2. Bundesliga
Hamburger SV vergeigt den Aufstieg erneut: Baumgart ist der Richtige, aber es muss frisches Blut her
- Veröffentlicht: 10.05.2024
- 22:53 Uhr
- Chris Lugert
Der Hamburger SV bleibt mindestens ein weiteres Jahr zweitklassig. Nach einer enttäuschenden Saison muss eine schonungslose Analyse erfolgen, der Kader braucht frische Gesichter. Ein Kommentar.
Von Chris Lugert
Zugegeben, groß waren die Chancen ohnehin nicht mehr.
Aber dass der Hamburger SV nicht einmal mehr Druck ausübte auf Fortuna Düsseldorf, sondern stattdessen höchstselbst seine letzte kleine Möglichkeit auf den Aufstieg versenkte, passt zu einer völlig verkorksten Saison.
Das 0:1 (0:1) in Paderborn war ein weiterer unerklärlicher Rückfall, der nach dem gewonnenen Stadtderby in der Vorwoche so eigentlich nicht zu erwarten war. Wobei, eigentlich doch. Denn der HSV anno 2024 ist weit entfernt von der Konstanz einer Spitzenmannschaft. Die einzige Konstanz ist die Inkonstanz.
Daran änderte auch der Trainerwechsel von Tim Walter hin zu Steffen Baumgart nichts. Wer dachte, die Ankunft des Energiebündels würde die bösen Frühlingsgeister, die den Klub alljährlich heimsuchen, vertreiben, sah sich getäuscht.
Ganz im Gegenteil, zumindest statistisch war der Trainerwechsel ein Fehlgriff. Vorgänger Walter holte nicht nur in seiner gesamten HSV-Zeit mehr Punkte im Schnitt als Baumgart, sondern auch in dieser Saison.
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Allerdings könnten der Walter-Fußball und der Spielstil von Baumgart auch kaum unterschiedlicher sein. Der Übergang von einem Extrem ins andere braucht Zeit und vor allem das passende Spielermaterial. Was Baumgart nicht aus der Verantwortung nehmen soll, die Erwartungen waren andere. Und diese konnte er nicht erfüllen.
HSV: Baumgart ist der richtige Trainer
Eine erneute Trennung von Baumgart wäre allerdings ein Armutszeugnis und das völlig falsche Signal. Der gebürtige Rostocker hat mit Paderborn bewiesen, dass er aufsteigen kann. Und auch in Köln trauern ihm viele Fans nach einigen magischen Europapokal-Nächten nach wie vor hinterher.
Baumgart und der HSV, das kann erfolgreich sein. Und vielleicht hätte es schon in dieser Saison geklappt, wenn er die Wintervorbereitung hätte nutzen können.
Womit wir beim Thema Jonas Boldt wären, der als Sportchef in der Winterpause an Walter festhielt und einem neuen Trainer damit die Möglichkeit nahm, die Mannschaft über Wochen in Ruhe einstellen zu können. Wie es aus Hamburg heißt, widersetzte sich Boldt damit der Empfehlung des Aufsichtsrates.
Boldt setzte weiter auf Walter, nur um dann nach fünf Wochen doch umzufallen. So reagiert keine starke Führungskraft. Dass es am Ende aufgrund seiner Wankelmütigkeit nicht zum Aufstieg reichte, könnte den 42-Jährigen jetzt den Job kosten - trotz seiner unbestrittenen Verdienste für den Klub.
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Hamburger SV: Der Kader muss sich verändern
Ob mit Boldt oder einem anderen sportlich Verantwortlichen: Der Kader benötigt eine Auffrischung. Am fußballerischen Talent liegt es nicht, doch darum geht es in der 2. Bundesliga nicht immer. Wer etwa aus den sechs Spielen gegen die Aufsteiger Osnabrück, Elversberg und Wehen Wiesbaden nur sieben Punkte holt, dem mangelt es an Widerstandsfähigkeit.
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Spieler wie Ludovit Reis oder Laszlo Benes könnten Geld in die Kasse spülen, das wiederum für neue Gesichter ausgegeben werden kann, die zu Baumgarts Vorstellungen eher passen. Der aktuelle Kader ist klar auf Tim Walter zugeschnitten.
Was der HSV aber tunlichst vermeiden sollte, sind kurzfristige Schnellschüsse ohne langfristige Strategie. Die Tendenz dazu ist in Hamburg immer da, wenn es sportlich nicht wie gewünscht läuft und sich der Aufsichtsrat selbst überschätzt. Lösungen wie Felix Magath als sportlicher Leiter werden dem Klub nicht helfen, sondern mit der Zeit nur neues Chaos verursachen.
Auch wenn es nach einer insgesamt enttäuschenden Saison und mit dem Ausblick auf das siebte Jahr Zweitklassigkeit in Folge schwerfällt: Es gibt vieles, das den HSV-Fans Mut machen kann. Verein und Anhänger sind eine Einheit, finanziell steht der Klub inzwischen gut da. Was fehlt, ist die Konstanz auf dem Platz.
Mit einem frischen Kader und einer kompletten Vorbereitung für Baumgart kann dieses Problem jedoch gelöst werden. Es braucht aber ebenso Kontinuität und Ruhe in der Führungsetage. Darauf wird es in den nächsten Wochen ankommen - trotz der erneuten Enttäuschung.