Nach dem dramatischen Last-Minute-K.o. bei Real Madrid herrschen Frust und Ärger. Mit neuem Trainer und runderneuter Mannschaft soll ein neues großes Ziel in Angriff genommen werden.
Als die Münchner Verlierer am Donnerstagmittag ihren Charterflug zurück in die Heimat antraten, war der Frust über das bittere Last-Minute-K.o. in der Champions League immer noch sicht- und spürbar.
Schon das eigentlich als Siegerparty geplante Bankett im Madrider Gourmet-Restaurant "Platea" geriet zur Trauerfeier.
Mit versteinerten Gesichtern saßen die Bosse an ihrem Tisch, auch den Spielern war die Fassungslosigkeit nach der ersten titellosen Saison seit 2012 anzusehen.
Damals verlor der FC Bayern das "Finale Dahoam" gegen den FC Chelsea, diesmal scheiterte die Mannschaft von Thomas Tuchel in einem dramatischen Halbfinale mit 1:2 an Real Madrid.
"Das ist für mich die schwierigste Situation, diese Bankettrede zu halten", sagte Jan-Christian Dreesen, der diese Pflichtübung offenbar schnell hinter sich bringen wollte.
"Für uns alle ist das eine sehr, sehr schmerzliche Niederlage. Das Team hat alles gegeben, sie haben sich aufgeopfert, sie haben gekämpft", erklärte der Vorstandsvorsitzende:
"Unser Traum war, eine bisher außergewöhnlich gute Champions-League-Saison mit einem Finale - einem deutschen Finale - in Wembley zu krönen. Das ist uns heute leider nicht gelungen."
Was daran lag, dass Real nach der Münchner Führung durch Alphonso Davies (68.) die Partie spät durch einen Doppelpack des eingewechselten Joselu (88., 90.+1) noch drehte.
Begünstigt durch einen Patzer des zuvor herausragenden Manuel Neuer, der vor dem 1:1 einen Schuss von Vinicius falsch einschätzte und nur nach vorne abprallen lassen konnte.
"Wir waren schon mit einem Schritt im Finale in London und haben das Spiel dann noch aus der Hand gegeben", sagte Neuer. "Egal wie das Tor fällt, geht es mir schlecht."
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Bayern: Große Wut über Schiedsrichter-Fehler
Was vor allem daran lag, dass der bis dahin gute polnische Schiedsrichter Szymon Marciniak das wohl reguläre 2:2 von Matthijs de Ligt kurz vor Ende der 13-minütigen Nachspielzeit wegen Abseits nicht anerkannte.
Entsprechend groß war der Ärger bei den Bayern, allen voran Thomas Tuchel redete sich in den zahlreichen Interviews nach Schlusspfiff förmlich in Rage.
"Manu macht einen Fehler, den er in 100 Jahren nicht macht", sagte der scheidende Coach, schimpfte aber vor allem auf den Unparteiischen: "Der Abseitspfiff ist ein absolutes Desaster. Die Entscheidung ist gegen alle Regeln."
Bayern: Unparteiischer entschuldigt sich
Da der Pole aber pfiff, statt abzuwarten, konnte er die Entscheidung im Gegensatz zum zunächst wegen Abseits nicht gegebenen 2:1 für Real nicht mehr per VAR revidieren, wofür sich Marciniak hinterher bei den Bayern entschuldigte.
"Aber dafür können wir uns einen Scheißdreck kaufen", schimpfte Sportvorstand Max Eberl.
"Wir wollen wir kein schlechter Verlierer sein", erklärte CEO Dreesen hingegen: "Trotzdem fühlt sich diese Entscheidung falsch an - und das ist umso bitterer."
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Eberl stinksauer: "Davon können wir uns einen Scheißdreck kaufen!"
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Bayern-Pleite ein Spiegelbild der verkorksten Saison
Das äußerst unglückliche Ende der Begegnung überdeckte ein wenig, dass der Sieg der phasenweise drückend überlegenen Gastgeber alles andere als unverdient war.
Das gaben sogar viele Bayern auf dem Bankett zu. Der Auftritt im ausverkauften Estadio Bernabeu war fast ein Spiegelbild der verkorksten Saison.
Phasenweise blitzte die Qualität der Mannschaft durch, aber durch eigene Unzulänglichkeiten und zu viele Ausfälle auf und neben dem Platz reichte es am Ende nicht.
"Wir müssen das erstmal verarbeiten. Es wäre schön gewesen, nach Wembley zu fahren und dieses deutsche Finale da zu erleben", sagte Neuer. "Aber es hilft nichts, im Fußball musst du immer weitermachen."
Bayern: Tuchel geht – wer kommt?
Ohne Tuchel, der den Verein nach seinen Abschiedsspielen gegen Wolfsburg und in Hoffenheim nach nicht mal eineinhalb Jahren vorzeitig verlässt.
Und vermutlich auch ohne mehrere Spieler aus dem unrund zusammengestellten und nach zuvor elf Meisterschaften in Folge satt wirkenden Kader.
Eberl und Sportdirektor Christoph Freund müssen sich ab sofort voll und ganz auf den Neuaufbau fokussieren.
"Es muss unser Ziel sein, ab morgen den Blick nach vorne zu richten", forderte Dreesen. "Die Bayern-Familie zeichnet sich dadurch aus, nach so bitteren Niederlagen stärker als zuvor zurückzukommen. Das ist das, was wir immer als unseren 'Mia-san-mia-Reflex' bezeichnen."
Dreesen: "Das Finale ist zu Hause ist unser großes Ziel"
Denn wo die Reise hingehen soll, ist laut dem FCB-Boss klar: "Wir haben nächstes Jahr das Finale zu Hause, das ist jetzt unser großes Ziel!"
Im Mai 2025 kommt es in der Allianz Arena zum nächsten "Finale Dahoam", was diesmal besser ausgehen soll als beim ersten Mal.
Wer die Bayern allerdings als Trainer dorthin führen soll, ist im Gegensatz zu 2012 nach wie vor unklar.
Der 2013er-Triplegewinner Jupp Heynckes, der am Tag nach dem Drama von Madrid seinen 79. Geburtstag feierte, steht weiterhin nicht zur Verfügung.