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Handball-WM 2025: Weltmeisterin Andrea Bölk vor DHB-Halbfinale gegen Frankreich - "auf der Euphoriewelle kann man jeden Gegner schlagen"
- Aktualisiert: 11.12.2025
- 18:47 Uhr
- Martin Jahns
Andrea Bölk ist nicht nur Handball-Weltmeisterin von 1993, sondern auch die Mutter von Deutschlands derzeitiger Leistungsträgerin Emily Vogel. Im ran-Interview spricht sie über die Chancen der DHB-Frauen auf eine Medaille.
Das Interview führte Martin Jahns
Der Traum von einer deutschen Medaille bei der Frauen-Handball-WM lebt! Nach sieben Siegen in sieben Spielen treffen die DHB-Frauen im Halbfinale am Freitag auf Titelverteidiger Frankreich.
Eine der Leistungsträgerinnen im deutschen Team ist Emily Vogel. Die Rückraumspielerin gehört zu den Top-Scorerinnen und ist mit 27 Jahren eine Stütze im Team von Bundestrainer Markus Gaugisch.
Vogel liegt Handball im Blut: Ihre Mutter Andrea Bölk absolvierte ebenfalls als Rückraumspielerin 201 Länderspiele für Deutschland - und gewann 1993 mit dem DHB-Team in einem dramatischen Finale gegen Dänemark WM-Gold in Oslo. Es ist bis heute der letzte WM-Triumph der deutschen Handball-Frauen, die danach nie wieder im Finale standen.
Im Interview mit ran spricht Bölk über die WM-Chancen des deutschen Teams, ein "geiles Turnier" ihrer Tochter, überragende Norwegerinnen und den Frauenhandball-Boom in Deutschland - und was davon nach der WM übrig bleibt.
Das Wichtigste in Kürze
Andrea Bölk: Tochter Emily Vogel "spielt ein großartiges Turnier"
ran: Sie waren bei dieser WM gegen Montenegro in Dortmund in der Halle. Geht es nun für Sie auch zum Halbfinale nach Rotterdam zum Halbfinale?
Andrea Bölk: Freitag früh geht es los Richtung Rotterdam. Das wollen wir uns nicht entgehen lassen!
ran: Sie selbst wurden 1993 Weltmeisterin. Wie oft haben Sie mit ihrer Tochter während des Turniers Kontakt und können Sie ihr Tipps oder Ratschläge für große Turniere geben?
Bölk: Durch Zufall haben wir jetzt eine Woche zusammen in einem Hotel gewohnt, dass wir schon im Februar gebucht hatten. So konnten wir täglich ein, zwei Stündchen Zeit zusammenverbringen. Hier ging es natürlich nicht nur um Handball. Wir sehen uns leider nicht so häufig, da Emmys Wohnort in Budapest ist und daher gibt es viele andere Themen. Klar, wenn Fragen kommen und sie das möchte, dann gebe ich Tipps. Aber ich weiß auch, wann man mal nicht über Handball sprechen möchte.
ran: Wer ist angespannter vor den Spielen bei dieser WM? Sie oder Ihre Tochter?
Bölk: Also ich würde sagen, ich. Jetzt verstehe ich, wie sich meine Eltern bei meinen Spielen damals gefühlt haben. Sie waren auch immer angespannt und nervös - und wünschten sich einfach nur, dass alles gut läuft und niemand sich verletzt. Nun geht es mir genauso.
ran: Bislang läuft die WM für Emily als Führungsspielerin und eine der Top-Werferinnen des DHB-Teams aber ausgezeichnet.
Bölk: Ja! Hut ab, wie sie die ganze Sache da meistert. Sie spielt ein großartiges Turnier, stellt sich in den Dienst der Mannschaft und ist in entscheidenden Phasen da. Es macht mega Spaß zuzuschauen. Ich hoffe und drücke die Daumen, dass das so weitergeht.
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Andrea Bölk: "Deutschland kann große Turniere"
ran: Für Ihre Tochter ist es bereits das elfte große Turnier. Wie hat sie sich in Ihren Augen über die Jahre als Handballerin, aber auch als Persönlichkeit im Team entwickelt?
Bölk: Mit gerade 18 Jahren war sie noch zurückhaltend und hat sich an den älteren Spielerinnen orientiert. Heute trägt Emmy seit Jahren eine große Verantwortung - und genau diese Rolle nimmt sie nun auch in der Nationalmannschaft ein. Mit der Erfahrung aus vielen Drucksituationen und jährlichen Champions-League-Spielen auf höchstem Niveau geht sie selbstbewusst voran. Ich finde es bemerkenswert, wie stark sie sich entwickelt hat, vorangeht und wirklich ein geiles Turnier spielt.
ran: Beim Viertelfinale gegen Brasilien saßen Millionen vor dem Fernseher. In Dortmund haben 9.000 Fans das deutsche Team angefeuert. Wie nehmen Sie die Handball-WM und das größer werdende Interesse in Deutschland am Frauenhandball wahr?
Bölk: Deutschland kann große Turniere - die Begeisterung hierzulande ist einfach beeindruckend. Es hat mich unglaublich gefreut, wie viele Menschen den Weg in die Hallen gefunden haben und wie viele strahlende Gesichter ich gesehen habe. Die jungen Mädchen und Jungs, die ihren Idolen nacheifern, haben mir richtig Gänsehaut bereitet. Schade, dass das Finale in Rotterdam stattfindet.
Andrea Bölk: "Nach unserem WM-Titel hat sich leider kaum etwas verändert"
ran: Wird der Erfolg der deutschen Mannschaft dem Frauenhandball in Deutschland Auftrieb geben?
Bölk: Ich wünsche mir sehr, dass der Frauenhandball endlich stärker in den Vordergrund rückt. Nach unserem WM-Titel 1993 hat sich leider kaum etwas verändert. Ich hoffe und drücke die Daumen, dass es diesmal anders wird.
ran: Wie hat sich der Frauenhandball seit Ihrer aktiven Zeit entwickelt? Vermissen Sie etwas im modernen Handball, das es zu Ihrer Zeit noch gab?
Bölk: Vermissen tue ich eigentlich nichts. Natürlich ist das Spiel deutlich schneller, da könnten wir kaum noch mithalten. Taktisch waren wir vielleicht sogar einen Tick weiter, aber bei diesem Tempo lassen sich viele Details gar nicht mehr so sauber umsetzen. Trotzdem begeistert mich der Handball gerade wie selten zuvor. Er ist meistens durchgehend spannend - man kann nicht mal eben ein Getränk holen, ohne etwas zu verpassen.
Andrea Bölk: "Norwegerinnen auf einem anderen Level"
ran: Wie bewerten Sie das deutsche Team im Vergleich zu anderen Medaillenfavoriten wie im Halbfinale gegen die Französinnen? Wie ist ihnen beizukommen?
Bölk: Wenn man auf einer Euphoriewelle reitet, kann man - außer vielleicht aktuell Norwegen - jeden Gegner schlagen. Wenn die Deutschen ihr komplettes Potenzial abrufen, von einer starken Abwehr über eine sichere Torhüterleistung bis hin zu einem variablen Angriff, ist alles möglich. Das traue ich dieser der Mannschaft absolut zu.
ran: Aber nicht bei einem möglichen Aufeinandertreffen gegen die Norwegerinnen?
Bölk: Die Norwegerinnen spielen auf einem anderen Level. Wenn ich bedenke, was Katrin Lunde da mit ihren teilweise 50 Prozent abgewehrten Würfen im Tor alles hält. Der Respekt ist schon da, wenn du sie nur siehst. Aber natürlich kann Norwegen auch einen schlechten Tag erwischen. Jetzt steht erstmal das Halbfinale gegen den amtierenden Weltmeister Frankreich an.
ran: Und falls es tatsächlich für Emily und das Team zu einer Medaille reicht, wird es daheim ein großartiges Weihnachten?
Bölk: Ja, logisch! Wenn eine Medaille gewonnen wird, wäre es natürlich ein großartiges Weihnachtsgeschenk - und ein ganz großer Traum von Emmy würde in Erfüllung gehen.