Borussia Dortmund
BVB - Jobe Bellingham: Zwischen Zweifel, Druck und der Suche nach sich selbst
- Veröffentlicht: 20.10.2025
- 13:42 Uhr
- Carolin Blüchel
Er kam mit großen Erwartungen, einem berühmten Nachnamen und einem unguten Bauchgefühl. Jobe Bellingham erlebt in Dortmund bislang eine Achterbahnfahrt aus Druck, Fehlern und familiären Störgeräuschen.
Von Carolin Blüchel
Wenn das Bauchgefühl Zweifel hat, ist das oft mehr als nur ein leiser Gedanke - manchmal ist es ein Vorbote. Das gilt im Leben genauso wie im Leistungssport. Denn Psyche, Mindset und Resilienz entscheiden oft über Erfolg und Misserfolg. Vielleicht erklärt genau das, warum es bei Jobe Bellingham bei Borussia Dortmund bisher nicht so läuft wie erhofft.
Im August hatte Bellingham bei "DAZN" verraten, er habe sich "innerlich gesträubt", zum BVB zu wechseln. Nicht, weil er etwas gegen den Klub gehabt habe, im Gegenteil. Der Schritt von Sunderland aus Englands zweiter Liga zu einem Champions-League-Verein war eine Riesenchance.
Aber die Fußstapfen seines Bruders Jude Bellingham, der in Dortmund in Rekordzeit zum Publikumsliebling und Superstar avanciert war, waren ebenso riesig.
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"Ich musste lange nachdenken, bevor ich die Entscheidung getroffen habe", gestand Jobe. "Aber ich bin sicher, dass es der richtige Schritt für meine Entwicklung ist." Ein Satz, der zeigt, dass die Zweifel von Anfang an Teil der Entscheidung waren.
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Hohe Erwartungen, schwierige Startphase
Bellingham kam im Sommer für rund 30 Millionen Euro. Eine Ablöse, die normalerweise fertige Spieler kosten, die sofort eine Verstärkung sind. Dementsprechend hoch war die Erwartungshaltung und damit auch der Druck.
Anfangs setzte Trainer Niko Kovac noch auf den 20-Jährigen: Zwei Startelfeinsätze in der Bundesliga, einer in der Champions League. Doch schnell wurde deutlich, dass der Sprung von der Championship in die Bundesliga immens ist.
Bellingham war oft der schwächste Akteur auf dem Platz. Zu viele kleine taktische Fehler, sichtbare Nervosität, wenig Bindung zum Spiel. Die Folge: Auswechslungen und sinkende Einsatzzeiten. Von bislang zehn Pflichtspielen begann Bellingham nur dreimal, zuletzt spielte er meist weniger als 25 Minuten pro Einsatz.
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Kovac mahnt zur Geduld
"Wenn man einen Vertrag beim BVB unterschreibt, dann ist das nicht nur ein gut dotierter Vertrag, sondern auch einer, bei dem man weiß: Es gibt hier verdammt viel Konkurrenz", kommentierte Trainer Kovac zuletzt die Situation um Bellingham.
"Er hat hohes Potenzial, aber das muss auch erst entstehen. Das ist ein Prozess. Junge Spieler brauchen da bis zu einem halben Jahr. Man darf nicht den Fehler machen, zu viel Druck aufzubauen."
Doch der Druck kommt kurioserweise aus dem eigenen privaten Umfeld. Vater Mark Bellingham ist eine zusätzliche Belastung für den Youngster. Ein Vater zwischen Fürsorge und Übergriff. Er gilt als ehrgeizig und temperamentvoll. Soviel wusste man aus England und bekam es in Dortmund prompt zu spüren.
Nach dem 3:3 zum Saisonstart in St. Pauli geriet Papa Bellingham laut "ZDF heute" in den Katakomben mit Sportdirektor Sebastian Kehl aneinander, weil sein Sohn zur Halbzeit ausgewechselt worden war. Kehl reagierte mit klaren Worten: "Der Aktivenbereich bleibt Spielern, Trainern und Verantwortlichen vorbehalten. Das wird es nicht noch einmal geben." Der BVB zog Grenzen, doch das öffentliche Bild war beschädigt, die Harmonie war futsch.
Entscheidender Bock gegen die Bayern
Jobe helfen all die Debatten um seine Person nicht. Wie zuletzt gesehen beim 1:2 beim FC Bayern München. In der 78. Minute wollte der 20-Jährige auf der Linie klären, rutschte aus und schoss den Ball gegen Michael Olise - der unfreiwillige Assist zum 2:0 für die Münchner. Ein unglücklicher Moment, der das Spiel mit entschied.
Auch wenn Kovac "überhaupt keine Schuld" bei Bellingham sah - so einen Bock muss man als junger Spieler erstmal verdauen.
Der Trainer sieht Bellingham langfristig im defensiven Mittelfeld. Doch dort haben derzeit Marcel Sabitzer und Felix Nmecha die Nase vorn, mit Pascal Groß gibt es weitere Konkurrenz. Im Moment kämpft der 20-Jährige daher vor allem um Vertrauen - von außen und von sich selbst.
Interesse aus England - Blitzabgang droht
Auch wenn es zu früh für Urteile ist, gibt es sie bereits: die ersten Zweifel, ob sich die Verbindung BVB und Bellingham langfristig trägt.
Sein Talent ist unbestritten, doch Nachname und Preisschild sind bislang eine Last. Entscheidend wird sein, ob Bellingham die innere Stimme, die ihn einst vor einem Wechsel nach Dortmund warnte, überstimmen kann.
Mit Geduld, Resilienz und vielleicht einem Maulkorb für den Vater.
Andernfalls könnte es, wie englische Medien bereits spekulieren, schon im Winter zurück auf die Insel gehen. Manchester United und Crystal Palace sollen interessiert sein. Es wäre ein trauriger Abgang.