Champions League
Borussia Dortmund als Schicksalsgegner: FC Chelsea und die letzte Titelchance
- Aktualisiert: 15.02.2023
- 16:41 Uhr
- ran.de
Der FC Chelsea hat im Winter 330 Millionen Euro investiert und ist zum Siegen verdammt. Die Champions League ist die letzte Titelchance für die Blues, der Druck ist immens. Nun wartet Borussia Dortmund (Mittwoch, ab 21 Uhr im Liveticker auf ran.de)
Wer vergleicht, der erkennt den Unterschied. Denn Krise macht alt. Und Graham Potter ist beim FC Chelsea das Gesicht des sportlichen Tiefs – im wahrsten Sinne des Wortes.
Denn die Augenringe bei Potter sind in den vergangenen Monaten sichtbarer geworden. Der für rund 17 Millionen Euro aus Brighton geholte Erfolgstrainer kommt mit dem FC Chelsea nicht aus der Krise, und die hinterlässt eben mit der Zeit ihre Spuren.
Chelsea ein anderes Kaliber
Chelsea ist ein anderes Kaliber als das beschauliche Brighton, und der Druck wächst und wächst. Irrwitzige 611 Millionen Euro hat der FC Chelsea in dieser Saison ausgegeben, rund 330 Millionen waren es alleine in diesem Winter für Stars wie Enzo Fernandez, Michailo Mudryk, Joao Felix, Benoit Badiashile, Andrey Santos oder Noni Madueke. Es waren so viele Neue, dass die drei Letztgenannten nicht einmal für die Champions League gemeldet werden konnten, da die UEFA nur drei Winter-Neuzugänge erlaubt.
Mit dieser unglaublichen Winter-Einkaufstour haben die Londoner sogar Borussia Dortmund verwirrt. "Das ist nicht leicht zu analysieren, es gab viel Bewegung im Transferfenster", sagte Trainer Edin Terzic vor dem Achtelfinal-Hinspiel der Champions League am Mittwoch (21.00 Uhr/im Liveticker): "Man weiß nicht genau, in welcher Aufstellung sie hier auftreten werden."
Was man aber weiß: Statt Glanz und Gloria bekommt die Klubführung um den US-amerikanischen Investor Todd Boehly trotz der Mega-Investitionen nur graues Mittelmaß serviert.
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Vom Kurs abgekommen
Potter sollte dem Klub als Nachfolger von Thomas Tuchel einen neuen Anstrich verleihen, das Team wieder auf Kurs bringen. Stattdessen kam man davon ab - als Tabellenneunter beträgt der Rückstand auf Tabellenführer FC Arsenal bereits 20 Punkte, zu Champions-League-Platz vier sind es zehn Zähler.
Die "Blues" kriseln munter vor sich hin, in den letzten 14 Pflichtspielen gab es ganze drei Siege, zuletzt drei Remis in Folge, darunter zwei 0:0. Viel zu wenig angesichts der Ambitionen.
Dabei weiß Potter, dass er inzwischen zum Siegen verdammt ist, dass es keine Ausreden mehr gibt, vor allem nicht in der Champions League. Denn die Königsklasse ist die letzte Titelchance für den FC Chelsea, ein Weiterkommen gegen den BVB ist Pflicht. Alleine schon aufgrund des immensen Transfer-Minus von rund 543 Millionen Euro, dass Chelsea angehäuft hat.
Zahlreiche Baustellen
Potter hielt das jüngste 1:1 in der Liga gegen West Ham "für eine Verbesserung". Er nutzte den Moment aber auch, um die Baustellen namentlich zu nennen. Denn auf der einen Seite kommen Verletzte zurück, die noch ihr altes Niveau suchen, auf der anderen Seite gilt es, die Neuen einzugewöhnen, damit die ihr bestmögliches Niveau erreichen. Viel Arbeit, wenig Stabilität, schwache Auftritte und überschaubare Ergebnisse sorgen aber für einen inzwischen ausgewachsenen Winter-Blues bei den Londonern.
"Man sieht das Potenzial der Mannschaft, aber man sieht auch, wo die Arbeit liegt", sagte Potter: "Reece James auf Vordermann zu bringen, Ben Chilwell auf Vordermann zu bringen, Ruben Loftus-Cheek auf Vordermann zu bringen, Wesley Fofana auf Vordermann zu bringen, N'Golo Kante auf Vordermann bringen, Mykhailo Mudryk an die Premier League gewöhnen, Noni Madueke an die Premier League gewöhnen, Benoit Badiashile an die Premier League gewöhnen, Joao Felix an die Premier League gewöhnen."
Er werde ehrlich sein und sagen, wie es sei, so Potter, "aber ich verstehe vollkommen, dass die Leute frustriert sind, wenn man nicht gewinnt". Und der Frust wächst.
Potter betonte, dass es eine Herausforderung sei, einen so großen Kader zu managen, beschrieb die Situation aber auch als "aufregend". Das gilt positiv wie negativ, denn die Fans forderten zwischenzeitlich lautstark die Rückkehr von Tuchel. Potter kommt aktuell auf einen Punkteschnitt von 1,31. Das ist noch schlechter als Guus Hiddink, der die Londoner zwischen 2015 und 2016 interimsmäßig trainierte und mit 1,52 Punkten pro Spiel den schlechtesten Punkteschnitt der letzten 20 Jahre aufwies. Zum Vergleich: Tuchels Schnitt lag bei 2,07. Vor allem offensiv läuft es nicht. 23 Tore in 22 Spielen sind viel zu wenig.
"Es ist eine Herausforderung"
"Ich denke, es ist eine Herausforderung, aber es ist mein Job", sagte Potter. "Es ist aufregend, es stellt dich auf die Probe, weil du sicherstellen musst, dass du richtig kommunizierst und das Umfeld managst, weil es sonst nicht sehr positiv laufen kann. Dann muss man ehrliche Gespräche führen und die Tatsache respektieren, dass die Spieler enttäuscht sind, denn das ist normal."
Potter gelingt es noch nicht, der Mannschaft eine Richtung zu geben, bei dem aufgeblähten Kader eine Balance zu finden. Wie die "BBC" berichtet, sollen die Besitzer Potter aber eine Zeit der Transformation zugestehen, auch angesichts der vielen Verletzten und eben auch der zahlreichen Neuen, die sich an Teamkollegen, Klub und Land gewöhnen müssen. Zeit ist also das, was Potter braucht, doch natürlich hat er viele finanzielle Möglichkeiten, aber ganz sicher nicht unendlich Zeit.
Und deshalb weiß Potter auch: Krise macht zwar alt. Alt wird er mit fortdauernder Krise auf der Bank der Blues aber nicht.