American Football
NFL: Cincinnati Bengals traden für Joe Flacco - eine Entscheidung ohne Sinn und Verstand - ein Kommentar
- Aktualisiert: 08.10.2025
- 22:42 Uhr
- Chris Lugert
Die Cincinnati Bengals traden für Joe Flacco, um den Ausfall von Joe Burrow zu kompensieren. Die Strategie dahinter wirft jedoch viele Fragen auf. Ein Kommentar.
Von Chris Lugert
Nach drei Spielen hatten die Verantwortlichen der Cincinnati Bengals genug gesehen. Das Experiment mit Jake Browning als Ersatz für den verletzten Joe Burrow ist gescheitert, was angesichts von drei Niederlagen in drei NFL-Spielen und individuell dürftigen Leistungen des Backups wenig verwunderlich ist.
Äußerst verwunderlich hingegen ist die Schlussfolgerung, die die Verantwortlichen der Bengals daraus gezogen haben. Sie traden für Joe Flacco - einen 40 Jahre alten Spielmacher, der soeben bei den Cleveland Browns auf die Bank gesetzt wurde und dessen beste Zeit schon lange hinter ihm liegt.
Ja, Flacco kann in sehr guten Umständen nach wie vor zumindest funktionieren. Die hatte er in Cleveland nicht, bei den Indianapolis Colts in der Vorsaison zeigte er hinter einer soliden Offensive Line und mit einem funktionierenden Laufspiel jedoch ansprechende Leistungen. Doch genau hier liegt das Problem.
Denn Flacco war nie ein auch nur ansatzweise mobiler Quarterback. Sein persönlicher Bestwert waren 131 Rushing Yards in der Saison 2013 bei den Baltimore Ravens. Flacco ist ein reiner Ballverteiler aus der Pocket heraus. Für dieses Spiel braucht es eine Offensive Line und/oder ein starkes, entlastendes Laufspiel.
Cincinnati Bengals: Umstände katastrophal für Flacco
Die Bengals haben genau nichts davon. Die O-Line ist seit Jahren ein Problem und maßgeblich dafür verantwortlich, dass Burrow einen nicht unerheblichen Teil seiner Prime im Krankenstand verbringt.
Und weil diese O-Line auch im Run Blocking nicht konkurrenzfähig ist, stehen die Bengals aktuell mit 285 Rushing Yards auf dem letzten Platz der NFL. Gerade einmal 57 Rushing Yards bringen die Bengals in der laufenden Saison pro Spiel im Schnitt zustande - der Abstand zum Vorletzten Pittsburgh Steelers beträgt 23 Yards - pro Partie!
Wenn die Bengals also erfolgreich sein wollen, benötigen sie einen starken Passer, der aber auch Druck ausweichen kann oder wenigstens schnell den Ball loswird. Einen Spielmacher, der über so viel individuelle Qualität verfügt, dass er die Offense allein über das Passspiel oder improvisierte Runs tragen kann.
So jemanden findet man aber normalerweise nicht auf dem Trade-Markt. Und Flacco ist es sowieso nicht. Was die Frage aufwirft, was genau sich die Bengals von dieser Entscheidung versprechen. Die Routine mag ein wichtiger Faktor gewesen sein, doch diese ersetzt nicht die Defizite, die Flacco inzwischen einfach hat.
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NFL: Letzte Patrone für Zac Taylor?
Dass die Bengals überhaupt für einen Quarterback traden, ist durchaus verständlich. Die Superstars im Team, allen voran Ja'Marr Chase, haben hohe Ansprüche. Für Head Coach Zac Taylor geht es um nicht weniger als um seinen Job. Er musste also handeln, womöglich ist es seine letzte Patrone.
Kansas City Chiefs: Patrick Mahomes wirft Pick Six statt Touchdown
Die Voraussetzungen scheinen zu passen, denn selbst mit einer 2-3-Bilanz ist auf dem Papier weiterhin alles drin. Die AFC ist offener als gedacht, selbst die Kansas City Chiefs stehen aktuell bei einem negativen Record. Konstanz stellt sich nicht ein, kein Team setzt sich ab. Am Sonntag verloren sogar die Buffalo Bills. Die Bengals sind also noch mittendrin im Playoff-Rennen, wenn sie ihre Offense gefixt bekommen.
Die Hoffnung: Irgendwie bis Dezember in Schlagdistanz bleiben, um dann mit einem genesenen Burrow noch einmal anzugreifen. Wie realistisch dieses Unterfangen tatsächlich ist, bleibt abzuwarten. Vor allem, weil die Defense nicht gut genug ist, um Spiele aktuell ohne Burrow offen zu halten.
Russell Wilson wäre die bessere Option für die Bengals gewesen
Die Chancen sind mit Flacco aber nicht wirklich größer geworden. Dabei hätte es durchaus auch andere Kandidaten gegeben, um einen Trade einzufädeln. Russell Wilson etwa, der zwar auch allergisch auf anfällige Offensive Lines reagiert, der aber deutlich mobiler ist und mit seinen Moonballs zumindest einen Floor schafft.
Wilson spielte bei den New York Giants nicht konstant gut, weshalb er auch durch Rookie Jaxson Dart ersetzt wurde. Doch Ansätze waren erkennbar. Mit diesen hätte Taylor vielleicht arbeiten können, zumal Wilson schon seit Jahren kein derart gutes Waffenarsenal mehr hatte, wie es die Bengals derzeit besitzen.
Stattdessen wählte man einen Spieler, bei dem die Limitierungen inzwischen offensichtlich sind und der einem Team kaum noch etwas geben kann. Schätzen die Bengals ihren eigenen Kader anders ein? Oder sehen sie in Flacco tatsächlich mehr als andere? Es sind Fragen, die nur die Bengals selbst beantworten können.
Flacco mag ein bisschen besser sein als Browning. Aber dieser minimale Unterschied ist den Trade nicht wert. Kurzum: Diesen Trade hätte man sich auch einfach sparen können.