Fußball
DFB vs. Bundesliga: Wie ein Machtkampf der Alphatiere die Einheit des deutschen Fußballs gefährdet
- Veröffentlicht: 06.12.2025
- 13:09 Uhr
- Martin Volkmar
Der Zoff um die Gründung einer professionellen Frauen-Bundesliga geht weit darüber hinaus, betrifft auch die Männer und generell die Zusammenarbeit der DFL mit dem DFB. Eine kommentierende Analyse.
Von Martin Volkmar
Es ist gerade mal einen Monat her, dass beim DFB-Bundestag in Frankfurt die wiedergewonnene Einheit im deutschen Fußball zwischen dem Profi- und Amateurlager in höchsten Tönen besungen wurde.
Unter anderem vom einstimmig wiedergewählten Präsidenten Bernd Neuendorf und seinem ersten Stellvertreter, dem DFL- und BVB-Boss Hans-Joachim Watzke.
Spätestens am Donnerstag allerdings hat die Realität die damaligen Verbrüderungsszenen konterkariert.
Denn da erklärten die 14 Frauen-Erstligisten einstimmig das vorläufige Ende der Verhandlungen mit dem DFB über die neu zu gründende Frauen-Bundesliga (FBL).
Stattdessen soll die als Pendant zur DFL gedachte Profi-Organisation nun am kommenden Mittwoch ohne den Verband aus der Taufe gehoben werden. Ebenfalls in Frankfurt, allerdings im "Adler Business Club" der Eintracht.
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Zoff mit dem DFB: Frankfurt und Bayern als treibende Kräfte
Deren Vorstandsvorsitzender Axel Hellmann gilt zusammen mit Bayern-Boss Jan-Christian Dreesen als treibende Kraft hinter dem Zoff mit dem DFB, bei dem die beiden DFL-Präsidiumsmitglieder interessanterweise im Vorstand sitzen.
Dass sich die neben Watzke wichtigsten Vertreter der Bundesliga lautstark zu Wort meldeten, ist nur ein Hinweis, dass die Bedeutung der Entscheidung weit über den Frauen-Fußball hinausgeht. Vielmehr stört die Machtprobe das Verhältnis des Profi-Lagers zum Verband empfindlich und gefährdet die oben erwähnte Einheit.
Elf der 14 Teams der Frauen-Bundesliga spielen auch bei den Männern im Oberhaus, neben Bayern und Frankfurt unter anderem Wolfsburg, Leipzig, Leverkusen und Freiburg. Und auch hier meldeten sich in der Pressemitteilung vom Donnerstag fast immer die Bosse zu Wort, etwa Bayers CEO Fernando Carro oder Freiburgs Vorstand Oliver Leki – der sogar Vizepräsident des von ihm öffentlich kritisierten DFB ist.
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DFL-Vertreter wollen auch Frauen-Bundesliga erfolgreich machen
Diese Führungsschicht der Profis ist sich einig, dass der nach wie vor defizitäre Spitzen-Fußball der Frauen mittelfristig nur mit einer umfangreichen Professionalisierung eine Chance hat, mit den wirtschaftlich deutlich erfolgreichen Ligen in England und Spanien mitzuhalten. Weshalb man die Schalthebel bei den wichtigen Entscheidungen über die nächsten Schritte auf keinen Fall aus der Hand geben will.
Umso größer ist daher der Ärger über den DFB, weil dieser nach Ansicht von Hellmann und Co. die finalen Verhandlungen über das geplante Joint Venture der FBL torpediert habe. Man sei "stinksauer" ist unisono zu hören, da der Verband plötzlich bereits getroffene Vereinbarungen in Frage gestellt habe und nachträglich gravierend abändern wollte.
DFB-Generalsekretär Holger Blask im Fokus der Kritik
Im Fokus der Kritik steht dabei der neue DFB-Generalsekretär Holger Blask, auch wenn dieser das Gegenteil behauptete und seinerseits erklärte, es habe massive Änderungswünsche der Vereine gegeben.
Offenbar fühlte sich der DFB bei den vorherigen Gesprächen über den Tisch gezogen. So soll das Präsidium der FBL aus je drei Vertretern von DFB und DFL bestehen plus der Präsidentin mit der entscheidenden Stimme.
Katharina Kiel von Eintracht Frankfurt soll FBL-Präsidentin werden
Als neue FBL-Chefin, die eine vergleichbare Position wie Watzke in der DFL haben wird, gilt Katharina Kiel als gesetzt. Die ehemalige Bundesligaspielerin ist allerdings seit drei Jahren als Direktorin bei Eintracht Frankfurt tätig, so dass viele in der 33-Jährigen eine "Marionette" Hellmanns befürchten, die im Zweifel dem Profilager immer zu einer 4:3-Mehrheit verhelfen könnte.
Auch deshalb sollen Blask und seine Mitstreiter auf der Änderung bestanden haben, Entscheidungen im Präsidium mit Zweidrittel-Mehrheit zu treffen, wodurch der DFB eine Sperrminorität gesichert hätte. Nur ein Grund, warum es zum großen Knall kam.
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Doch nicht nur die Profi-Vertreter, sondern auch neutrale Beobachter geben Blask die Hauptschuld am Zerwürfnis. Interessanterweise war der mächtigste DFB-Angestellte, der noch im Oktober vom "Sportbusiness Leaders Forum" in Frankfurt als "Player of the Year" ausgezeichnet worden war, vor seinem Wechsel 2020 rund 14 Jahre in leitender Funktion für die DFL tätig.
Eintracht-Boss Hellmann warnt vor "irreparablem Vertrauensverlust"
Von daher spricht vieles für einen "Machtkampf der Alphatiere", wie die im Frauen-Fußball gut unterrichtete "Frankfurter Rundschau" (FR) titelt. Sollte der DFB nicht einlenken, so sind die Profis offenbar auch zu einer weiteren Eskalation bereit.
Die Forderungen des DFB würden die Frage aufwerfen, "ob das die richtige Basis für eine lange und gute Partnerschaft sein kann", sagte Hellmann wenig zweideutig der "FR" und setzte sogar noch einen drauf: "Wir müssen aufpassen, dass so ein Vorgehen nicht zu einem irreparablen Vertrauensverlust führt."
Klar ist: Sollte tatsächlich ein solches Worst-Case-Szenario eintreten, hätte das angesichts der führenden Protagonisten aus der Männer-Bundesliga auch negative Folgen auf die Zusammenarbeit zwischen DFB und DFL.
Wahrscheinlicher ist, dass man sich doch noch zusammenrauft – weil beide Seiten aufeinander angewiesen sind.
"Wilde Liga" ohne DFB-Unterstützung hätte kaum Chancen
Zwar sitzen die Klubs derzeit am längeren Hebel und investieren auch deutlich mehr Millionen in die FBL, aber eine "wilde Liga" ohne Unterstützung des Verbandes hätte auch keine Chance zum Überleben.
Schließlich ist der DFB als Mitglied der UEFA verantwortlich für die Meldung der Klubs zur Champions League und hat die Entscheidungshoheit über die Nationalmannschaft, die im Frauen-Fußball weiter die mit Abstand größte Popularität besitzt. Außerdem braucht die FBL die Unterstützung bei den Schiedsrichtern, der Sportgerichtsbarkeit oder der Verzahnung mit der zweiten Liga.
Ohne Kompromisse wird es also nicht gehen, auch wenn das den "Alphamännern" auf beiden Seiten des selbst vertieften Grabens schwerfallen wird. Ein Schaden für den deutschen Fußball ist schon jetzt entstanden.