Bundesliga
FC Bayern: Demut statt Kampfansage - der neue Manuel Neuer
- Aktualisiert: 30.10.2023
- 08:49 Uhr
- Carolin Blüchel
Demut statt Kampfansagen! Manuel Neuer schlägt nach seinem lang ersehnten Comeback ungewöhnlich leise Töne an.
Von Carolin Blüchel
Am Samstag kehrte Manuel Neuer nach zehnmonatiger Verletzungspause endlich ins Tor des FC Bayern zurück. Comeback nach 331 langen Tagen – und die Ungewissheit bei allen Beteiligten, wie gut der offene Schien- und Wadenbeinbruch unter Belastung wirklich verheilt ist.
Wie hoch schießt die Formkurve des einst besten Torhüters der Welt, der schon vor seinem Unfall nicht mehr 100 Prozent seiner Fähigkeiten abrufen konnte? Äußerlich sah alles aus wie immer – und doch erlebten Mitspieler, Fans und Medien einen neuen Neuer: dankbar, demütig, leise.
Der emotionalste Moment sei gar nicht der gefeierte 8:0-Sieg gegen Darmstadt gewesen, sondern eine vermeintliche Kleinigkeit vor Anpfiff, verriet der 37-Jährige in der Mixed Zone.
"Das war eigentlich das Schönste. Mit unserer Gruppe rauszugehen und zu wissen, ich mache mich jetzt warm, damit ich hier spiele. Das ist vielleicht noch ein emotionalerer Gang als der, wenn das Spiel richtig losgeht. Denn ich habe als Kapitän ja noch andere Aufgaben mit der Platzwahl", erklärte er. "Aber wenn du allein in Richtung eigene Fans läufst, Richtung Kurve und dich aufwärmst - das ist wirklich etwa Besonderes. Das war ein toller Moment."
Das Wichtigste in Kürze
Auch wenn Neuer betont, trotz zahlreicher Rückschläge während der langen Genesungszeit nie gezweifelt zu haben, wurde schnell deutlich, wie viel ihm seine Rückkehr zwischen die Pfosten wirklich bedeutete. So verweigerte er nach dem Schlusspfiff Darmstadt-Keeper Marcel Schuhe den Trikottausch.
Neuer behält sein Comeback-Trikot
"Das behalte ich selbst", so Neuer mit einem Lächeln. Schuhen darf sich aber zumindest schon mal auf das Rückrunden-Jersey seines Kontrahenten freuen.
Sportliche Schlüsse konnte man aus seinem Premierenspiel seit knapp zehn Monaten kaum ziehen. Drei gute Aktionen, wenn er gebraucht wurde, aber nichts Spektakuläres, was angesichts des überlegenen Kantersiegs der Bayern auch nicht nötig war.
Neuer wusste daher selbst nicht, wie er sein eigenes Leistungslevel einschätzen soll. "Das kann nicht sagen. Ich bin jetzt gut reingekommen und freue mich über die nächsten Aufgaben." Ob er ab sofort wieder in jedem Spiel auf dem Platz steht, wisse er aber nicht. Das entscheide der Trainer.
Eine typische Fußballerfloskel, die man aus Neuers Mund aber bis dato noch nie gehört hatte. Die schwere Verletzung, die er sich bei einer Skitour zugezogen hatte, hat ganz offensichtlich auch menschlich Spuren hinterlassen.
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Keine Kampfansage an ter Stegen
Weshalb es der Weltmeister von 2014 auch vermied, eine Kampfansage in Richtung Nationalmannschaft und Dauer-Rivale Marc-Andre ter Stegen zu schicken. Der Barca-Keeper hatte zuletzt betont, er sei im Moment die klare Nummer eins.
Und Neuer? Stimmte zu, ohne Wenn und Aber. "Ich denke, dass er aktuell auf jeden Fall die Nummer eins ist."
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Neuer beschäftige sich mit der Frage derzeit aber gar nicht, und sei "total tiefenentspannt". Schon wieder etwas Neues beim zweimaligen Champions-League-Sieger, der in der Vergangenheit nie einen Zweifel hatte aufgekommen lassen, wer die unumstößliche erste Wahl in der DFB-Elf ist.
So war es 2017 nach seinem Ermüdungsbruch und auch 2019, als ter Stegen seinem Frust Luft gemacht hatte. Der Barcelona-Torhüter meldete damals öffentlich Ansprüche auf mehr Spielzeit an. Neuer attestierte ihm daraufhin mannschaftsschädliches Verhalten.
Doch diesmal ist alles anders – demütiger. Bundestrainer Julian Nagelsmann habe ihn angerufen und ihm vor seinem Comeback viel Glück gewünscht. "Erstmal ist es wichtig, dass ich hier heute ein Spiel gemacht habe, dass es gut ausgegangen ist und dass ich meine Leistung zeigen konnte. Alles andere sind Themen von morgen."
Es wird spannend sein, zu sehen, wann "morgen" beginnt.