Transfer von Superstar zum FC Bayern rückt näher
Kommentar: Harry Kane soll beim FC Bayern die strategische Fehlplanung überdecken
- Aktualisiert: 10.08.2023
- 13:14 Uhr
- Justin Kraft
Der FC Bayern München möchte Harry Kane von Tottenham verpflichten und ist bereit, sehr viel Geld für ihn auszugeben – auch weil die eigene strategische Ausrichtung fehlgeschlagen ist. Dieser Transfer wäre ein Eingeständnis dafür. Ein Kommentar.
100 Millionen Euro – so viel soll der FC Bayern München bereit sein, für Harry Kane auszugeben. Gut investiertes Geld, könnte man argumentieren. Schließlich dürfte der Engländer sportlich einige Baustellen schließen, falls der Transfer verwirklicht wird.
Es ist ganz simple Mathematik: In den letzten drei Spielzeiten lieferte der Kapitän der englischen Nationalmannschaft im Schnitt 30 Tore pro Saison.
Keiner beim FC Bayern ist auch nur annähernd in der Lage dazu, seit Robert Lewandowski den Verein verlassen hat. Eric Maxim Choupo-Moting hatte zwar eine gute Phase im vergangenen Herbst, doch dann fand auch er zurück zur Normalität.
Dementsprechend dürfte niemand daran zweifeln, dass Kane mit seiner Erfahrung und Qualität kurzfristig helfen kann, vermutlich helfen wird. Doch genau in diesem Satz steckt auch schon das Problem: Kurzfristig. Für um die 100 Millionen Euro.
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FC Bayern München: Harry Kane ist auch nur eine Übergangslösung
Kane ist bereits 30 und hat, so berichten es mehrere Medien, immer noch den Wunsch, Rekordtorjäger in der Premier League zu werden. Eine Rückkehr zu Tottenham wird dementsprechend jetzt schon heiß diskutiert.
Eine Klausel soll, so die Gerüchte, ermöglichen, dass der Stürmer in einigen Jahren zurück wechseln kann. 47 Tore fehlen ihm noch zum Rekord von Alan Shearer. Das sind, sollte er seine aktuelle Form noch einige Jahre halten können, zwei Spielzeiten für Kane. Auch hier bedarf es nicht der großen mathematischen Kunst, um absehen zu können, dass das Risiko groß ist, dass der Engländer in München "nur" eine teure Übergangslösung wird.
Drei Jahre, vier Jahre? Ab wann lohnen sich solche Ablösesummen für Spieler, die bereits auf das Ende ihrer Karriere zulaufen? Zwar war der Transfer von Sadio Mane ganz anders gelagert, weil der Senegalese in München mit seinen Qualitäten kein echtes Bedürfnis auf dem Platz erfüllte, doch eines hat er gezeigt: Es gibt ein Risiko, dass ältere Spieler ab einem gewissen Punkt tendenziell eher schlechter als besser werden.
Wann dieser erreicht ist, ist ganz individuell. Während einige Expertinnen und Experten das bei Mane vorhersagen konnten, ist es fairerweise bei Kane noch nicht absehbar. Aber es ist ein reales Risiko, das für die kommenden Jahre einzukalkulieren wäre.
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FC Bayern München: Harry Kane ist ein Symptom der eigenen Fehlplanung
Letztendlich hat der FC Bayern die Nase von dem voll, was er selbst lange als alternative Strategie im Vergleich mit der internationalen Konkurrenz bezeichnete: Kreative Transfers tätigen und notfalls das eine oder andere Entwicklungsjahr in Kauf nehmen. Vor allem deshalb, weil die meisten Entwicklungen gescheitert sind. Von Julian Nagelsmann bis zu jungen Spielern, die nie richtig integriert werden konnten. Das Resultat: Die Leute, die Kreativität einforderten und mehr in die Zukunft investieren wollten, sind weg. Sie scheiterten daran.
Und jetzt bezahlt man dafür womöglich teuer. Trotz der Qualität von Kane auch deutlich zu teuer – gerade bei nur noch einem Jahr Vertragslaufzeit. Vielleicht verschafft dieses Handeln Zeit, um eine mittel- bis langfristige Lösung zu finden. Doch gleichwohl wirft das bisherige Transferfenster kein gutes Licht auf die strategische Planungsfähigkeit des Klubs.
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Zumal bei Kane die Erwartungshaltung eine gewichtige Rolle spielen wird. Denn wofür wird diese Summe ausgegeben? Vor allem für die Champions League. Deutscher Meister werden die Bayern auch dann, wenn sie ein schlechtes Jahr erwischen. Im DFB-Pokal sind sie jetzt mehrfach gestolpert, doch auch da sind sie in der Lage mit Stürmern anderer Qualität erfolgreich zu sein.
Das bedeutet, dass die Verpflichtung von Kane vor allem daran gemessen wird, ob der FC Bayern in der Königsklasse wieder erfolgreich ist. Auf eine Entwicklung kann man sich im Falle des Misserfolgs nicht mehr berufen. Man will mit aller Macht den Lewandowski-Abgang von vor einem Jahr kompensieren – doch an dessen Erfolgen und Quoten wird ohnehin jeder Nachfolger scheitern. Selbst Harry Kane. 100 Millionen Euro – eine ganze Stange Geld für Reparaturen. Einige werden es als alternativlos bezeichnen. Andere werden zu Recht anmerken, dass der FC Bayern eigentlich für Alternativen stehen wollte.