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Frauen-EM 2025: Laura Benkarth über Frankreichs Stürmerinnen - "Man darf sie einfach nicht ins Laufen kommen lassen"
- Veröffentlicht: 19.07.2025
- 09:57 Uhr
- Christian Stüwe
Torhüterin Laura Benkarth spricht im ran-Interview über das EM-Viertelfinale Deutschland gegen Frankreich, die starken französischen Stürmerinnen und die Probleme in der deutschen Defensive. Die Olympiasiegerin von 2016 äußert sich auch zu den Diskussionen um Torhüterin Ann-Katrin Berger.
Laura Benkarth kennt die französische Liga und die Nationalspielerinnen Frankreichs gut, die Torhüterin spielte die letzten beiden Saisons bei Olympique Lyon.
Vor dem EM-Viertelfinale zwischen Deutschland und Frankreich am Samstag (21 Uhr im kostenlosen Livestream auf Joyn und im Liveticker auf ran.de) spricht die Torhüterin, die nach den Stationen Lyon und Bayern München in diesem Sommer zurück zu ihrem Heimatverein SC Freiburg gewechselt ist, im Interview mit ran über die starken französischen Stürmerinnen und wie man gegen sie spielen muss.
- Frauen-EM 2025: Das Viertelfinale zwischen Frankreich und Deutschland im kostenlosen Joyn-Livestream
Die 31-Jährige, die mit den DFB-Frauen 2016 bei den Olympischen Spielen in Rio de Janeiro die Goldmedaille gewann, spricht auch über die Probleme in der deutschen Defensive und die Diskussionen um Torhüterin Ann-Katrin Berger.
Benkarth nennt außerdem zwei Spielerinnen, die dem DFB-Team aus ihrer Sicht gegen Frankreich weiterhelfen und eine "erfahrene Achse" bilden könnten.
ran: Laura Benkarth, Sie haben in den letzten beiden Jahren bei Olympique Lyon gespielt, Sie kennen die französische Liga und die französische Nationalmannschaft gut. Ist Frankreich der klare Favorit im EM-Viertelfinale gegen Deutschland?
Laura Benkarth: Ja, Frankreich ist für mich Favorit. Wenn man sich den Turnierverlauf anschaut, war Frankreich ein Stück weit souveräner. Es ist aber auch nicht unbedingt etwas Negatives, wenn man als Underdog in so ein Spiel gehen kann. Weil man dann weniger Druck hat.
Das Wichtigste in Kürze
ran: Was für ein Spiel erwarten Sie?
Benkarth: Ich hoffe natürlich auf ein spannendes Spiel. Es wird nicht leicht für Deutschland. Frankreich hat einfach sehr schnelle Spielerinnen. Das ist wirklich noch einmal eine andere Nummer im Vergleich zum Beispiel zu Schweden. Da ist richtig Tempo dahinter. Von daher denke ich, dass es nicht 0:0 ausgehen wird nach 90 Minuten. Denn Deutschland ist auch eine offensiv starke Mannschaft. Das haben sie schon unter Beweis gestellt. Ich bin gespannt und hoffe natürlich auf einen deutschen Sieg. Aber ich glaube, es wird sehr, sehr schwer.
ran: Frankreich hat unter anderem mit Marie-Antoinette Katoto, Sandy Baltimore, Delphine Cascarino und Kadidiatou Diani, mit der Sie bei Olympique Lyon zusammengespielt haben, außergewöhnlich starke Stürmerinnen im Kader. Wie kann die deutsche Mannschaft diese Spielerinnen in den Griff bekommen?
Benkarth: Das ist natürlich eine sehr schwierige Aufgabe. Das hört sich einfach an, aber man darf sie einfach nicht ins Laufen kommen lassen. Man muss schon bei der Ballannahme eng dran sein und direkt in den Zweikampf kommen. Wenn man gegen diese Spielerinnen in ein Laufduell muss, wird es sehr, sehr schwer. Das haben die letzten Spiele gezeigt. Ich denke, man darf nicht den Anspruch haben, dass man gegen diese Weltklasse-Spielerinnen wirklich jede Situation verteidigen kann. Es wird sicherlich Situationen geben, wo sie durchkommen. Dann darf man nicht den Mut verlieren. Man muss dran bleiben und eklig spielen. Das mögen sie nicht so, wenn man ihnen auf den Füßen steht. Dann können sie auch schon mal genervt sein, vielleicht kann man sie darüber kriegen.
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ran: Woran hat es aus Ihrer Sicht gelegen, dass Deutschland im letzten Gruppenspiel mit 1:4 gegen Schweden verloren hat?
Benkarth: Eine Rote Karte bedeutet immer einen Bruch im Spiel, mit einer Spielerin weniger wird es natürlich schwieriger. Vielleicht verliert man dann irgendwann den Mut, es ist einfach eine schwierige Situation. Über die deutsche Defensive wird viel diskutiert, man konnte sehen, dass die Abstimmung nicht immer gepasst hat. Aber natürlich ist es von außen schwer zu sagen, woran es genau gelegen hat. Positiv war, wie gut die Mannschaft losgelegt hat. Das war der Wahnsinn, da dachte man erst, dass das Spiel eine klare Angelegenheit wird. Das kann Mut machen. Sie können es, sie können spielerisch Situationen lösen, den Ball laufen lassen und sich Chancen herausarbeiten. Deshalb würde ich mich eher darauf fokussieren, was positiv war, als ständig darüber zu sprechen, was nicht funktioniert hat. Natürlich müssen diese Dinge analysiert werden, das macht die Mannschaft sicher auch. Es muss aber auf jeden Fall eine Leistungssteigerung her.
ran: Wie kann dies gelingen?
Benkarth: Man darf nicht den Mut verlieren, man muss hartnäckig in den Zweikämpfen bleiben. Es gab viele Fehlpässe im Mittelfeld, da müssen sie genauer sein. Das haben die Spielerinnen nach dem Spiel ebenfalls analysiert und sie werden sicher auch daran gearbeitet haben. Positiv ist, dass jetzt eine ganze Woche seit dem letzten Spiel vergangen ist. Das gibt dem Trainerteam und den Spielerinnen die Zeit, an gewissen Dingen zu arbeiten.
ran: Was muss Bundestrainer Christian Wück in der Defensive verändern?
Benkarth: Gegen Schweden haben Klara Bühl und Jule Brand nach der Roten Karte gegen Carlotta Wamser hinten rechts und links verteidigt. Ich denke, das war eher eine Notlösung. Als Kathrin Hendrich eingewechselt wurde, hat sie direkt viele Zweikämpfe gewonnen und sich in Eins-gegen-eins-Situationen durchgesetzt. Sie hat einfach die Erfahrung, auch in großen Turnieren und bringt nochmal eine andere Geschwindigkeit mit. Vielleicht würde es Sinn ergeben, sie von Anfang zu bringen. Ich bin gespannt, wie Christian Wück sich entscheidet.
ran: Ist die Position der Rechtsverteidigerin das größte Problem in der deutschen Defensive?
Benkarth: Es ist natürlich schwierig. Erst verletzt sich Giulia Gwinn, dann wird Carlotta Wamser ins kalte Wasser geworfen. Wamser hat es super gemacht bis zur ihrer Roten Karte. Das war ein Reflex, da kann man ihr keinen Vorwurf machen. So was passiert einfach. Das ist sicherlich keine leichte Situation für das Trainerteam, wenn beide Optionen als Rechtsverteidigerin ausfallen. Es gibt noch Optionen auf der Bank, zum Beispiel kann Sophia Kleinherne rechts spielen. Für die linke Seite ist noch Franzi Kett im Kader, vielleicht lässt Wück jetzt mal die jungen Wilden ran. Ich bin gespannt.
Hendrich lobt Entwicklung des Frauen-Fußballs
ran: Kathrin Hendrich ist in den letzten Jahren meistens in der Innenverteidigung aufgelaufen, in Ihrer gemeinsamen Zeit beim FC Bayern hat sie aber auch als Rechtsverteidigerin gespielt. Wäre das eine Option?
Benkarth: Ja, sie hat auch schon Länderspiele auf rechts gemacht. Mit ihrer Geschwindigkeit wäre Kathy wahrscheinlich eine Option. Es gibt schon ein paar Möglichkeiten. Die Frage ist, ob es Sinn ergibt, die Vierkette jetzt komplett zu verändern oder nur ein bisschen. Das ist zum Glück nicht meine Entscheidung, weil es keine einfach ist…(lacht). Eine Idee hätte ich noch.
ran: Erzählen Sie.
Benkarth: Sara Däbritz könnte dem deutschen Spiel im Mittelfeld gut tun. Sie hat eine Passsicherheit und eine Passruhe, das hat im letzten Spiel gefehlt. Sie hat seit 2019 für Paris Saint-Germain und Olympique Lyon gespielt, sie kennt die französische Mannschaft in- und auswendig. Mit Kathrin Hendrich könnte sie eine erfahrene Achse bilden.
ran: Torhüterin Ann-Katrin Berger ist zuletzt für ihr risikoreiches Spiel in die Kritik geraten. Wie sehen Sie ihre Leistungen bisher?
Benkarth: Klar kann man sagen, dass sie riskant gespielt hat. Aber das ist ihr Ding. Ich denke, sie kann sehr gut einschätzen, wann sie das machen kann und wann nicht. Und bisher ist es ja gut gegangen. Im Spiel gegen Schweden ist sie nicht mehr in die Eins-gegen-eins-Situationen gegangen, was man als Torhüterin ja auch nicht unbedingt immer machen muss…(lacht). Vielleicht hatte sie das ein bisschen im Hinterkopf: "Ich darf jetzt nicht mehr dribbeln, diese Lösung fällt jetzt für mich weg". Sie hat Bälle früher weggespielt, als sie es eigentlich tut. Vielleicht war die Option dann nicht so gut, als wenn sie noch ein bisschen gewartet hätte.
In den ersten beiden Spielen hat sie mir besser gefallen, als zuletzt gegen Schweden. Aber es war nicht alles schlecht und ich finde auch nicht, dass sie Unsicherheit ausstrahlt. Selbst nach einem Fehlpass wirkt sie noch sehr ruhig. Man weiß natürlich nicht, wie es in solchen Momenten in ihr drin aussieht. Aber so lange sie Ruhe ausstrahlt, ist das in Ordnung. Rebecca Knaak hat gesagt, dass das Vertrauen in Ann-Katrin Berger voll da ist. Das ist das Wichtigste, dass die Mannschaft sich traut, den Ball nach hinten zu spielen und keine Bedenken hat. Ich denke, dass das nie der Fall war. Diese Bedenken wurden eher von außen hereingetragen. Ann-Katrin Berger kann gegen Frankreich sicherlich ein ganz wichtiger Faktor werden.
Ann-Kathrin Berger: "Hatte nicht meinen bestes Spiel"
ran: Zu Ihrer Situation: Sie kehren nach zwei Jahren in Frankreich zum SC Freiburg zurück, wo Ihre Karriere begonnen hat. Wie kam es dazu?
Benkarth: Ich komme aus Freiburg, ich bin hier geboren. Birgit Bauer-Schick (Bereichsleiterin Frauen- und Mädchenfußball des SC Freiburg, Anm.d.Red.) hat mich gefragt, wie es nach Ablauf meines Vertrages in Lyon für mich weitergeht. Ich hätte in Lyon bleiben können, war mir aber nicht sicher, weil ich nicht viel gespielt habe. Dann haben wir Gespräche geführt, es hat sich direkt wieder gut und vertraut angefühlt. Die Idee, nach Freiburg zurückzukehren, wieder in der Heimat zu spielen und zu wohnen, hat mir sofort gut gefallen. Auch um wieder näher bei Familie und Freunden zu sein.
ran: Was sind die Ziele für die kommende Saison?
Benkarth: Die Ziele sind natürlich andere, im Vergleich zu Olympique Lyon oder dem FC Bayern, wo es immer um Titel, Titel, Titel geht. In Freiburg steht die Entwicklung der Mannschaft im Vordergrund. Es gab viele Veränderungen, Abgänge, Zugänge und einen neuen Trainer. Das muss sich erstmal finden und wir wollen als Team möglichst gut zusammenfinden. Und dann schauen wir mal, wohin die Reise geht. Aber es zeigt sich jetzt schon, dass wir eine Mannschaft sind, die Dinge spielerisch zu lösen versucht und einfach guten Fußball spielen will. Unser Ziel ist es also, uns möglichst gut zu entwickeln, Spaß am Fußball zu haben und viele Spiele zu gewinnen.