn Jahren.
Saison 2010/11: Gruppe G Real ließ mal wieder nichts anbrennen und marschierte ohne Niederlage bis ins Halbfinale, dort war gegen Barca Endstation. Milan um Gennaro Gattuso, Clarence Seedorf, Filippo Inzaghi und Ronaldinho kam gerade noch vor Ajax durch, Auxerre hatte wie schon acht Jahre zuvor wenig zu melden.
Saison 2012/13: Gruppe D Der unglaubliche Lauf des BVB endete erst mit der Finalniederlage im Wembley gegen den FC Bayern, durch die bärenstarke Staffel marschierte man gar ohne Niederlage. Ajax und ManCity konnten nicht viel ausrichten. Im Halbfinale traf die Borussia erneut auf die "Königlichen" und behielt wieder die Oberhand.
Saison 2015/16: Gruppe D Juves Defensive zu gut, Manchesters Angriff zu stark und die Andalusier zu abgezockt - letztlich reichte es für Gladbach nur zum vierten Platz. Für die Italiener war im Achtelfinale gegen Bayern Schluss, ManCity scheiterte im Halbfinale an Real. Und Sevilla? Die gewannen am Ende die Europa League.
Saison 2018/19: Gruppe B Losglück war der PSV selten hold, auch in dieser Staffel hatten die Niederländer fast nichts zu holen, erwiesen sich am 6. Spieltag aber doch als Stolperstein für Inter. Das 1:1 reichte nicht, um an den Spurs vorbeizuziehen, die es sogar bis in das Finale schafften - und es dort mit einem Team aus der anderen Hammergruppe zu tun bekamen.
Saison 2018/19: Gruppe C Ebenjenes Team war aber nicht der Gruppenerste aus Paris, sondern die zweitplatzierten "Reds", die mit einem 2:0-Sieg den ersten großen Titel der Klopp-Ära holten. Bemerkenswert: Napoli schied trotz neun Punkten in der Vorrunde aus, eine Seltenheit. Ebenfalls bemerkenswert: Belgrad spielte stark mit und schlug den LFC mit 2:0.
Saison 2020/21: Gruppe B Am Ende trennten den Erst- und den Viertplatzierten nur vier Zähler. Topfavorit Real hatte Probleme, verlor unter anderem gegen Donezk und trennte sich mit 2:2 von den "Fohlen". Letztlich waren es die deutlichen Siege gegen die Ukrainer, die Gladbach ins Achtelfinale hievten (6:0, 4:0) - dort war gegen ManCity Endstation.
Saison 2022/23: Gruppe C 1. Platz: FC Bayern München (18 Punkte, 18:2 Tore) 2. Platz: Inter Mailand (10 Punkte, 10:7 Tore) 3. Platz: FC Barcelona (7 Punkte, 12:12 Tore) 4. Platz: Viktoria Pilsen (0 Punkte, 5:24)
Saison 2022/23: Gruppe C Die Punkteausbeute von Pilsen zeigt deutlich, was für Kaliber in der Gruppe mitspielten. Die Münchner ließen rein gar nichts anbrennen, marschierten durch und schlugen unter anderem Barca im Camp Nou mit 3:0. In das Endspiel gelangten in der vergangenen Saison trotzdem die "Nerazzurri", dort unterlag man ManCity mit 0:1.
Wohl wissend, dass viele Dinge, die er als Trainer offen anspricht, auch automatisch auf ihn zurückfallen. Wie zum Beispiel der sich weiter verfestigende Eindruck, dass die Mannschaft offenbar nicht zu 100 Prozent fit ist. Oder auch mental nicht auf der Höhe zu sein scheint.
Auch wenn Sportdirektor Sebastian Kehl und Terzic Probleme immer wieder zurückwiesen, hat die Transferperiode Spuren hinterlassen. Ob zwischenmenschlich, wird zumindest spekuliert.
Dass der Kader sportlich unausgewogen ist, ist bei nur drei Innenverteidigern und einer begrenzten Auswahl auf den Außenverteidigerpositionen nicht zu übersehen. Es fehlen sowohl Quantität als auch Qualität, vor allem im kreativen Bereich.
BVB: Die Unzufriedenheit wächst
Auch einzelne Personalien wie das Terzic-Veto gegen den Transfer von Edson Alvarez und die Trainer-Entscheidung, Emre Can zum Kapitän zu machen, oder die Verpflichtung von Felix Nmecha werden immer wieder im Umfeld diskutiert. Es rumort, die Unzufriedenheit wächst, auch bei Reservisten wie Youssoufa Moukoko, dem Niclas Füllkrug vor die Nase gesetzt wurde. Ein 30-Millionen-Transfer (Ablöse plus Gehalt) mit Publikumsliebling-Potenzial, das Allheilmittel ist er auch nicht.
Immer mehr in den Fokus gerät nun auch Terzic, der zwar bei Watzke Rückendeckung genießt, im Lager der Fans aber nicht mehr in der zuvor ausgeprägten Breite und in unbegrenzter Hingabe.
Im Gegenteil: Nicht erst seit Heidenheim wächst die Kritik an Terzic, sowohl an seiner Kommunikation als auch an mangelnden Problemlösungsansätzen sowie an seiner Spielidee, die nicht zu erkennen ist. Selbst die schwarz-gelbe Fan-Vergangenheit wird ihm negativ ausgelegt.
"Planlose Sche***!" BVB-Fans schieben Frust
Und wie das so ist, gibt es dann in diese Gemengelage hinein ein fixes Namedropping, wer den BVB denn aus der Krise wieder in die Spur bringen könnte. Auch wenn der Trainer wie jetzt beim BVB nur ein Teil des Problems ist.
Ex-Nationalspieler Dietmar Hamann nannte Julian Nagelsmann als möglichen Kandidaten. Der Name fiel am Wochenende sowieso recht häufig in den sozialen Netzwerken in Verbindung mit dem BVB.
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BVB und Nagelsmann: "Könnte sehr schnell heiß werden"
"Die Frage, die sich die Dortmunder stellen müssen: Haben wir in der Champions-League-Gruppe, so wie wir im Moment unterwegs sind, eine Chance, weiterzukommen? Ich habe vor einigen Tagen gesagt, dass die Chance bei 20 Prozent liegt“, sagte Hamann bei "Sky". Nach dem Spiel gegen Heidenheim seien noch ein paar Prozentpunkte heruntergepurzelt, so Hamann: "In Dortmund könnte die Sache sehr schnell heiß werden, weil du nicht weißt, wie lange Nagelsmann auf dem Markt ist."
Klar ist: So schnell wird es kein Trainer-Beben geben, Terzic wird auch nach der Länderspielpause am 16. September in Freiburg auf der Bank sitzen. Der Name Nagelsmann dürfte bis dahin allerdings auch nicht verschwinden. Denn danach warten bis Anfang Oktober eng getaktet Paris St. Germain, der VfL Wolfsburg, die TSG Hoffenheim, die AC Mailand und Union Berlin.
Und dann kommt unter Umständen doch der Moment, wenn Watzke merkt, dass er sich möglicherweise doch zu weit aus dem Fenster gelehnt hat.
Horn, Bellarabi und Co: Diese deutsche Stars sind vereinslos
Diese deutschen Stars sind immer noch vereinslos Nach der Schließung des Sommertransfer-Fensters in Europas Topligen sind einige deutsche Profis immer noch vereinslos. Diese können auch weiterhin von Klubs trotz bereits geschlossenem Transferfenster unter Vertrag genommen werden. ran zeigt, welche Spieler auf Klubsuche sind. (Stand: 3. September 2023)