Bundesliga
BVB: Wird Emre Can für Nuri Sahin auf einer ungewohnten Position plötzlich zur Ideallösung?
- Aktualisiert: 10.11.2024
- 00:53 Uhr
- Justin Kraft
Borussia Dortmund geht auf dem Zahnfleisch. Genau in dieser angespannten Situation hat Nuri Sahin mit Emre Can und Nico Schlotterbeck aber ein Innenverteidiger-Duo gefunden, das gut zu funktionieren scheint. Wie viel Zukunftspotenzial steckt in dieser Konstellation?
Update, 09.11., 17:30 Uhr: Emre Can fliegt vom Platz - BVB verliert in Mainz
"Emre ist ein brutal schneller Spieler. Wir können eine sehr hohe Kette spielen", sagte Nico Schlotterbeck bei "DAZN" nach dem 1:0-Sieg des BVB gegen Sturm Graz in der Champions League über seinen neuen Nebenmann in der Innenverteidigung: "Deswegen macht es sehr viel Spaß." Dieser Nebenmann ist niemand Geringeres als Emre Can.
Can kassierte in den vergangenen Wochen immer wieder teils heftige Kritik dafür, dass er im Mittelfeld zu leichte Fehler gemacht hat, dabei auch einige Gegentore verschuldet. Damit wurde er auch zum Sinnbild der BVB-Krise.
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Genauso wird der 30-Jährige nun aber zum Sinnbild einer Phase, in der sich Dortmund mit aller verbliebenen Macht gegen die Müdigkeit und gegen die vielen Ausfälle stemmt.
In Wolfsburg, wo das Team von Nuri Sahin unglücklich verlor, gegen RB Leipzig und nun auch gegen Sturm Graz spielten er und Schlotterbeck in der Innenverteidigung.
Bundesliga: Das Wichtigste in Kürze
Beide geben derzeit auf ihre Art und Weise Stabilität und Halt in Wochen, die für den BVB alles andere als einfach sind. Ein Glücksfall mit Zukunftspotenzial?
BVB-Kapitän Emre Can überzeugt in der Innenverteidigung
Eine Erkenntnis für Sahin sollte sein, dass Cans beste Position in der Innenverteidigung ist. Auch wenn er ein gelernter Mittelfeldspieler ist, fehlen ihm dort zu viele Qualitäten, um in einem Team wie Borussia Dortmund optimal integriert werden zu können. Gerade in Ballbesitz verschleppt er das Tempo zu häufig, wenn er auf seiner angestammten Zentrumsposition spielt.
In der Innenverteidigung kommt Can seltener in Situationen, in denen er derart unter Druck gesetzt wird, dass er einfache Fehler macht. Gegen Graz gab es zwei, drei Szenen, in denen er unnötige lange Bälle zum Gegner schlug, sonst aber blieb er zumindest souverän.
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Dafür aber konnte er in der Innenverteidigung seine Qualitäten in der Zweikampfführung optimal ausspielen, war häufig direkt am Gegenspieler und ließ sich nur selten überrumpeln. Sechs seiner neun Zweikämpfe am Boden gewann er laut "SofaScore", zwei von drei Luftzweikämpfen ebenfalls.
Nun wäre es sicherlich zu früh und zu viel, Can nach berechtigter Kritik gleich in den Fußball-Olymp zu hieven. Doch wenn der BVB-Kapitän eine Zukunft in der Startelf von Borussia Dortmund haben soll, dann in der Innenverteidigung. Zumal Niklas Süle und auch Waldemar Anton bisher keine außergewöhnlich schlagkräftigen Argumente für sich liefern konnten.
Borussia Dortmund: Wichtige Saison für Nico Schlotterbeck
Extrem wichtig für Can ist aber auch, dass Schlotterbeck derzeit vorangeht. Für den 24-Jährigen ist die aktuelle Spielzeit eine sehr wichtige. In seiner Zeit beim BVB deutete der Linksfuß mehrfach an, dass er zu starken Leistungen in der Lage ist.
Wirklich konstant war er jedoch selten. Stellungsfehler, unerklärliche Fehlpässe im Aufbau oder schlicht Momente, in denen er zu übermütig wurde – damit riss er sich richtig gute Phasen regelmäßig selbst ein. Gerade jetzt, wo der BVB weder Form noch ausreichend Spieler hat, übernimmt Schlotterbeck aber Verantwortung und zeigt von Spiel zu Spiel starke Leistungen. Halt, den der BVB dringend benötigt.
Dass man in der Bundesliga bisher 15 Gegentore kassiert hat, täuscht ein wenig darüber hinweg, dass man defensiv im Saisonverlauf stabiler geworden ist. Gegen Sturm Graz ließ der BVB exakt eine gute Möglichkeit zu, die das Spiel zwar hätte kippen können, letztlich aber ungefährlich blieb. Ansonsten verteidigten Can und Schlotterbeck alles weg, was an Kontern auf sie zurollte.
Innenverteidigung muss die Leistungen bestätigen
Wie so oft bei Borussia Dortmund wird es nun darum gehen, diese Leistungen auch zu bestätigen. Bei Schlotterbeck dürfte man da etwas optimistischer sein als bei Can. Denn der Kapitän wurde auch unter Edin Terzic schon mehrfach als Innenverteidiger eingesetzt. Seine Leistungen waren so wechselhaft wie eh und je. Umso spannender wird es zu sehen sein, welche Lehren Sahin aus dieser jetzigen Phase zieht.
Im Mittelfeld zeigten Marcel Sabitzer und Felix Nmecha, dass sie in der Defensive nicht zwingend schwächer sind als Can. In der Viererkette wird nach der Rückkehr von Waldemar Anton und Niklas Süle der Konkurrenzkampf neu ausbrechen. Kann Can seine aktuellen Leistungen bestätigen, wird es für die beiden zumindest kein Selbstläufer, wieder in die Startelf zu finden.
Für Sahin wäre es vermutlich dennoch einfacher gewesen, hätte er mit Amtsantritt einen Strich unter die Amtszeit von Can als Kapitän gezogen. Vielleicht wäre das Thema insgesamt dann etwas kleiner – und der Druck sowie das Brennglas auf den Spieler nicht so groß.
Nico Schlotterbeck: Dortmund-Kapitän der Zukunft?
Schlotterbeck hingegen meldet mit seinen aktuellen Leistungen Ansprüche darauf an, in der Hierarchie weiter nach oben zu klettern. Dass er viel, manchmal vielleicht sogar zu viel Selbstbewusstsein hat, ist längst kein Geheimnis mehr. Kann er dieses aber kanalisieren und sich voll auf seine Aufgaben konzentrieren, ist er einer der besten Innenverteidiger der Liga.
Seine Spieleröffnung war gegen Graz ein wichtiges Mittel, um die Partie von Beginn an zu kontrollieren. Schlotterbeck bringt alles mit, um den BVB als Abwehrchef anzuführen – nur die Konstanz muss er eben noch nachweisen.
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Im Moment aber ist es schon deshalb eine interessante Konstellation, weil nicht der erfahrene Kapitän hauptsächlich dafür verantwortlich ist, dass sich ein angeschlagener BVB etwas stabilisiert. Es ist der 24-jährige Innenverteidiger, der das Team einerseits stabilisiert, andererseits aber auch seinem Kapitän dabei verhilft, dass dieser sich wieder mehr auf sich konzentrieren kann.
Und so ist das Duo zumindest für den Moment ein großer Gewinn für Sahin. Alles andere ist eben so, wie es bei Borussia Dortmund immer ist: Schon im kommenden Spiel kann sich alles wieder drehen.