Fußball-EM
DFB-Team gegen die Schweiz - Stephane Chapuisat: "Havertz ist kein echter Neuner"
- Aktualisiert: 22.06.2024
- 23:10 Uhr
- Philipp Kessler
Vor dem Gruppenfinale zwischen dem DFB-Team und der Schweiz am Sonntag (ab 21 Uhr im Liveticker) spricht Ex-Torjäger Stephane Chapuisat im ran-Interview über die Chancen der Eidgenossen, Kai Havertz, Niclas Füllkrug und Ottmar Hitzfeld.
Von Philipp Kessler
Trotz seiner acht Jahre in der Bundesliga drückt Stéphane Chapuisat am Sonntag (ab 21 Uhr im Liveticker) natürlich den Schweizern im dritten EM-Gruppenspiel in Frankfurt gegen Gastgeber Deutschland die Daumen.
Der frühere Weltklasse-Stürmer und 103-malige Nationalspieler der Nati spricht im Interview mit ran über die Partie, seine Erinnerung an seine Glanzzeit bei Borussia Dortmund und seinen aktuellen Job in Bern.
ran: Herr Chapuisat, hat Sie die deutsche Nationalmannschaft bislang bei der EM beeindruckt?
Chapuisat: Ich habe sie vor dem Turnier stark erwartet, das haben sie bislang bestätigt. Mehr kann ich nach zwei Spielen noch nicht sagen.
Das Wichtigste in Kürze
ran: Am Sonntag fordert die Schweiz Deutschland in Frankfurt. Beide Teams sind quasi schon für das Achtelfinale qualifiziert. Was erwarten Sie für eine Partie?
Chapuisat: Deutschland ist schon durch. Für uns sieht es auch sehr gut aus. Normalerweise sollten die vier Punkte, die wir gegen Ungarn und Schottland gesammelt haben, schon für das Weiterkommen reichen. Es wird ein interessantes Spiel, bei dem die Schweiz gegen eine große Nation ein Ausrufezeichen setzen könnte. Aber Deutschland ist Favorit.
Chapuisat schätzt Havertz und Füllkrug ein
ran: Wie sehen Sie als früherer Weltklasse-Stürmer DFB-Angreifer Kai Havertz?
Chapuisat: Er ist ein sehr guter Spieler. Er ist intelligent und gut in den Zwischenräumen. Aber er ist kein echter Neuner. Die klassischen Mittelstürmer gibt es nicht mehr oft.
ran: Niclas Füllkrug von Ihrem Ex-Verein Borussia Dortmund, der beim Turnier bislang Einwechselspieler war, wäre zum Beispiel so einer.
Chapuisat: Er ist ein anderer Typ als Havertz. Füllkrug ist ein Spieler, der besser in der Box ist, in den letzten 30 Metern des Spielfelds. Er braucht aber auch andere Bälle.
ran: Was sind die Schlüsselspieler der Schweiz?
Chapuisat: Xhaka ist für uns ein ganz wichtiger Spieler im Herzen der Mannschaft. Wir haben generell eine starke Achse mit Sommer im Tor, Akanji in der Innenverteidigung, Xhaka im Mittelfeld und Embolo – wenn er fit ist – vorne.
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Wo kann sich DFB-Gegner Schweiz verbessern?
ran: Wo sehen Sie noch Verbesserungspotenzial?
Chapuisat: Wir wollen gegen Deutschland ein gutes Ergebnis erzielen. Aber dafür brauchen wir sicher eine bessere Leistung als gegen Schottland. Das wissen auch die Spieler. Mit vier Punkten aus zwei Partien spielt man vielleicht nicht mehr unbedingt auf Sieg und wäre auch mit einem Unentschieden zufrieden. Obwohl die Deutschen schon sechs Zähler haben, werden sie im eigenen Land angreifen und das Zepter in die Hand nehmen. Uns liegt aber die Rolle als Außenseiter, damit können wir gut umgehen.
ran: Wie weit kann es für Schweiz im Turnier gehen?
Chapuisat: Das Ziel ist wie immer: Erst einmal geht es darum, die Gruppenphase zu überstehen. Und nachher schaut man von Spiel zu Spiel. Es kommt immer darauf an, welche Gegner man in der K.o.-Phase bekommt. Natürlich wollen wir das Maximale herausholen.
ran: Als Spieler waren Sie zweimal bei einer EM dabei: 1996 und 2004. Was war das für ein Gefühl?
Chapuisat: Es ist für die Schweiz schön, wenn man die Qualifikation schafft. Schon Monate vor dem Turnier-Beginn denkt man dann als Spieler an die EURO. Und wenn sie anfängt, probiert man das Maximum zu erreichen.
ran: Die Schweiz hat viele Spieler, die entweder aktuell in der Bundesliga spielen oder eine Vergangenheit dort haben. Warum sind Ihre Landsleute so attraktiv für deutsche Vereine?
Chapuisat: In der Vergangenheit haben es viele Schweizer gut gemacht in Deutschland. Das wissen die Vereine. Wenn sie sehen, dass ein Spieler bei uns gut performt, denken sie, das könnte ein guter Mann für die Bundesliga sein. Zudem gibt es keine Sprachbarriere, wie arbeiten ähnlich wie in Deutschland. Das hilft auch sicher in Sachen Mentalität.
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Chapuisat erinnert an CL-Triumph mit Dortmund
ran: Mit Borussia Dortmund wurden Sie unter anderem zweimal Meister und Weltpokalsieger. 1997 gewannen Sie mit dem BVB die Champions League. Welche Erinnerungen haben Sie an Deutschland?
Chapuisat: Gute natürlich. Ich durfte dort viele schöne Momente meiner Fußballer-Karriere erleben. Der Champions-League-Triumph war etwas ganz besonderes. Auch dass wir 1995 die Bundesliga nach über 30 Jahren wieder mit Dortmund gewinnen konnten, war speziell.
ran: Unter Ottmar Hitzfeld, der am Ende seiner Karriere Schweizer Nationaltrainer war, haben Sie Ihre größten sportlichen Erfolge gefeiert. Was zeichnet ihn aus?
Chapuisat: Er ist ein Trainer, der auch menschlich sehr stark war. Neben den fußballerischen Qualitäten konnte er immer das Optimum aus einem Spieler herausholen. Er gab uns beim BVB Vertrauen und wusste, wie man die Spieler führen kann.
ran: Was machen Sie aktuell?
Chapuisat: Ich bin bei den Young Boys Bern Scouting-Chef und für neue Spieler verantwortlich. Und ungefähr einmal pro Woche trainiere ich mit unseren jungen Stürmern.
ran: Was ist das Wichtigste als Stürmer-Trainer?
Chapuisat: Der Abschluss ist wichtig, den muss man immer wieder trainieren. Es geht auch um die Basics und Laufwege. Je nach Kategorie muss ein Stürmer auch seinen Körper richtig einsetzen und den Ball behaupten.