Wo es beim Rekordmeister noch hakt
FC Bayern München hat drei große Baustellen: Eberl sitzt auf einem Pulverfass
- Aktualisiert: 28.11.2024
- 21:15 Uhr
- Martin Volkmar
Beim FC Bayern ist die Krisenstimmung nach der Pleite in Barcelona durch die Siegesserie danach verflogen. Trotzdem bleibt noch einiges an Arbeit. Eine Analyse.
Vom FC Bayern berichtet Martin Volkmar
Sieben Siege in Folge, null Gegentore – die Laune beim FC Bayern scheint derzeit überragend zu sein.
Doch ganz so rosarot wie es von außen aussieht, ist die Situation bei den Roten dann doch nicht.
Denn selbst weitere Erfolge in den beiden kommenden Topspielen bei Borussia Dortmund am Samstag in der Bundesliga (Samstag, 18:30 Uhr im LIVETICKER) und gegen Double-Gewinner Bayer Leverkusen kommenden Dienstag im DFB-Pokal (Dienstag, 20:45 Uhr im LIVETICKER) sollten nicht davon ablenken, dass es nach wie vor Baustellen beim Rekordmeister gibt.
ran nennt die drei größten Problemzonen.
Trotz Zu-Null-Serie: Bayern-Defensive nicht sattelfest
"Die Offensive gewinnt Spiele, die Defensive Titel", zitierte Sportvorstand Max Eberl nach dem 1:0 über Paris eine altbekannte Sportweisheit.
Das ist richtig und Fortschritte in der Abwehrarbeit sind unverkennbar. Etwa das nicht ganz so riskante Pressing und die bessere Absicherung gegen Konter.
Allerdings gelang die Serie von sieben Zu-Null-Spielen eben auch gegen sehr tief stehende Gegner aus dem Bundesliga-Mittelmaß und die ebenfalls sehr abwartenden Champions-League-Gegner Benfica Lissabon und Paris St. Germain.
Gleichwohl kamen auch diese meist klar unterlegenen Rivalen zu guten Torchancen, weil sich die Münchner Defensive doch immer wieder Patzer und Unaufmerksamkeiten leistet.
Zwar stand die Innenverteidigung mit Dayot Upamecano und Minjae Kim zuletzt deutlich stabiler, dafür verlor Alphonso Davies gegen PSG zweimal völlig unnötig den Ball in der Vorwärtsbewegung.
Beide Male vergab Ousmane Dembele die Chance zur Führung beinahe stümperhaft, Warren Zaire-Emery schoss zudem freistehend am FCB-Tor vorbei. Topstürmer vergeben solche Gelegenheiten nicht, das haben ja Raphinha und Omar Marmoush den Bayern schon gezeigt.
Hinzu kommt, dass nach den Ausfällen von Aleksandar Pavlovic und Joao Palhinha in Joshua Kimmich und Leon Goretzka genau das Duo wieder im zentralen Mittelfeld erste Wahl ist, dass nach Ansicht von Thomas Tuchel und vieler Experten ungeachtet ihrer individuell zweifelsohne vorhandenen Qualitäten ein Hauptgrund für die wackelige Absicherung der Hintermannschaft war.
Den Beweis der neu gewonnenen Defensivstärke muss das Team gegen einen Gegner mit absolutem Spitzensturm also nach wie vor antreten.
Das Wichtigste in Kürze
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FC Bayern München fehlt der Killer-Instinkt ohne Harry Kane
Weil es ohne echten Mittelstürmer nicht geht, haben die Münchner vor der vergangenen Saison die einst undenkbare Transfersumme von 100 Millionen Euro für Harry Kane ausgegeben.
Seitdem zahlt der Engländer mit einer herausragenden Trefferquote zurück. Doch ungeachtet seiner glänzenden Statistiken tauchte Kane zuletzt häufiger ab als ihm und den Bayern lieb sein kann. Wird er mannorientiert verteidigt und knallhart verfolgt, kommt er kaum zu Chancen oder überhaupt ins Spiel.
Was auch an den fehlenden Vorlagen von den Flügeln liegt, wobei dem Team von Vincent Kompany ein anderes Problem noch viel größere Sorgen machen muss:
Die erfahrenen und hochbezahlten Außenstürmer Leroy Sane, Serge Gnabry, Kingsley Coman und Michael Olise spielen nicht nur unkonstant, sondern sie sind vor allem im Torabschluss viel zu selten zwingend.
Mit Ausnahme von Musiala, der sich hier wesentlich verbessert hat, fehlt sowohl ganz vorne als auch im Mittelfeld die Durchschlagskraft, was auch für den ursprünglich als Backup von Kane vorgesehenen Mathys Tel gilt.
Das wissen die meisten Gegner mittlerweile und versuchen daher mit zunehmendem Erfolg, Kane und Musiala aus dem Spiel zu nehmen.
So sorgten gegen PSG erst ein Torwartfehler und dann in Kim ein bisher meist ungefährlicher Abwehrspieler für den einzigen Treffer. Eine Kombination, auf die sich die Bayern auf Dauer nicht verlassen können.
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FC Bayern: Personalien sorgen für anhaltende Unruhe
So lange bei den Bayern nicht Klarheit über einen Großteil des künftigen Kaders besteht, werden Transferthemen weiter die öffentlichen und auch internen Diskussionen bestimmen.
Doch angesichts der zahlreichen offenen Fragen dürfte die dadurch verursachte Unruhe wohl noch Monate anhalten.
Schließlich halten sich gleich mehrere Leistungsträger alle Optionen offen, denn ein Wechsel ins Ausland könnte sich finanziell und sportlich lohnen.
Das gilt vor allem für Jamal Musiala (Vertrag bis 2026), der ohne vorzeitige Verlängerung nur noch im kommenden Sommer eine (vermutlich sehr hohe) Ablösesumme einbringen würde. Und generelles Interesse bestünde am Shootingstar wohl bei allen Topklubs.
Ähnlich sieht es bei Joshua Kimmich aus, zumal der DFB-Kapitän nach der Saison sogar ablösefrei gehen kann und somit bei einem Abgang zusätzlich ein millionenschweres Handgeld kassieren würde.
Doch neben Kimmich gehören auch die Außenstürmer Leroy Sane, Serge Gnabry und Kingsley Coman zu den Top-Verdienern - ohne regelmäßig überzeugen zu können oder gar Stammspieler zu sein - auch aufgrund ihrer vielen Verletzungen.
Entsprechend unklar ist die Zukunft des Trios, aber mindestens einer, besser zwei müssten von der Gehaltsliste, damit sich Bayern den Einkauf neuer Topstars wie Florian Wirtz überhaupt leisten kann.
Ähnlich sieht es beim ebenfalls sehr gut verdienenden Leon Goretzka aus, der daher wie Coman schon vor dieser Spielzeit gehen sollte. Doch auch bei anderen Profis wie Konrad Laimer, Eric Dier oder Mathys Tel ist eine Zukunft in München alles andere als sicher.
Hinzu kommt die Frage nach einem Karriereende von Manuel Neuer und Thomas Müller mit der Anschlussfrage, wer die beiden Routiniers dann ersetzen sollte.
Mehr als genug Arbeit also für Max Eberl – und für Vincent Kompany.