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DFB-Pokal

Bayer 04 Leverkusen im Duell mit sich selbst: Wie die Werkself den eigenen Mythos begräbt

  • Aktualisiert: 03.04.2024
  • 18:33 Uhr
  • Justin Kraft
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Ein Schritt noch nach Berlin, wenige Schritte bis zur Meisterschaft: Bayer 04 Leverkusen scheint den Mythos "Vizekusen" in dieser Saison mit beeindruckender Leichtigkeit zu begraben - und stellt bereits die Weichen für die Zukunft.

Von Justin Kraft

13 Punkte trennen Bayer 04 Leverkusen vom FC Bayern München, sieben Spiele sind noch zu absolvieren. Dass die Werkself Deutscher Meister wird, ist prinzipiell nur noch Formsache. Zumal die Konkurrenz aus München nicht den Anschein macht, als hätte sie noch etwas entgegenzusetzen.

Das verschafft Bayer Flexibilität für die Pokalwettbewerbe. Im DFB-Pokal, so die Meinung der Mehrheit, sollte Leverkusen leichtes Spiel haben. Erst ein Heimspiel gegen Fortuna Düsseldorf am Mittwochabend und dann ein Finale gegen den in der 2. Bundesliga abstiegsbedrohten 1. FC Kaiserslautern.

Es ist beeindruckend, mit welcher Leichtigkeit Leverkusen gegen den Mythos "Vizekusen" anspielt. Späte Siege in der Bundesliga wurden zuletzt nicht als Schwäche, sondern nahezu einstimmig als Stärke ausgelegt.

Zu Recht. Bayer gewinnt diese Spiele nicht glücklich, sondern erzwingt die Siege mit Geduld, Glaube an sich selbst und einer in dieser Saison neu gefundenen Mentalität.

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Xabi Alonso hat eine Maschine gebaut, heißt es oft. Auch dieses Lob ist berechtigt. Zu kurz kommt dabei aber häufig, welch überragende Arbeit Geschäftsführer Fernando Carro und der sportliche Leiter Simon Rolfes geleistet haben und immer noch leisten.

Bayer 04 Leverkusen: Kaderplanung auf höchstem Niveau

Gerade für Rolfes war der Start als Hauptverantwortlicher sportlicher Leiter kein einfacher. Als Nachfolger von Rudi Völler waren die Erwartungen an ihn riesig, die Fußstapfen groß.

Im Oktober 2022 stand Leverkusen zwischendurch am Tabellenende der Bundesliga. Rolfes entschied sich dazu, Gerardo Seoane zu entlassen. Trotz der ausbleibenden Ergebnisse keine einfache Entscheidung, weil der Schweizer im Umfeld von Leverkusen viel Ansehen genoss.

Rolfes aber verpflichtete Alonso und krempelte in enger Abstimmung mit ihm den Kader um. Eine Qualität, die dem 42-Jährigen nachgesagt wird: Schonungslose Analyse. Nach außen wirkt der ehemalige Profi häufig diplomatisch, fast schon zurückhaltend.

Intern soll das anders sein. Zahlreiche namhafte Spieler wurden abgegeben, darunter Kerem Demirbay, Mitchel Bakker, Moussa Diaby oder auch Lucas Alario. Verpflichtet wurde wiederum eine gute Mischung aus jungen Spielern wie Josip Stanisic oder Victor Boniface.

Rolfes formte gemeinsam mit Alonso in wenigen Monaten einen homogenen Kader, der zu den fußballerischen Ideen des gesamten Klubs passt. Während er für Diaby beispielsweise 55 Millionen Euro von Aston Villa kassierte, kostete keiner der Neuzugänge mehr als die 26,5 Millionen Euro, die man 2020 für Patrik Schick bezahlt hatte.

Der Kader von Leverkusen wurde auf höchstem Niveau geplant. Ältere Spieler wie Robert Andrich, Jonas Hofmann und vor allem Granit Xhaka sind wichtige Säulen für junge Talente, die in Europa zuvor noch nicht so bekannt waren, in Leverkusen nun aber durchstarten.

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Bayer Leverkusen macht es dem BVB vor

Eine Mischung, die auch der BVB einst angestrebt hat. Das Scheitern der Dortmunder offenbart aber, wie anspruchsvoll der Job ist, den Rolfes aktuell zu meistern weiß. Leverkusen ist dabei, die Borussia als spannendste Adresse für junge Talente in Deutschland und womöglich auch in Europa abzulösen.

Und was noch viel beeindruckender ist: Leverkusen scheint es zu schaffen, das erfolgreiche Team für mindestens eine weitere Saison zusammenzuhalten. Auch die Werkself wird irgendwann Opfer des BVB-Schicksals. Florian Wirtz, Xabi Alonso, Boniface und viele mehr sind derzeit heiß begehrt.

Alonso bekräftigte bereits, dass er in Leverkusen bleiben wolle. Auch Wirtz bleibe mit "hundertprozentiger Sicherheit", wie Carro dem Radiosender "Onda Cero" erzählte. Klare Signale, dass man trotz Titelkurs noch längst nicht am Ende ist.

Leverkusen verkörpert neben der reinen fußballerischen Qualität auch ein Anspruchsdenken, das viele Bayern-Konkurrenten in den letzten Jahren nicht hatten – oder zumindest so nicht nach außen tragen konnten. Eine Mentalität, die hierarchisch von oben nach unten gelebt wird.

Fernando Carro gibt der Werkself Stabilität

Durch die Sicherheit, die es bei einigen Protagonisten des Teams nun gibt, kann Rolfes auch langfristiger planen, sich mit Zeit an die womöglich schwerste Aufgabe setzen, die ihm bevorsteht: Ebenjene Protagonisten irgendwann zu ersetzen. Doch vorerst zeigt Leverkusen Stärke damit, dass sie diese halten können und nicht nach dem ersten großen Titel direkt wieder auseinander fallen.

Dass es innerhalb des Klubs diese Stabilität gibt, liegt maßgeblich an Carro. Der 59-Jährige, zuvor jahrzehntelang im Medienkonzern Bertelsmann tätig, lebt das Anspruchsdenken vor. Schon von Beginn an äußerte er auch öffentlich ambitioniert das Ziel, TItel mit Leverkusen gewinnen zu wollen.

Im Interview mit dem Hamburger Abendblatt sagte er 2022: "Als Top-Vereine in Deutschland haben Dortmund, Leipzig, wir oder jetzt auch Frankfurt die Aufgabe, diese Liga spannender zu machen. Deshalb ist mir das Anspruchsdenken so wichtig, da nehme ich uns in die Pflicht."

Carro soll, so hört man immer wieder aus Leverkusen, fordernd und zielstrebig arbeiten. Ihm ist es gelungen, den Klub hinter Zielen zu vereinen und die Arbeitsprozesse zu strukturieren und zu optimieren.

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Bayer Leverkusen: Kaum jemand profitierte mehr in der Pandemie

Wer die Erfolgsgeschichte von Bayer 04 Leverkusen erzählt, muss selbstverständlich auch die Vorteile erwähnen, die der Werksklub gegenüber Borussia Dortmund oder Eintracht Frankfurt hat.

Während der Coronapandemie sorgte der Mutterkonzern dafür, dass die Verluste, die die Fußballtochter der Bayer AG gemacht hat, übernommen wurden. Ein Luxus, den so in Deutschland nur Klubs haben, die im ausgedehnten Rahmen der 50+1-Regelung ohnehin häufig kritisch beäugt werden.

Mit diesem Vorteil ließ es sich für Rolfes und Co. nicht zwingend leichter, durchaus aber entspannter arbeiten. Die Früchte können jetzt geerntet werden.

"Die relativen Gewinner der Krise sind die Klubs, die am stärksten kommerzialisiert sind, das sind die Konzernteams von Leverkusen und Wolfsburg", sagte Christoph Breuer, Sportökonom an der Sporthochschule in Köln, dem "Spiegel" in einem Interview im Jahr 2020.

Leverkusen vor historischen Erfolgen

Wolfsburg konnte aus seinem Vorteil wenig machen. Ein Beispiel, das zeigt, dass der Erfolg von Leverkusen alles andere als ein Selbstläufer ist. Und doch ist dieser Kontext in der Gesamtbetrachtung wichtig.

Ebenso wichtig wie die Tatsache, dass noch nichts gewonnen ist. Leverkusen kämpft nach wie vor gegen den eigenen Mythos, in entscheidenden Momenten zu versagen.

In der Bundesliga dürfte das kaum noch möglich sein. Im DFB-Pokal wiederum ändert die klare Favoritenrolle die Situation etwas. Leverkusen kann hier fast nur noch verlieren.

Und doch sind die Zweifel an einem Pokalsieg der Werkself berechtigt gering. Zu selbstbewusst, zu zielstrebig und zu stark wirkt Bayer 04 Leverkusen dieser Tage. Ein Zustand, der häufig Xabi Alonso zugeschrieben wird. Doch Simon Rolfes und Fernando Carro gebührt das große Lob ebenso.

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