DFB-Team
Aleksandar Pavlovic im ran-Interview: "Hätte gedacht, dass Neuer noch bis zur WM durchzieht"
- Aktualisiert: 10.09.2024
- 07:56 Uhr
- Tobias Hlusiak
Er war einer der Shootingstars der vergangenen Bundesligasaison, reifte beim FC Bayern München zum Nationalspieler. Bei ran spricht Aleksandar Pavlovic über seine Mandel-OP, den Saisonstart des FC Bayern und Joshua Kimmich als neuen DFB-Kapitän.
Von Tobias Hlusiak
Aleksandar Pavlovic ist schon in jungen Jahren beim FC Bayern München eine zentrale Säule im defensiven Mittelfeld. Nun will er das auch in der deutschen Nationalmannschaft werden.
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Im ran-Interview gibt das Mittelfeld-Juwel einige Geheimnisse preis - über seine Rolle im DFB-Team, Vincent Kompany als neuen Bayern-Trainer und das Verpassen der EM wegen einer Mandel-OP.
ran: Vor fast exakt drei Monaten platzte Ihr EM-Traum wegen einer Erkrankung. Wie blicken Sie auf die diese Zeit zurück?
Pavlovic: Im ersten Moment war es natürlich ein großer Schmerz, die Heim-EM im eigenen Land als junger Spieler verpassen zu müssen. Aber ich habe schnell wieder positiv nach vorne geschaut. Wenn der Bundestrainer weiter auf mich setzt und ich meine Leistungen bringe, kann ich hoffentlich noch das ein oder andere Turnier spielen.
ran: Wie geht es Ihnen denn heute gesundheitlich?
Pavlovic: Mir geht es wieder super. Die Mandel-OP hab ich sehr gut überstanden und ich konnte mit Beginn der Vorbereitung beim FC Bayern wieder voll ins Training einsteigen. Auch interessant - Van der Vaart fordert Arschtritt für DFB-Sorgenkind
ran: Wie haben Sie die EM denn schlussendlich verbracht?
Pavlovic: Ich habe jedes Spiel angeschaut und mein Team unterstützt. Die ersten zwei Partien sogar noch aus dem Krankenhaus. Ich habe gehofft, dass wir das Turnier gewinnen und hier und da eine Whatsapp mit den Jungs ausgetauscht. Das Spiel gegen Spanien habe ich dann im Urlaub in Italien gesehen. Da war dann am Ende sehr viel Pech dabei.
ran: Wie lange haben Sie gebraucht, um über den Schock des verpassten Turniers hinweg zu kommen? Sie machen jetzt schon wieder einen sehr zuversichtlichen Eindruck.
Pavlovic: Ich habe sofort nach meiner Mandel-OP wieder in den Wettkampfmodus geschaltet und mich gefreut, wieder ohne Probleme Fußball spielen zu können. Rückschläge gehören zum Leben dazu. Deswegen ist es wichtig, optimistisch zu bleiben. Das ist mir gut gelungen.
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ran: Kurioserweise beginnt die Zeit nach der EM wieder im Home Ground in Herzogenaurach. Exakt dort, wo die Mannschaft auch vor und während des Turniers gewohnt und trainiert hat. Mit welchen Gefühlen sind Sie zu Wochenbeginn hier angekommen?
Pavlovic: Ich habe mich wirklich sehr gefreut, denn ich war im Juni ja nicht lange hier. Und trotzdem habe ich die Zeit als sehr schön in Erinnerung. Die großartige Stimmung in der Mannschaft, das gute Training und auch mein Debüt für Deutschland gegen die Ukraine verbinde ich mit diesem Ort. Deswegen habe ich richtig Bock und will alles geben!
ran: Was hat sich in und um die Mannschaft herum verändert, seit Sie kurz vor dem Turnierstart abreisen mussten?
Pavlovic: So lange sind wir hier ja noch nicht zusammen und ich war vorher ja auch nicht so lange bei der Mannschaft. Was man aber nach wie vor spürt ist diese große Freude bei der Mannschaft, gleichzeitig ein großer Hunger etwas bewegen und erreichen zu wollen.
ran: Julian Nagelsmann hat nach dem Ausscheiden gegen Spanien eine sehr emotionale Pressekonferenz gegeben. Welchen Eindruck macht der Bundestrainer in diesen Tagen auf Sie?
Pavlovic: Er hat neue Ziele ins Auge gefasst und pusht uns, wo er nur kann. Jedes Spiel gewinnen, jede Trainingseinheit mit 100 Prozent angehen – das ist mein Anspruch. Fokus auf das nächste Spiel, mit dem Ziel WM in zwei Jahren.
ran: Auf seiner Eröffnungs-Pressekonferenz zu Beginn der Woche hat er viele Daten, Zahlen und Statistiken vorgetragen. Man hat den Eindruck gewonnen, er hätte das Turnier bis ins kleinste Detail zerlegt, um herauszufinden, wo man noch besser werden kann…
Pavlovic: (lacht) Genauso hat er uns hier auch begrüßt. Wir wissen ganz genau, was gut war und woran wir arbeiten müssen.
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ran: Woran zum Beispiel?
Pavlovic: In vielen Dingen sind wir schon top. Aber es gibt im Fußball natürlich immer Verbesserungsmöglichkeiten. Für die genaue Analyse sollten Sie aber weiterhin den Bundestrainer fragen. (lacht)
ran: In Thomas Müller, Manuel Neuer, Toni Kroos und Ilkay Gündogan sind vier große Spieler nach der EM zurückgetreten. Wer hat Sie damit am meisten überrascht?
Pavlovic: Bei Thomas und Toni ahnte ich, was kommt. Bei Ilkay hätte ich eher nicht damit gerechnet, und auch Manuel Neuer hat mich mit dem Post bei Instagram wirklich überrascht. Ich hätte gedacht, dass er noch bis zur WM durchzieht.
ran: Haben Sie bei Manuel Neuer mal persönlich gefragt, was den Ausschlag für diese Entscheidung gegeben hat?
Pavlovic: Nein, das habe ich nicht gemacht.
ran: Wenn vier derart prägende Spieler eine Mannschaft verlassen, muss sich eine neue Hierarchie bilden. Wie lange dauert dieser Prozess?
Pavlovic: Wenn so wichtige Spieler wegbrechen, wird es eine ganze Zeit in Anspruch nehmen, bis sich eine neue Hierarchie bildet. Dafür sind insbesondere die nächsten Spiele geeignet.
ran: Ihr Bayern-Teamkollege Joshua Kimmich ist neuer Kapitän. Für Sie die logische Wahl?
Pavlovic: Ich bin davon ausgegangen, dass es Jo wird. Und es ist so gekommen. Ich freue mich sehr für ihn. Er ist einfach ein super Kerl und ein fantastischer Leader.
ran: Was zeichnet ihn als Führungsspieler aus?
Pavlovic: Er hat einfach diese ganz wichtige Mentalität, immer gewinnen zu wollen. Dazu kommuniziert er gut. Wenn junge Spieler Fragen haben, können Sie jederzeit zu ihm kommen. Jo versucht immer zu helfen.
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ran: Der Bundestrainer hat schon durchblicken lassen, dass Kimmich weiter als Rechtsverteidiger eingeplant ist. Durch die Rücktritte von Kroos und Gündogan ist damit auf dem Papier in der Mitte viel Raum zur Gestaltung. Wo finden Sie in dieser Mannschaft Ihren Platz?
Pavlovic: Am Ende wird immer der Trainer die Entscheidungen treffen. Ich werde jeden Tag hart an mir arbeiten; was dann kommt, werden wir sehen.
ran: Wie wird sich das Spiel der Nationalmannschaft ohne Kroos verändern? Er war der zentrale Spieler in den vergangenen Monaten, hat quasi jeden Angriff ausgelöst…
Pavlovic: Das Spiel der Nationalmannschaft wird sich natürlich verändern, wenn ein prägender Spieler wie Toni nicht mehr spielt. Aber ich denke, unsere Grundordnung wird gleich bleiben. Der Rest wird sich dann ergeben.
ran: Trauen Sie sich zu, ab sofort den neuen Spielauslöser zu geben?
Pavlovic: Ich liebe es, den Ball zu haben und das Spiel in gewisser Weise mitzugestalten. Auch hier wird alles andere der Bundestrainer entscheiden. Mittelfristig ist es natürlich mein Ziel, fester Bestandteil der Mannschaft zu werden.
ran: In der Nations League geht es ab Samstag direkt zur Sache. Keine Testspiele, sofort rein ins nächste Turnier. Ist das gut?
Pavlovic: Ich finde das super, Wettkampf ist immer gut. Wir wollen jedes Spiel gewinnen. Das ist unser Anspruch. Dementsprechend werden wir das Turnier angehen.
ran: Sie sind nach der Sommerpause beim FC Bayern gut in die Saison gestartet. Was war der Schlüssel dafür?
Pavlovic: Im Nachhinein war es genau richtig, die Mandel-OP gleich durchzuführen. So konnte ich mit Tag 1 der Vorbereitung voll einsteigen. Das war ganz wichtig und ich konnte eine gute Vorbereitung absolvieren. Das gibt mir jetzt die Möglichkeit, einfach meinen Fußball zu spielen.
ran: Sie haben auch einen neuen Trainer. Wie kommen Sie mit Vincent Kompany zurecht?
Pavlovic: Wir kommen super miteinander aus. Ich nehme ihn als sehr kommunikativ, motivierend, konzentriert und fokussiert wahr. Ein sehr offener und sympathischer Mensch, mit toller Präsenz und natürlicher Autorität, der seine Ansichten und Pläne sehr gut erklärt und uns seine Philosophie jeden Tag zeigt.
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ran: Wie sieht die aus?
Pavlovic: Es geht darum, Fußball zu spielen, wie es der FC Bayern immer getan hat. Druckvoll und vorne mit starkem Pressing. Das ist ihm sehr wichtig.
ran: Im Internet kursieren Videos von Kompany, in denen er seine vorherige Mannschaft auf dem Trainingsplatz verbal komplett zusammenfaltet…
Pavlovic: (lacht) Das habe ich auch gesehen. Zum Glück war das bei uns noch nicht nötig. Und wir wollen natürlich durch gute Leistungen dafür sorgen, dass es auch so bleibt.
ran: Ein anderer Neuzugang ist Joao Palhinha. Ein Spieler der über 50 Millionen Euro gekostet hat und auf Ihrer Position spielt. Hatten Sie zwischenzeitlich mal Angst, Ihren Platz in der Mannschaft zu verlieren? Derart teure Spieler sind ja meistens gesetzt.
Pavlovic: Nein, darüber denke ich nicht nach. Vielleicht spielen wir ja auch mal gemeinsam im Zentrum, auch das ist eine Möglichkeit. Ich weiß, was ich kann und wie hart ich täglich an mir arbeite. Konkurrenz auf höchstem Niveau gehört bei einem Verein wie dem FC Bayern dazu, das weiß jeder hier im Kader. Ich konzentriere mich auf mein Spiel.
ran: Welche persönlichen Entwicklungsziele haben Sie für die neue Saison? Wo wollen Sie besser werden?
Pavlovic: Ich will körperlich auf jeden Fall noch zulegen. Daran arbeite ich schon seit einiger Zeit. Genau wie am Defensivverhalten. Da habe ich in den vergangenen Monaten aber auch schon einige Schritte in die richtige Richtung gemacht.
ran: Der Saisonstart ist mit dem FC Bayern mit drei Pflichtspielsiegen gut gelungen. Wie ordnen Sie die Performance bislang ein?
Pavlovic: In den beiden Bundesligaspielen war die erste Halbzeit super. Wir hatten die Kontrolle und den Ball. Die Gegner hatten fast keine Chancen. Gegen Wolfsburg (3:2) sind wir dann nach dem Elfmeter und einer Schwächephase gut zurückgekommen und haben Mentalität gezeigt. Das war sehr gut. Auch im Freiburg-Spiel (2:0) haben wir zu Beginn der zweiten Hälfte den Faden etwas verloren. Zwar nicht so sehr wie in Wolfsburg. Aber da müssen wir noch konstanter werden. Wir müssen die komplette Kontrolle behalten.
ran: Woher kommen diese Schwankungen?
Pavlovic: Es ist einfach noch sehr früh in der Saison. Wir brauchen noch ein bisschen Zeit, um komplett in Bestform zu kommen. Im Vergleich zum ersten Spiel war das zweite aber ein weiterer Schritt nach vorne. Wir werden uns immer weiter verbessern, da bin ich sicher.