Formel 1
Formel 1: Haas auch dank Ferrari gut - Debatte um B-Teams neu entfacht
- Aktualisiert: 18.04.2022
- 23:10 Uhr
- ran.de / Franziska Wendler
Nach einem miesen Jahr 2021 ist Haas in der laufenden Formel-1-Saison DAS Überraschungsteam. Dessen Weg zum Erfolg verärgert vor allem ein Konkurrenzteam und entfacht eine alte Debatte neu.
München - In einem Jahr hat sich vieles geändert.
2021 war Haas das absolute Verliererteam in der Formel 1. Doch aus dem einst hoffnungslos unterlegenen Rennstall, bei dem seit vergangenem Jahr auch Mick Schumacher im Cockpit sitzt, hat sich innerhalb einer Saison eine konkurrenzfähige Truppe entwickelt. Bei den Rennen in Bahrain und Saudi-Arabien gelang Kevin Magnussen der Sprung in die Punkte, auch im Qualifying klappte es mit dem Sprung ins Q3.
Das Modell Haas, als B-Team von Ferrari, sorgt aktuell aber wieder einmal für Debatten in der Königsklasse.
Profitiert Haas zu viel von Ferrari?
Dass es für den US-Rennstall in dieser Saison so gut läuft, liegt primär an zwei Komponenten. Zum einen schenkte man die Saison 2021 komplett ab, um sich auf das Jahr 2022 mit neuen Regeln zu konzentrieren. Zum anderen gab es auch ordentlich Unterstützung der Scuderia, die nicht nur wichtige Mitarbeiter schickte, sondern auch technische Komponenten überließ.
Schon in den vergangenen Jahren hatte Haas deshalb den Ruf als B-Ferrari weg, dennoch bewegt man sich voll und ganz im Rahmen dessen, was das Reglement hergibt.
So ist genau geregelt, welche Bauteile von anderen Teams übernommen, und welche selbst gebaut werden müssen. Alles was geht, schnappt sich Haas wenig überraschend von den wieder erstarkten Roten.
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McLaren und Seidl wollen neue Regeln
Bei den Gegnern sorgt das für wenig Begeisterung. Vor allem McLaren ist nicht einverstanden und plädiert dafür, dass jedes Team alle Bauteile in Eigenleistung entwickeln muss. "Für uns ist klar, dass die Formel 1 eine Meisterschaft von zehn, elf oder zwölf Konstrukteuren sein sollte. Das bedeutet, dass es keine Übertragung von geistigem Eigentum geben sollte, das mit der Kernleistung zusammenhängt", erklärte Teamchef Andreas Seidl. Demnach sollten höchstens die Power-Unit und interne Getriebekomponenten von anderen Herstellern eingekauft werden dürfen.
Eine Forderung, mit der Haas-Teamchef Günther Steiner wenig anfangen kann. "Zum Glück führt Andreas die FIA nicht an. Er kann das vorschlagen, aber es gibt eine Leitung, die das definiert", sagte der Südtiroler.
Und weiter: "Manchmal ist das mit den Regeln eben so: Wenn es dir nicht passt, kannst du sie nicht einfach ändern. Manche Leute denken, dass sie alles verändern können, indem sie nur den Mund aufmachen. Aber das wird nicht passieren."
Mercedes hatte mit Racing Point ähnliches Problem
Der Erfolg von Haas hat neben McLaren selbstverständlich auch andere Teams auf den Plan gerufen. So sprach Mercedes-Motorsportchef Toto Wolff von einem "interessanten Sprung. Für uns ist es ein Lernprozess, denn wir haben als Organisation 2.000 Mitarbeiter und waren in der Vergangenheit erfolgreich, und plötzlich kämpft man gegen ein Team, das viel kleiner ist. Sie müssen also einen super Job gemacht haben", konstatierte der Österreicher.
Wolff spricht dabei aus Erfahrung. 2020 waren die Silberpfeile in eine ähnlich Diskussion verwickelt, als die Frage aufkam, ob man Racing Point (heute Aston Martin) geistiges Eigentum überlassen hat. Der pinke Flitzer mutierte seinerzeit wie eine exakte Kopie des Mercedes aus dem Vorjahr an. Racing Point wurden deswegen sogar 15 Punkte in der WM-Wertung abgezogen.
Andreas Seidl hat derweil noch eine andere Forderung. Der Deutsche würde auch die gemeinsame Nutzung von Infrastruktur, speziell den Windkanälen, verbieten, weil es dort zur Übertragung von geistigem Eigentum kommen kann. Dies sei zwar verboten, könne jedoch nicht vollumfänglich überwacht werden.
Windkanal ein teures Vergnügen
Das Verbot einer gemeinsamen Nutzung eines Windkanals, so wie es Seidl fordert, würde aber auch erhebliche Nachteile mit sich bringen. "Wenn jedes Team seinen eigenen Windkanal haben muss, dann wäre das absolute Geldverschwendung und würde nicht zum Thema Nachhaltigkeit passen", erklärte AlphaTauri-Teamchef Franz Tost, dessen Rennstall sich eine Anlage mit Red Bull teilt.
"Ein Windkanal braucht eine Menge Energie, und das für die limitierte Anzahl an Stunden, die man dort erbringen darf." Zur Erklärung: Während die Windkanäle früher rund um die Uhr liefen, haben die Teams inzwischen nur noch eine begrenzte Anzahl an Stunden zu Verfügung. Diese richtet sich nach der Position in der Konstrukteurs-WM.
"Wir teilen uns einen Windkanal mit Red Bull, aber es erfolgt absolut kein Austausch von technischen Informationen. Nichts", stellt Tost in diesem Zusammenhang klar. "Wir sind drei Tage da: Samstag, Sonntag, Montag – und an den anderen Tagen ist Red Bull da. Mehr nicht. Wir halten die Regeln ein, und wenn das jemand nicht glaubt, soll er uns halt die FIA schicken."
Budgetobergrenze verursacht neue Probleme
Die Skepsis anderer Teams beseitigen solche Aussagen dennoch nicht. So meinte Alpine-Teamchef Otmar Szafnauer, man könne nicht kontrollieren, ob sich nicht die Ingenieure zweier Teams in der Kaffeeküche treffen und austauschen.
Doch dies bleibt nicht das einzige Streitthema. Auch der Transfer von Mitarbeitern zwischen den Teams sorgt für Ärger. Für RB-Boss Horner ein nicht lösbares Problem, das durch die Budgetobergrenze nur befeuert wurde.
"Die großen Teams mussten schrumpfen. Wir mussten uns von knapp 100 Mitarbeitern verabschieden. Aber die FIA kann ja nicht vorschreiben, wo jemand arbeiten darf und wo nicht." Dass sich Horner deshalb bei Franz Tost meldete, und ihn gefragt hat, ob das Red-Bull-Schwesternteam nicht einige der 100 Mitarbeiter einstellen möchte, ist für Horner nur logisch.
Seidl hofft auf Dialog mit der Formel 1
"Sie können kein Stück Papier oder physische Daten mitnehmen, aber das, was in ihrem Kopf ist. Und das ist für die FIA natürlich schwierig zu überwachen. Aber ich glaube, dass die Balance bei diesen Dingen ziemlich vernünftig ist", so der 48-Jährige weiter.
Für McLaren-Teamchef Andreas Seidl ist das Thema trotzdem noch lange nicht vom Tisch. "Wir hoffen, dass wir bei dem ganzen Dialog mit der Formel 1, der FIA und einigen Teams in den kommenden Jahren endlich ein paar Maßnahmen sehen, um die Situation zu korrigieren."
Ob er dabei die Unterstützung der anderen Rennställe bekommt, bleibt abzuwarten.
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