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Kommentar

BVB und Rheinmetall: Sportswashing für gute Bezahlung - Dortmund macht, was alle machen 

  • Aktualisiert: 30.05.2024
  • 08:56 Uhr
  • Justin Kraft
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Borussia Dortmund geht einen Deal mit Rheinmetall ein. Dafür hagelt es bereits jetzt heftige Kritik. Es ist ein weiterer Beleg dafür, dass der Profifußball längst in einer neuen Realität angekommen ist. Ein Kommentar.

Von Justin Kraft

Die Empörung über das Sponsoring von Rheinmetall beim BVB war und ist riesig. Am Mittwoch hatten beide Seiten den Deal bekanntgegeben. Es ist ein Novum im deutschen Profifußball. Erstmals geht ein Bundesligist eine Partnerschaft mit einem Rüstungskonzern ein.

Und doch ist der Deal nur ein weiteres müdes Indiz dafür, dass man an der Spitze des Fußballs schon längst in einer neuen Realität angekommen ist. Engagements mit autoritären Staaten, in denen die Menschenrechtslage besorgniserregend ist, Kooperationen mit Unternehmen, die Sportswashing betreiben und/oder durch Korruption auffällig geworden sind oder anderweitig kritisch zu betrachtende Partnerschaften: Zurückgeschreckt wird vor nichts mehr.

Keine Begründung ist den Klubs und Verbänden dabei zu unangenehm. Leicht zu durchschauendes Marketing-Bla-Bla versucht davon abzulenken, worum es wirklich geht: Geld. Auch der BVB hat bereits damit angefangen. Schon in der Pressemitteilung heißt es in der Überschrift: "Taking responsibility".

Verantwortung übernehmen. "Sicherheit und Verteidigung sind elementare Eckpfeiler unserer Demokratie. Deshalb halten wir es für die richtige Entscheidung, uns sehr intensiv damit zu beschäftigen, wie wir diese Eckpfeiler schützen", wird Hans-Joachim Watzke in der Mitteilung zitiert.

Es gebe eine "neue Normalität", mit der man sich auseinandersetzen müsse. Zugegeben: Watzke hat hiermit einen Punkt erwischt. Inwiefern man einen Rüstungskonzern nun rein oberflächlich als problematisch betrachtet, weil er Waffen herstellt und liefert, ist zumindest diskutabel.

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So sehr sich die meisten Menschen wohl Frieden wünschen, so klar zeigt die Realität auf der ganzen Welt, dass Krieg ein bitterer Normalzustand ist.

BVB: Rheinmetall wird zu Recht kritisiert

Nur kommt diese einseitige Betrachtung des Rüstungskonzerns und der Partnerschaft mit dem BVB schnell an ihre Grenzen. Denn auch wenn Unternehmen wie Rheinmetall dabei helfen, dass sich Demokratien wie die Ukraine verteidigen können, so profitieren sie enorm von Kriegen und Konflikten auf aller Welt.

Gerade Rheinmetall steht dabei nicht immer nur auf der Seite derjenigen, die sich verteidigen müssen. So hatte man kurz vor der Annexion der Krim noch Geschäfte in Russland abgewickelt. Der Konzern baute ein modernes Gefechtsübungszentrum für Putins Armee. Nachdem die Bundesregierung das Projekt kurz vor der Finalisierung stoppte, forderte Rheinmetall Schadensersatz – und scheiterte mit einer Klage.

Laut der "Frankfurter Rundschau" habe das Unternehmen auch 2023 weiter mit Russland kooperiert und Motorteile für die Reparatur und Wartung von Lastkraftwagen geliefert. Geschäfte mit der Türkei und Erdogan sowie die damit verbundene Aufrüstung werden ebenfalls immer wieder kritisch betrachtet. Hinzu kommen eine Zusammenarbeit mit Saudi-Arabien und die intransparente wie umstrittene Rolle im Jemen-Krieg.

Das sind nur einige Beispiele aus der Aktualität. Da ist aber zusätzlich eine lange Vergangenheit mit fragwürdigen Geschäften. So akzeptierte Rheinmetall 2014 ein verhängtes Bußgeld in Höhe von mehr als 37 Millionen Euro, weil man Bestechungsgelder an griechische Politiker und Beamte gezahlt habe, um U-Boot-Ausrüstungen zu verkaufen.

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Rheinmetall und die Rolle im Dritten Reich

Waffenexporte am Rande der Legalität oder gar über diesen Rand hinaus und die damit verbundene Unterstützung und Befeuerung von Kriegen prägen Vergangenheit und Gegenwart von Rheinmetall.

Auch die Rolle des Konzerns im Dritten Reich sollte bei der Betrachtung nicht zu kurz kommen. Eine selbstkritische Aufarbeitung von Rheinmetall selbst gab es nie. Das Unternehmen belieferte Adolf Hitler und die Wehrmacht mit Waffen für den Vernichtungskrieg. Auch im ersten Weltkrieg spielte es eine nicht zu vernachlässigende Rolle bei der Ausrüstung des Deutschen Kaiserreichs.

Die Texte auf der Homepage des Rüstungskonzerns zu den jeweiligen Zeitabschnitten der eigenen Geschichte lesen sich verharmlosend. Mit Zitaten von Zeitzeugen, die "keinerlei Groll gegen Rheinmetall" hegen, findet dort stellenweise eine Relativierung statt.

BVB: Sportswashing zu gutem Preis

Nun kann man, wenn man den Fokus zurück auf den BVB lenkt, durchaus den banalen Kritikpunkt eröffnen, dass Waffen töten und die Rüstungsindustrie per se etwas ist, was im Sport nichts zu suchen hat. Das ist emotional valide.

Viel mehr aber sollte sich die Kritik darauf fokussieren, wie Rheinmetall in seiner langen Geschichte agiert hat und immer noch agiert. Es handelt sich hier nicht um die gute Seele aus Düsseldorf, die jene unterstützt, die sich gegen die Bösen verteidigen müssen.

Die Kritikpunkte an Rheinmetall sind viel problematischer als die Frage danach, wo in diesem perfiden Geschäft noch Grenzen gezogen werden können. In dieser Debatte würde man sich schnell im Aufwiegen verschiedener Fälle verlieren. Whataboutism, der zu nichts führt.

Der BVB aber, der sich in der Vergangenheit von genau dieser Perfidie abgrenzen wollte, ist jetzt ganz offiziell Teil einer Realität, in der es keine Hemmungen bei der Auswahl von Partnern gibt. Es wäre erfrischend gewesen, hätte er zumindest ehrlich kommuniziert, worum es tatsächlich geht.

Stattdessen aber wird man sich im Rahmen der Partnerschaft daran beteiligen, der öffentlichen Darstellung Rheinmetalls einen positiven Dreh zu verleihen und den Ruf kräftig aufzupolieren. "Hier muss man sagen, es ist im Grunde derselbe Mechanismus wie auch in Katar. Es ist Sportswashing", erklärte Thomas Kessen, Sprecher des Fanbündnisses "Unsere Kurve", im "Deutschlandfunk".

Das trifft es letztlich gut. Immerhin die Antwort auf die Frage, wie viel Geld es benötigt, um diese Grenze zu überschreiten, ist beim BVB jetzt gegeben: Über eine Laufzeit von drei Jahren soll die Partnerschaft laut dem "Handelsblatt" 20 Millionen Euro einbringen. Das wird reichen, um den nun kommenden Gegenwind auszuhalten.

Andere Klubs haben das ja schließlich auch geschafft. Der BVB liefert sich jetzt einen dreijährigen Eiertanz mit der Öffentlichkeit für gute Bezahlung. Verantwortung übernimmt der Klub damit aber ganz sicher nicht.

Im Gegenteil: Es ist einerseits nicht die Aufgabe eines Fußballklubs, der Rüstungsindustrie eine Bühne zu verschaffen. Und andererseits gefährdet man die eigene Glaubwürdigkeit, wenn es um die Werte geht, die im Grundwertekodex des Klubs verankert sind.

Am Ende gewinnt zwar das Konto der Dortmunder, der BVB ist auf nahezu allen anderen Ebenen des Deals aber ein großer Verlierer.

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