BVB gegen Paris der Außenseiter
Champions League: Karl-Heinz Riedle exklusiv: "Wenn Mbappe ins Laufen kommt, ist er nicht zu halten"
- Aktualisiert: 01.05.2024
- 17:00 Uhr
Vor dem Kracher zwischen Borussia Dortmund gegen Paris St. Germain spricht BVB-Ikone Karl-Heinz Riedle bei ran über die Parallelen zum Champions-League-Triumph 1997 und die aktuellen Dortmunder Chancen.
Von Philipp Kessler
Das Halbfinale-Hinspiel zwischen Borussia Dortmund und Paris St. Germain (ab 21 Uhr im Liveticker) lässt sich auch Karl-Heinz Riedle (58) nicht entgehen.
Die Stürmer-Legende schoss den BVB 1997 mit einem Doppelpack beim 3:1 gegen Juventus Turin in München zum Henkelpott. 27 Jahre später hofft Riedle auf ein neues Königsklassen-Wunder der Dortmunder, wie der Weltmeister von 1990 im Interview mit ran erzählt.
ran: Herr Riedle, trauen Sie Dortmund den Champions-League-Sieg zu?
Karl-Heinz Riedle: In der letzten Zeit ist die Mannschaft – mit Ausnahme des 1:4 am Samstag in Leipzig - relativ gut aufgetreten. Und in der Champions League sind die Dortmunder bisher ohnehin sehr überzeugend. Wenn man bis ins Halbfinale kommt, ist alles möglich. Ich denke, dass sie sich was ausrechnen.
ran: Dafür müsste man erst mal Paris Saint-Germain aus dem Weg räumen.
Riedle: Paris hat eine Top-Mannschaft. Aber PSG ist auch schlagbar, defensiv haben sie immer wieder Probleme. Das hat man auch in der Gruppenphase gemerkt, obwohl der BVB in Paris mit 0:2 verloren und zuhause 1:1 gespielt hat. Es werden enge Spiele werden.
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ran: In der Bundesliga ist Dortmund nur Fünfter. Hand aufs Herz: Haben Sie es dem BVB zugetraut, in der Champions League um den Titel mitzuspielen?
Todesgruppe für den BVB: "Ein Statement"
Riedle: Niemand hat damit gerechnet, dass es in dieser Saison dermaßen weit in der Champions League geht. Sie hatte eine brutale Gruppe mit Newcastle, AC Mailand und eben Paris Saint-Germain. Diese nicht nur zu überstehen, sondern auf Platz eins abzuschließen, war schon ein Statement. Mit PSV Eindhoven hatten sie keinen einfachen Gegner und Atletico Madrid im Viertelfinale war total unangenehm. In diesen Spielen haben sie sich immer wieder auf ein enorm hohes Level gepusht.
ran: Das wird auch nötig sein, um PSG-Superstar Kylian Mbappé zu stoppen.
Riedle: Ein Angreifer, der für jeden Verteidiger sehr schwer kaltzustellen ist. Man kann ihn nur im Kollektiv stoppen. Dortmund muss schauen, dass er nicht in seine gefürchteten Tempoläufe kommt. Der BVB muss die richtige Balance finden, darf nicht zu hoch und auch nicht zu tief stehen. Weil eines ist klar: Wenn Mbappé ins Laufen kommt, dann ist er nicht zu halten. Vor allem nicht im Eins-gegen-Eins.
ran: Auf welchen Dortmunder Stürmer muss Paris aufpassen?
Riedle: Da geht es gar nicht nur um die Angreifer. Grundsätzlich ist die Mannschaft als Kollektiv immer gut aufgetreten, wenn es drauf angekommen ist. Marcel Sabitzer war beispielsweise gegen Atletico ein ganz entscheidender Faktor. Zuletzt hat auch Niclas Füllkrug hat zuletzt wieder getroffen. Wie gesagt: In der Champions League hat sich Dortmund immer wieder auf ein ganz anderes Level heben können. Das sind diese K.o.-Spiele, darauf kommt es an. Und da haben sie in dieser Saison echt immer performt.
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ran: Das kann man auch über Ihre Dortmunder Champions-League-Siegermannschaft von 1997 sagen. Auch damals lief es in der Bundesliga nicht wirklich rund. Den Henkelpott konnte der BVB auch dank Ihres Doppelpacks im Finale beim 3:1 gegen Juventus Turin in die Luft stemmen.
Riedle: Die Situation damals kann man tatsächlich mit der von heute vergleichen. Es gibt Parallelen. Im Halbfinale sind wir irgendwie gegen Manchester United durchgekommen, obwohl wir eigentlich hätten verlieren müssen. Jürgen Kohler hat damals drei, vier Mal auf der Linie gerettet. Mit viel Glück haben wir gewonnen. Das zeigt: Im Fußball ist alles möglich. Trainer Edin Terzic hat es richtig gesagt: "Wenn man schon mal im Halbfinale ist, macht es auch Sinn, ums Finale zu kämpfen."
BVB gegen PSG: "Jeder muss bei 120 Prozent sein"
ran: Was war damals der Schlüssel zum Wunder im Münchner Olympiastadion?
Riedle: Wir hatten eine sehr erfahrene Mannschaft mit vielen Italien-Rückkehrern. Die Serie A war damals die beste Liga der Welt. Wir waren alle im Top-Alter, um solche großen Titel noch mal zu gewinnen. Wir Spieler haben auch viel im privaten Bereich miteinander unternommen. Unser Spirit war super – und das hat sich teilweise auch auf dem Platz gezeigt. In den beiden Jahren zuvor – 1995 und 1996 – sind wir Meister geworden. Es war mit die erfolgreichste Zeit des BVB. Aber klar: Den Champions-League-Sieg kann man nicht planen. Da gehört auch das Quäntchen Glück dazu.
Man braucht zwei absolute Traumtage gegen PSG – von allen Spielern. Und dann benötigt man auch etwas Glück.
Karl-Heinz RIedle über die Chancen des BVB gegen Paris
ran: Aus Ihrer eigenen Erfahrung: Was braucht der BVB aktuell, um in das Champions-League-Endspiel einzuziehen?
Riedle: Fakt ist: Jeder Spieler muss bei 120 Prozent sein, über seine Grenzen hinausgehen. Für Mbappé wäre es natürlich der krönende Abschluss seiner Zeit bei Paris. Er wird im Sommer den Verein verlassen. Man braucht zwei absolute Traumtage gegen PSG – von allen Spielern. Und dann benötigt man auch etwas Glück.
ran: Dortmund-Fans träumen vermutlich übereits von einer Wiederholung des deutschen Finales von 2013 im Wembley-Stadion – aber mit einem besseren Ausgang als damals, als der FC Bayern mit 2:1 gewinnen konnte.
Riedle: Wenn man bis ins Finale kommt, will man natürlich nicht verlieren. Ich war damals dabei in London: Es war ein Spiel auf Augenhöhe, leider mit dem glücklicheren Ende für den FC Bayern. Aber Dortmund wird es am Ende egal sein, auf welchen Gegner sie in einem möglichen Finale treffen würden. Wenn sie das schaffen, wäre es ein Wahnsinns-Erfolg.