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Basketball-WM 2023

Erkenntnisse zum DBB-Sieg gegen Finnland: Eine neue Realität

  • Aktualisiert: 30.08.2023
  • 12:54 Uhr
  • Ole Frerks

Bei der Basketball-WM blickt Deutschland auf drei Siege in drei Spielen. Welche Erkenntnisse brachte der jüngste Sieg gegen Finnland?

Von Ole Frerks

Das DBB-Team hat bei der Basketball-WM auch das dritte Spiel der Vorrunde gewonnen.

Beim dominanten 101:76-Sieg gegen Finnland brechen in der zweiten Halbzeit alle Dämme, Deutschland tritt dabei auf wie ein Medaillenfavorit. Die Erkenntnisse zum Spiel.

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1. Arbeit, dann Vergnügen

Nicht jeder Sieg ist gleich. Nach dem emotionalen Krimi gegen Mitfavorit Australien wartete mit Finnland ein Team, das schon ausgeschieden war, und damit auch eine klare Favoritenrolle für das deutsche Team. Wie überzeugend die Mannschaft diese Rolle annahm und ihr gerecht wurde, war für sich dann allerdings auch wieder sehr eindrucksvoll.

Besser hätte diese Vorrunde und auch dieses letzte Spiel nicht laufen können. Das DBB-Team wurde dabei nämlich durchaus getestet. Es kam nicht so schwungvoll aus der Kabine, hatte in der ersten Halbzeit öfter Probleme mit den Finnen, die regelmäßig ihre Coverages veränderten.

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Das Wichtigste zur Basketball-WM 2023 in Kürze

  • Spielplan der Basketball-WM 2023

  • Tabelle der Basketball-WM 2023

Zu Beginn gab es oft knapp hinter der Mittellinie bereits das Double-Team gegen Dennis Schröder, der dadurch eine ganz andere Situation vorfand als gegen Australien, das er teils in Isolationen auseinandernahm. Etwas später gab es vermehrt Zonenpresse in Form einer 3-2-Zone, die in erster Linie dafür sorgte, dass Deutschland langsamer und statischer im Angriff wurde.

Mit der Zeit fand das deutsche Team auf all diese Stilmittel Lösungen – es dauerte nur eben ein wenig. Teilweise wirkte das Ball-Movement nicht ganz sauber, teilweise wurde sich etwas zu wenig bewegt, teilweise gingen auch offene Würfe einfach nicht rein (4/16 Dreier in der ersten Halbzeit). So lag man im ersten Viertel zeitweise mal mit 5 Punkten hinten, auch wenn es dabei, noch so eine Qualität, nie danach aussah, als wäre man hier wirklich in Bedrängnis.

Es war vielmehr ein Spiel, in das sich Deutschland hereinarbeiten musste – auch und insbesondere durch seine Bank, die Ende des ersten und Anfang des zweiten Viertels die Energie auf dem Court veränderte. Gerade Justus Hollatz überragte binnen weniger Minuten mit zwei Layups, einem Steal und einem Offensiv-Rebound, die jeweils zu direkten Scores führten. "‘Juice‘ ist für sein Alter wirklich ein abgezockter Junge, der schreckt vor nichts zurück", lobte Andreas Obst den Youngster bei "MagentaSport".

Es sollte danach nicht mehr lange dauern, bis Obst selbst per Dreier die erste 10-Punkte-Führung des Spiels besorgte. Ab da wurde nicht mehr groß zurückgeblickt, in der zweiten Hälfte brach das DBB-Team endgültig den Willen der enttäuschten Finnen und knackte sogar noch die 100 Punkte.

Mit zunehmendem Spielverlauf verstanden es die Deutschen immer besser, wie sie hinter die Defense kommen beziehungsweise diese aushebeln konnten. Gerade der Druck auf Schröder führte zu vielen Überzahlsituationen, die mit teilweise sensationellem Ball- und Player-Movement immer besser ausgespielt wurden und gerade die Bigs und ihr Decision-Making in den Vordergrund stellten.

Daniel Theis hatte eine der Szenen des Spiels, als er im zweiten Viertel an der Dreierlinie in bester Draymond-Green-Manier ein Hand-Off andeutete und stattdessen für einen Layup zum Korb zog.

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Ansonsten fanden er und die anderen Bigs immer wieder aus dem Short-Roll offene Schützen oder Cutter für einfache Layups.

Bei 39 Field Goals wurden 29 Assists notiert, das ist ein beeindruckender Wert und reflektiert einen ganz anderen offensiven Ansatz als beim Australien-Spiel. In diesem Spiel waren es weniger die Einzelaktionen, vielmehr hatten alle Akteure ihren Anteil an der Offense und jeder der elf eingesetzten Spieler erzielte mindestens einen Korb. Am Ende war es ein glanzvoller Auftritt, nachdem es "etwas zäh" (Zitat Theis) begonnen hatte.

2. Tiefer als Atlantis

Bundestrainer Gordon Herbert dürfte es dabei vor allem gefreut haben, wie viele Pausen er seinen Stars geben konnte, auch wenn es bis zum nächsten Spiel am Freitag ohnehin noch etwas hin ist. Alle verfügbaren Spieler kamen rein, über die letzten sechs Minuten kam auch David Krämer zu seinem ersten WM-Einsatz und traf prompt noch zwei Dreier. Keiner spielte mehr als 22:58 Minuten (Johannes Thiemann).

Und jeder Spieler konnte etwas einbringen. Es ist nach wie vor beeindruckend, wie tief und variabel dieser deutsche Kader ist, mehr noch als im vergangenen Jahr. Ein Paradebeispiel dafür ist Isaac Bonga, der bei der EM nicht dabei war und in dieser Partie gemeinsam mit Schröder Topscorer des Teams wurde (15).

Bonga ist als Starter-Ersatz für Franz Wagner eigentlich vor allem für Defense und Hustle zuständig, in dieser Partie zeigte er aber auch sein offensives Paket – aggressive Drives in Transition mit feinem Eurostep, tolles Gespür für ballferne Cuts sowie einen Eckendreier. Athletisch hatte Finnland dem Bayern-Swingman nicht viel entgegenzusetzen.

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Maodo Lo fiel diesmal nicht groß als Scorer auf, führte das Team dafür aber bei den Assists an. Thiemann hatte sein bisher bestes Offensivspiel (13 Punkte, 6/7 FG, 4 Assists), Moritz Wagner traf jeden Wurf, den er bekam und packte einen sehenswerten Crossover aus (12, 5/5), Hollatz wirkte mutiger als noch bei seinen ersten Einsätzen, Johannes Voigtmann machte von allem etwas.

Ebenfalls wichtig: Obst kam aus seinem kleinen Formtief und traf drei seiner sechs Dreier (11 Punkte) nach kombiniert zwei von neun in den vorigen beiden Spielen. Nicht nur bei ihm ging in diesem Spiel gefühlt eine Lampe an. "Wir nehmen Selbstvertrauen mit", untermauerte der Bayern-Shooter nach dem Spiel.

Dieser Sieg war in gewisser Weise die deutsche Version vom Warriors-Slogan "Strength in Numbers". Es wäre noch vor wenigen Jahren unvorstellbar gewesen, dass Deutschland ein durchaus gutes finnisches Team so dominiert, wenn einer der zwei besten Spieler verletzt ist und der andere bloß 22 Minuten spielt – aber 2023 ist das offensichtlich Realität im deutschen Basketball.

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3. Wie ein echtes Spitzenteam

"Das war unser Wunschgedanke, dass wir mit drei Siegen in die nächste Runde gehen", sagte Theis nach dem Spiel bei "MagentaSport". Dieser Wunsch war oder ist sicherlich nicht neu, tatsächlich hat das aber noch nie eine deutsche Mannschaft bei einer WM geschafft, schon gar nicht in einer solchen Todesgruppe.

Entsprechend selbstbewusst kann die deutsche Mannschaft die kommenden Aufgaben angehen. Herbert hatte vor dem Spiel noch einmal davon gesprochen, "aufs Podium" zu wollen, wie schon bei der EM. So weit ist man natürlich noch nicht, bisher gehört das DBB-Team aber eindeutig zu den Teams, die sich bei diesem Turnier am besten präsentiert haben.

"Basketball.de" zufolge hat Deutschland seine Gruppe mit einem Net-Rating von +20,1 abgeschlossen und sich dabei sehr ausbalanciert gezeigt. Die Offense war selbst ohne Wagner variabel und gefährlich, zumal gegen Finnland auch die Catch-and-Shoot-Dreier besser fielen. Die Defense hat ihre bisherigen Aufgaben gut gemeistert, ohne dass Herbert völlig verrückte Sachen hätte ausprobieren müssen.

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Das könnte sich in der Zwischenrunde ändern. Gruppe F ist noch nicht "fertig", es spricht aber viel dafür, dass Deutschland es dann mit Georgien zu tun bekommen wird, Slowenien ist ohnehin schon qualifiziert. Ein Duell mit dem besten Einzelkönner des Turniers Luka Doncic wird es also geben, auch davor muss sich Deutschland in dieser Form allerdings nicht verstecken. Zumal es sogar mit nur einem Sieg in der Zwischenrunde für das Viertelfinale reichen könnte.

Entscheidend ist natürlich weiterhin die Personalie Wagner. Herbert hatte dessen Einsatz gegen Finnland im Vorfeld noch als "50:50" bezeichnet, letzten Endes war es jedoch sicherlich sinnvoll, ihm etwas mehr Zeit zu geben. Der 22-Jährige konnte bisher immerhin mal wieder leicht trainieren, es sei jedoch offen, ob es für die weiteren Spiele am Freitag und am Sonntag reicht.

"Er hat gestern im Gym trainiert, das war ein gutes Zeichen. Heute hat er im Pool gearbeitet. Wir müssen sehen, wie es bei ihm am Mittwoch und Donnerstag aussieht", sagte Herbert. Die deutsche Mannschaft hat dem Magic-Forward in perfekter Manier Zeit verschafft, nun gilt es abzuwarten und Daumen zu drücken. Bei aller Euphorie ist dieses Team logischerweise noch tiefer, noch variabler und besser, wenn er dabei ist.

Und es soll alles noch ein bisschen weitergehen. "Natürlich ist es schön, bei 3-0 zu stehen“, sagte Herbert. „Aber wir stehen erst am Anfang des Weges. Auf dem Weg zum Gipfel des Berges sind wir erst bei der Hälfte. Wir haben höhere Erwartungen." Und das zurecht. Es ist eine neue Realität im deutschen Basketball.

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