Das Darts-Highlight des Jahres steht an, am 15. Dezember startet die WM in London. Im exklusiven Gespräch mit ran hat sich Kommentator Elmar Paulke zu seinen Favoriten auf den Titel, den Chancen der Deutschen und zum Umgang mit der Erwartungshaltung geäußert.
Dort war dann zwar beim 2:6 gegen den späteren Champion Michael Smith Endstation, der Hype schwappte trotzdem über - und dürfte auch in den kommenden drei Wochen entsprechend groß sein. Schließlich sind erstmals fünf deutsche Spieler im Ally Pally dabei.
Neben Clemens und Martin Schindler, die sich über die Order of Merit ihre Teilnahme an der Darts-WM 2024 sicherten und daher erst in der 2. Runde in das Spielgeschehen eingreifen werden, buchten auch Ricardo Pietreczko, Florian Hempel und Dragutin Horvat das Ticket für die Reise in die englische Hauptstadt.
Dann werden diese fünf und 91 weitere Spielerinnen und Spieler in den Genuss dieses besonderen Turnieres kommen, das laut Elmar Paulke "immer wieder Geschichten schreibt".
Darts-WM 2024: Elmar Paulke rechnet deutschen Spielern gute Chancen aus
"Es ist immer wieder ein neues Vergnügen. Es gibt Jahre, wo wir gedacht haben, was wird das für eine WM. So wenig Geschichten. Und dann kamen Fallon Sherrock oder Peter Wright. Das merkt auch die PDC, daher ist das Preisgeld auch so hoch. Die WM soll Leben verändern. Das spüren alle, das wissen auch die Fans. Darum erhält das Turnier auch diese Aufmerksamkeit", beschreibt der Kommentator, der seine 20. WM begleiten wird, im exklusiven Gespräch mit ran.
Den deutschen Vertretern bescheinigt er bei seinem Jubiläum durchaus gute Möglichkeiten, weit zu kommen. "Sie alle haben Chancen auf das Viertelfinale. Martin und Gabriel sind spielerisch inzwischen so gut, aber das gilt auch für Ricardo und Flo Hempel. Auch Dragutin Horvat kann zwei, drei Runden gewinnen", blickt die deutsche Stimme des Darts auf das bevorstehende Event und legt sich fest: "Wir werden drei noch nach Weihnachten sehen."
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Dann geht es mit dem Beginn der 3. Runde am 27. Dezember in die richtig heiße Phase. Während das für die gesetzten Spieler Clemens und Schindler das Minimalziel sein dürfte, könnten es die anderen drei durchaus als Erfolg verbuchen - schließlich geht es in einer potenziellen zweiten Runde auf jeden Fall gegen einen Spieler aus der Top 32.
Darts-WM 2024: Ricardo Pietreczko mit klarer Ansage - Paulke findet Einstellung "genau richtig"
Doch ganz besonders einer machte im Vorfeld klar, dass er noch viel mehr will: Ricardo Pietreczko. Ende Oktober gewann "Pikachu" sensationell die German Darts Championship und setzte sich dabei unter anderem gegen die etablierten Top-Spieler Stephen Bunting, Michael van Gerwen und Price durch.
Das will der 29-Jährige rund um den Jahreswechsel wiederholen, nichts anderes als den Titel nimmt er ins Visier, wie Pietreczko gegenüber der "Sportschau" verriet: "Ich weiß, das hört sich jetzt arrogant an, aber: Mein Ziel ist es, Weltmeister zu werden. Ich sage immer: Wenn man nicht zu einem Turnier geht, um es zu gewinnen, dann braucht man gar nicht anzutreten."
Durchaus forsche Worte für einen Newcomer, dürfte sich der ein oder andere Fan denken. Paulke kann den Aussagen des gelernten Malers aber einiges abgewinnen: "Ich finde diese Einstellung genau richtig. Warum soll man hinfahren und sagen, ich scheide früh aus? Du musst diese Gewinn-Denke haben. Er kann dieses Level gehen, es ist die Frage, ob er es hinbekommt. Ich hoffe, das hilft ihm. Du darfst keine Angst haben."
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Darts-WM 2024 - Elmar Paulke über Gabriel Clemens: "Gaga ist schon auch Mr. Ally Pally"
Auch wenn Pietreczko zuletzt überzeugte, ruht ein Großteil der Hoffnungen doch auf Schindler und vor allem Clemens, dem Paulke "schon auch die besten Chancen" der deutschen Teilnehmer attestiert.
"Er hat die Generalprobe sehr gut gespielt [Erreichen des Halbfinals bei den Players Championship Finals, Anm. d. Red.]. Ich traue aber auch Martin Schindler einiges zu. Ricardo hat seinen ersten WM-Auftritt, da muss man schauen, wie er das handeln wird. Die Möglichkeiten sind da. Aber 'Gaga' ist schon auch Mr. Ally Pally", so der 53-Jährige.
Mitentscheidend für die Performance des gebürtigen Saarländers wird wohl auch sein, wie er mit der gestiegenen Erwartungshaltung und dem Druck umgeht. "Das kann hemmen. Es ist die große Frage, ob er Druck verspürt oder nicht. Idealerweise pusht es einen. Das ist die große Kunst, das positiv für sich zu drehen. Gerade Gabriel ist aber ein unaufgeregter Typ, der weiß, was er kann und gut analysiert und reflektiert", befindet Paulke.
Letztlich ist es vor allem dieser Umgang, der im Mentalsport Darts über Sieg und Niederlage entscheidet. Das Hochziehen an den kleinen Erfolgserlebnissen, wenn es mal nicht so läuft, um zurück in die Spur zu finden. Wer das am besten hinbekommt und in seinem Tunnel bleibt, verlässt in der Regel als Sieger die Bühne.
Paulke über WM-Favorit Humphries: "Glaube nicht, dass er die Form übertragen kann"
Derjenige, dem das in den vergangenen Wochen und Monaten am besten gelang, ist Luke Humphries. Der Engländer dominierte die vergangenen zwei Major-Events und gilt - gemessen an den jüngsten Leistungen - als einer der Favoriten, wenn nicht sogar als der Top-Favorit auf den Titel. Nicht aber für Paulke, der sowieso glaubt, dass es keinen "First Time Champion", also einen erstmaligen Weltmeister, geben wird.
"Ich glaube nicht, dass er die Form übertragen kann. Die WM ist anders, nicht nur wegen des Set-Modus. Den WM-Titel zu holen, das ist eine ganz andere Nummer. Er hat einen sensationellen Lauf und muss diese Top-Form transportieren. Ich glaube nicht, dass er das schaffen wird, auch wenn du merkst, dass er sich viel mit dem Sport beschäftigt. Er hat über 20 Kilo abgenommen, er macht sehr viel für den Erfolg", schätzt der gebürtige Bergisch Gladbacher ein.
Die Chancen des amtierenden Titelträgers Smith und des zweimaligen Champions Wright hält er trotz eher enttäuschender Monate für nicht gering: "Es war eigentlich ein schlechtes Jahr von Wright. Aber bei den European Darts Championship [Wright gewann das Major-Turnier; Anm. d. Red.] hat er gezeigt, was passiert, wenn er in ein Turnier reinkommt. Die Jungs brauchen ein, zwei gute Momente. Die schnappen sie sich, wenn sie spüren, da geht was."
Ein deutscher Darts-Weltmeister? Für Paulke nur eine "Frage der Zeit"
Das gelte auch für den "Bully Boy", der nach seinem WM-Titel zwar kein Major-Finale mehr erreichte und aktuell "keine gute Form" aufweist, für Paulke aber trotzdem einen der unangenehmsten Gegner darstellt. "Wenn er spürt, der Touch ist da, wenn er einen hohen Average spielt - dann will niemand gegen ihn antreten", sagt der Experte mit Blick auf Smith.
Diesen Touch hat in den zurückliegen zwölf Monaten auch Gary Anderson wiedergefunden. 2022 war nicht das Jahr des Schotten, 2023 meldete sich "Thy Flying Scotsman" aber zurück - und ist für Paulke das "Dark Horse", wenn es um die Titelkandidaten geht: "Er hat vielleicht kein Major geholt. Aber er wird immer besser, wenn es zur WM kommt. Er kann sich dann auf das Top-Niveau spielen. Ich traue dem echt was zu. Er wird zwar früh auf Price treffen, aber ich glaube, niemand hat Bock, gegen Anderson zu spielen."
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Wir sind noch ein Stück entfernt von einem deutschen Weltmeister. Aber es ist nur eine Frage der Zeit.
Darts-Kommentator Elmar Paulke im ran-Gespräch, 2023
Ein mögliches Duell der beiden Ex-Champions könnte im Achtelfinale anstehen, bis dahin ziehen aber noch einige Tage ins Land. Den Anfang macht bei den Top-Favoriten zunächst Titelverteidiger Smith am Freitagabend (im Liveticker auf ran.de und in der ran-App). Als erster Deutscher greift dann zwei Tage später Hempel gegen Dylan Slevin (ab 20:10 Uhr im Liveticker auf ran.de und in der ran-App) in das Geschehen ein.
Wer den Pokal und die 500.000 Pfund Preisgeld schließlich mit nach Hause nehmen darf, entscheidet sich am 3. Januar, wenn das große Finale ansteht. Könnte das möglicherweise sogar einer der fünf Deutschen werden? "Wir sind noch ein Stück entfernt von einem deutschen Weltmeister", denkt Paulke zwar, aber macht klar: "Es ist nur eine Frage der Zeit."