DFL sucht einen Investor: Union Berlin beantragt wohl Verschiebung der Abstimmung
Aktualisiert: 11.12.2023
10:44 Uhr
Andreas Reiners
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Knallt es erneut oder können sich die 36 Erst- und Zweitligisten auf einen gemeinsamen Weg einigen? Und bleibt es überhaupt dabei, dass am Montag abgestimmt wird? ran beantwortet die die wichtigsten Fragen zur anstehenden Mitgliederversammlung.
Steht der deutsche Profifußball vor einer Zerreißprobe?
Die Mitgliederversammlung der 36 Erst- und Zweitligisten in Frankfurt/Main am Montag birgt jede Menge Zündstoff. Es geht um viel Geld, Fan-Proteste, gegensätzliche Meinungen und eine gemeinsame Entscheidung, die auf wackeligen Füßen steht.
Es wird abgestimmt, ob es den Einstieg eines Investors geben kann. Doch die Suche nach der Antwort auf diese Frage gestaltet sich schwierig.
Ob das Gremium aber überhaupt an diesem Montag über den Deal abstimmen kann, ist noch gar nicht sicher. Denn laut "kicker" hat Union Berlin die Führung der Deutschen Fußball Liga (DFL) und die weiteren 35 Erst- und Zweitligisten zu einer Verschiebung der Abstimmung über den Investoren-Einstieg aufgefordert.
Dabei beruft sich das Fachblatt auf ein von Union-Präsident Dirk Zingler unterzeichnetes Schreiben. Demnach bitten die Köpenicker darin "das DFL-Präsidium, den für Montag geplanten Antrag nicht zu stellen". Die Abstimmung erfolge "zum falschen Zeitpunkt". Als Argument soll Zingler unter anderem die zu erwartende niedrigere Ertragsbeteiligung im Vergleich zum Vorstoß im Mai angeführt haben.
ran beantwortet die wichtigsten Fragen zum Investoren-Deal.
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Bundesliga-Investor: Worum geht es?
Um Geld, das ein Investor mit einem Einstieg der Liga bringen soll. Konkret geht es bei dem Deal um bis zu eine Milliarde Euro, im Gegenzug bekommt der Geldgeber eine prozentuale Beteiligung an den TV-Einnahmen.
Sechs bis neun Prozent der Anteile einer DFL-Tochtergesellschaft, in welche die Medienrechte ausgelagert werden, sollen für 20 Jahre verkauft werden. Insgesamt sechs Unternehmen wollen einsteigen, eines würde den Zuschlag bekommen.
Fließt das Geld, soll es in die Weiterentwicklung des DFL-Geschäftsmodells (rund 600 Millionen Euro) investiert werden und dabei vor allem die Auslandsvermarktung stärken. Denn in dem Bereich hinkt die Bundesliga anderen Ländern deutlich hinterher. Vorreiter ist hier die Premier League.
300 Millionen Euro gehen zudem an die Klubs, damit die zunächst entstehenden Medien-Mindereinnahmen ausgeglichen werden können.
Die Engländer haben jüngst mit ihrem neuen TV-Vertrag wieder Maßstäbe gesetzt, denn in den Spielzeiten 2025/26 bis einschließlich 2028/29 fließen insgesamt 6,7 Milliarden Pfund in die Kassen der 20 Premier-League-Klubs. Das sind rund 1,95 Milliarden Euro pro Saison.
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Bundesliga-Investor: Was nimmt die Liga aktuell ein?
Zum Vergleich: Der nach der Saison 2024/25 auslaufende TV-Vertrag bringt der Bundesliga 1,1 Milliarden Euro pro Jahr, die neue Abmachung wird die Spielzeiten 2025 bis 2029 umfassen, eine Entscheidung soll Mitte 2024 fallen.
Fest steht schon vorher, dass die Zeiten eines üppigen Wachstums vorbei sind, die aktuellen TV-Partner "Sky" und "DAZN" haben mit Problemen zu kämpfen. Auch ein Rückgang der Einnahmen würde nicht verwundern.
Bei der Auslandsvermarktung sieht es besonders bitter aus. "Wir sind katastrophal aufgestellt in der Auslandsvermarktung. Wir hatten mal eine Prognose von 850 Millionen Euro – jetzt sind wir bei 160. Das Geld fehlt in jeder Kasse“, hatte Bayerns Aufsichtsratsmitglied Karl-Heinz Rummenigge im Sommer gewettert.
Immerhin: Inzwischen rechnet die DFL mit 200 Millionen Euro, was aber natürlich immer noch vergleichsweise bescheiden ist.
Bundesliga-Investor: Warum ist der Einstieg aus Sicht der Befürworter wichtig?
Aufgrund der genannten Zahlen. Um international den Anschluss nicht zu verlieren. BVB-Geschäftsführer Hans-Joachim Watzke war schon immer ein Befürworter eines Einstiegs, er betonte zuletzt nochmals, dass die Auslandsvermarktung besser werden müsse. "Die Liga sucht einen Partner, der ihr dabei hilft", sagte Watzke, der auch Aufsichtsratschef der DFL ist.
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DFL-Geschäftsführer Marc Lenz betonte, dem Partner würden "nur limitierte Mitspracherechte im wirtschaftlichen Bereich" eingeräumt werden: "Das ist ungewöhnlich für Private-Equity-Unternehmen. Akzeptiert ein möglicher Partner die roten Linien nicht, ist er nicht der Richtige für uns."
Es soll zudem keine "Mitbestimmungsrechte eines Partners in Bezug auf Pflichtspiele im Ausland, Anstoßzeiten oder im Bereich der Spielplanung" geben. Und: "Nach Ablauf der zeitlich begrenzten Minderheitsbeteiligung würden die lizenzierten Rechte automatisch an den DFL e.V. zurückfallen."
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Bundesliga-Investor: Wie läuft die Abstimmung ab?
Damit es grünes Licht für einen Einstieg gibt, braucht es unter den 36 Erst- und Zweitligaklubs eine Zweidrittel-Mehrheit. Die war beim bislang letzten Versuch im Mai nicht erreicht worden. Damals war das Paket bei einem Investor-Einstieg allerdings auch üppiger, dafür aber auch deutlich riskanter.
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Bundesliga-Investor: Was sagen die Klubs?
Für manche Vereine kommt bei der eigenen Bewertung erschwerend hinzu, dass sie eine meinungsstarke und einflussreiche Anhängerschaft haben. Wie schon im Mai bleibt der Einstieg vielerorts ein kontroverses Thema.
Der Unterschied: Im Vorfeld haben nun einige Klubs medienwirksam Stellung bezogen und sich für einen Einstieg ausgesprochen, wie zum Beispiel kurz vor der Mitgliederversammlung auch der FC Bayern München.
"Wir wollen die Zukunft der Bundesliga gestalten, wir müssen besser werden, vor allem in der Auslandsvermarktung. Wir müssen bessere digitale Infrastrukturen schaffen und wir müssen uns deutlich sichtbarer machen im internationalen Wettbewerb", sagte der Münchner Vorstandsvorsitzende Jan-Christian Dreesen der "dpa".
Und weiter: "Ich glaube fest daran, dass die DFL es schaffen wird, eine Balance zwischen Tradition und Vision zu finden. Ein guter Partner kann neben der finanziellen Unterstützung auch seine Kompetenz und sein Know-how einbringen."
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Klubs wie der 1. FC Köln und der SC Freiburg sind gegen einen Einstieg. "Die DFL hat ihren Investoren-Vorschlag deutlich nachgebessert. Aber es wurde leider immer noch nicht ausreichend geprüft, ob es sinnvollere Alternativen zu einem Private-Equity-Investor gibt", sagte FC-Vizepräsident Eckhard Sauren der "Sportschau".
Er ergänzte: "Wir halten es weiterhin für zwingend notwendig, dass ausschließlich die 36 Profi-Vereine über die Entwicklung des deutschen Profifußballs entscheiden und dabei kein Private-Equity-Unternehmen mit am Tisch sitzt."
Freiburg ist gar "zu einer veränderten Bewertung" gekommen, wie Vorstand und Aufsichtsrat schrieben. Sie seien überzeugt, "dass das deutlich reduzierte Investitionsvolumen, das zudem über mehrere Jahre verteilt wird, aus eigener Kraft (Innenfinanzierung) finanziert werden sollte".
Tatsächlich wirkt eine Investitionssumme in Höhe von 600 Millionen Euro aus eigener Kraft über einen Zeitraum von drei Jahren machbar, denn das wären 200 Millionen Euro pro Jahr, im Schnitt 5,55 Millionen Euro pro Klub und Jahr.
Der Knackpunkt: Steffen Merkel, neben Lenz Geschäftsführer der DFL, hält diesen Weg nicht für mehrheitsfähig. "Eine Binnenfinanzierung würde deutlich höhere Abgaben der Klubs an die DFL bedeuten", sagte Merkel: "Das würde die finanziellen Mittel aller Vereine reduzieren, also die individuellen Gestaltungsmöglichkeiten beschränken und im Endeffekt womöglich auch die Wettbewerbsfähigkeit reduzieren."
Bundesliga-Investor: Was sagen die Fans?
Sie haben am Wochenende noch einmal zu einem großen Teil gegen den Einstieg protestiert. "Es bleibt dabei: Nein zu Investoren in der DFL!" oder "DFL-Investoreneinstieg stoppen" hieß es auf Transparenten.
Unabhängig vom möglichen Partner lehnt die Fan-Interessenvertretung "Unsere Kurve" "auch diesen Anlauf eines Investoreneinstiegs bei der DFL vollumfänglich ab", sagte Jost Peter, erster Vorsitzender des Anhänger-Zusammenschlusses, der "dpa".
Er erläutert: "Nach jetziger Rechnung stärkt das Modell das obere Drittel der DFL-Ligen, während zwei Drittel der Vereine nur minimale Verbesserungen erwarten dürfen. In Verbindung mit der ohnehin schon ungerechten Verteilung der TV-Gelder entwickeln sich geringe Mehreinnahmen am Ende zu immer größerer Wettbewerbsverzerrung."
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Das ist schwer vorherzusagen, es sieht aus Sicht der Investor-Befürworter aber positiver aus als im Mai. Bereits 14 Klubs bekennen sich laut einer "kicker"-Umfrage zu ihrer Zustimmung. 13 Vereine machten keine Angaben, drei Klubs (Köln, Freiburg, St. Pauli) teilten ihre Ablehnung mit, ein Verein (Osnabrück) will sich enthalten.
Laut "kicker" fordert Union Berlin dazu eine Verschiebung der Abstimmung. Die Abstimmung erfolge "zum falschen Zeitpunkt". Als Argument führt Union-Präsident Dirk Zingler laut dem Sportmagazin unter anderem die zu erwartende niedrigere Ertragsbeteiligung im Vergleich zum Vorstoß im Mai an.
Was bei einer erneuten Ablehnung des Einstiegs passiert, ist schwer abzusehen, im Mai hatte es unter den Klubs ordentlich geknallt.
Man müsse "aufpassen, dass wir nicht in eine Situation geraten, in der die zweite Liga vorgibt, was die DFL machen soll", warnte Bayer Leverkusens Geschäftsführer Fernando Carro in der "FAZ". Sollte der abgespeckte Deal aufgrund deren Ablehnung platzen, müsse man sich "ernsthafte Gedanken über die künftige Governance der DFL machen".