Der Chemnitzer FC gilt als einer der problematischsten Vereine im Bezug auf Rechtsextremismus in der Fanszene. Jetzt wurde ein Fanprojekt der Sachsen ausgezeichnet. Auch Freiburgs Trainer Christian Streich wird geehrt.
Die DFB-Kulturstiftung hat wie jedes Jahr den renommierten Julius-Hirsch Preis verliehen. Sieger ist dieses Jahr das Fußballkultur-Projekt "#Heimspiel" aus Chemnitz. Das Projekt richtet sich gegen Rassismus und Fremdenfeindlichkeit, was gerade beim FC Chemnitz ein bekanntes Problem darstellt.
"#Heimspiel will zeigen, dass Fußball Menschen verbinden kann", steht auf der Website. "Gerade in Chemnitz ist Fußball leider weiterhin durch eine aktive rechtsextreme Szene geprägt, sowohl beim CFC als auch in kleineren Vereinen der Stadt."
"Deshalb habe sich ein nicht unerheblicher Teil der Zivilgesellschaft vom Fußball abgewandt, sodass er auch Rückzugs- und Rekrutierungsort für organisierte Hooligangruppierungen ist." Aber die Organisatoren von #Heimspiel sind sicher, "dass es in der Stadt viele Fußballbegeisterte gibt, die sich klar für eine offene Gesellschaft aussprechen", so ein Sprecher.
Die Organisatoren haben diverse Veranstaltungen organisiert - von Filmen über Podiumsdiskussionen bis hin zu Bolzplatzturnieren. "Fußball ist für alle da, egal wo sie herkommen, egal wie sie aussehen", bringt Vereinspräsident Cornelius Huster die Philosophie seines Vereins auf den Punkt.
Das Projekt kann als durchaus wirksam bezeichnet werden. Beim Finale des Projektes, als eine Promi-Auswahl gegeneinander angetreten ist. waren etwa 1000 Fans im Stadion anwesend,
Felix Müller, Mitorganisator, freute sich über "ein super-diverses Publikum, das man sonst hier in Chemnitz im Stadion eben nicht hat." Außerdem fand er besonders, dass "unglaublich viele Leute, die auf dem Sonnenberg wohnen, heute zum ersten Mal da waren – wegen uns."
"Wir sind auf der Hälfte des Wegs", analysiert Martin Ziegenhagen, der Antirassismus-Beauftragte des CFC. "Wir sind an einer Gabelung." Soll heißen: "Jetzt entscheidet sich, wohin sich die Chemnitzer Fankultur entwickelt. Weiter nach rechts oder in Richtung Mitte der Gesellschaft."
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Bundesliga: Die Tops und Flops unter den Zugängen: Kane, Boniface, Bonucci
Die Bundesliga pausiert zum zweiten Mal in dieser Saison zugunsten der Nationalmannschaften. Die Zugänge hatten jetzt elf Spieltage Zeit, sich zu beweisen. ran macht den Check und präsentiert die Tops und Flops der Sommertransfers.
Top: Harry Kane (FC Bayern München) Mit rund 100 Millionen Euro Ablöse war Harry Kane (fast) unverschämt teuer. Doch der Engländer ist auch unverschämt torgefährlich. 17 Mal netzte er in seinen ersten elf Bundesligaspielen ein - Rekord. Anlaufzeit ist für ihn ein Fremdwort - die Tore stehen schließlich in jedem Wettbewerb an der gleichen Stelle. Bislang zweifellos der Mann der Saison!
Flop: Naby Keita (Werder Bremen) Ein weiterer großer Name unter den Sommer-Zugängen kommt dagegen überhaupt noch nicht in die Gänge. Naby Keita verletzte sich beim Aufwärmen vor seinem ersten Testspiel mit Werder Bremen an den Adduktoren. In seinem ersten Pflichtspiel von Anfang an im Oktober folgte eine Muskelblessur. Seine Misere geht also nahtlos weiter. Bislang stehen 81 Minuten zu Buche.
Top: Granit Xhaka (Bayer Leverkusen) Unter den zahlreichen Volltreffern, die Bayer Leverkusen im Sommer getätigt hat, sticht Granit Xhaka noch heraus. Der Schweizer dirigiert das bislang so famos aufspielende Fußball-Orchester von Xabi Alonso, als würde er schon Jahre für die "Werkself" spielen. Und in Dortmund und München fragen sich immer mehr Fans, warum ihr Klub nicht zugegriffen hat.
Flop: Josip Stanisic (Bayer Leverkusen) Ja, auch bei Bayer Leverkusen gibt es trotz der Traumsaison Verlierer. Auch unter den Neuen. Denn Josip Stanisic verfolgt die atemberaubenden Darbietungen überwiegend von der Bank aus. Das tut seinem Stammverein Bayern München aber mehr weh als dem Rivalen vom Rhein. Denn natürlich sollte der Kroate während seiner Leihe Spielpraxis sammeln.
Top: Victor Boniface (Bayer Leverkusen) Zurück auf die Sonnenseite des Spitzenreiters. Auf den Gedanken, dass Victor Boniface die Abwehrreihen der Bundesliga auf Trab halten könnte, hätten auch andere Bundesliga-Manager kommen können. Doch auch hier machte Bayer Leverkusen das Rennen. Sieben Tore erzielte der Nigerianer bereits und ließ dabei so manchen Verteidiger schlecht aussehen.
Flop: Ramy Bensebaini (Borussia Dortmund) Schon in Mönchengladbach war Ramy Bensebaini zuletzt außer Form. Bis jetzt hat er die auch bei Borussia Dortmund nicht wiedergefunden. Die Defensivarbeit war nie seine Stärke, doch auch nach vorne kommt viel zu wenig. Mittlerweile findet sich der Linksfuß sogar auf der Bank wieder, Niklas Süle verteidigt rechts, damit Julian Ryerson nach links rücken kann.
Top: Alejandro Grimaldo (Bayer Leverkusen) Auch Bayer Leverkusen holte sich im Sommer einen neuen ablösefreien Linksverteidiger. Und traf auch mit Alejandro Grimaldo voll ins Schwarze. Der Spanier wetzt seine Seite rauf und runter und ist mit sechs Treffern zweitbester Bundesliga-Torschütze des Tabellenführers. Die Belohnung: Mit 28 Jahren wurde er erstmals für die Nationalmannschaft nominiert.
Flop: Marcel Sabitzer (Borussia Dortmund) Bei Borussia Dortmund häufen sich dagegen die Transfer-Flops. In diese Kategorie gehört bislang auch Marcel Sabitzer, der nach überzeugenden Jahren bei RB Leipzig schon in München allenfalls Mitläufer war. Zu mehr reicht es auch beim BVB noch nicht. Wenn es nicht läuft, geht der Österreicher mit unter, auch in anderen Partien bleibt er unauffällig.
Top: Xavi Simons (RB Leipzig) Ganz anders Xavi Simons bei RB Leipzig, der seinen Telefon-Jubel schon diverse Male vorführen durfte - bei wettbewerbsübergreifend sechs Toren. Bei Paris St. Germain dürften sie auch öfter zum Hörer greifen, denn von dort ist der junge Niederländer ausgeliehen. Dieser Deal scheint mit einer Win-Win-Win-Situation zu enden.
Flop: Felix Nmecha (Borussia Dortmund) Auch Felix Nmecha durfte zuletzt in der Champions League ein Tor für seinen neuen Klub feiern. Doch alles in allem kommt vom Nationalspieler, den sich Borussia Dortmund 30 Millionen Euro kosten ließ, viel zu wenig. Angeblich war der Ex-Wolfsburger ein Wunschspieler von Edin Terzic, doch die richtige Rolle muss der Trainer für ihn erst noch finden.
Top: Lois Openda (RB Leipzig) Mit kolportierten 38,5 Millionen Euro Ablöse war auch Lois Openda alles andere als günstig. Der Belgier startete bei RB Leipzig aber vielversprechend, erzielte bereits neun Bundesliga-Tore und traf zwei Mal in der Champions League. Da fällt der Abschied von Christopher Nkunku doch deutlich leichter.
Flop: Leonardo Bonucci (1. FC Union Berlin) Es ist schon kurios: Die wohl am besten geordnete Defensive der Bundesliga wird mit einem der namhaftesten Abwehrspieler der Welt verstärkt - der zugegeben nicht mehr der Jüngste ist - und ist plötzlich eine der Schießbuden der Liga. Auch wenn es natürlich nicht nur am Italiener liegt: Leonardo Bonucci und Union Berlin - das passt noch gar nicht zusammen.
Top: Robin Koch (Eintracht Frankfurt) Deutlich besser lief es für Eintracht Frankfurt: Die Hessen suchten einen gestandenen Innenverteidiger und fanden ihn in Robin Koch. Die Leihgabe von Leeds United verpasste bis Anfang November keine Minute. Schon jetzt ist klar: Die SGE will den Nationalspieler im Sommer fest verpflichten. Das wäre auch der ran-Rat gewesen.
Flop: Kevin Volland (1. FC Union Berlin) Wie der schon erwähnte Bonucci zählte Kevin Volland zu den bekanntesten der zahllosen Zugänge von Union Berlin. Der Linksfuß legte jedoch einen kapitalen Fehlstart hin, holte sich bei seinem ersten Startelfeinsatz gegen Leipzg (0:3) Rot. Damals begann die Misere der Köpenicker. Auf seine zweite Torbeteiligung wartet Volland seit dem 1. Bundesliga-Spieltag.
Top: Angelo Stiller (VfB Stuttgart) Mit dem Abschied von Kapitän und Fanliebling Wataru Endo schien ein riesiges Loch im Mittelfeldzentrum des VfB Stuttgart zu klaffen. Doch Angelo Stiller hat dieses in Windeseile gefüllt. Als nimmermüder Antreiber macht er nicht nur den Japaner vergessen, sondern sorgt auch mit für den noch immer irreal wirkenden Höhenflug der Schwaben.
Flop: Marco Richter (1. FSV Mainz 05) Nach dem Abstieg mit Hertha BSC suchte Marco Richter eine neue Herausforderung und wollte beim 1. FSV Mainz 05 den nächsten Schritt machen. Der führte ihn aber zurück in den Tabellenkeller der Bundesliga. In einer teilweise verunsichert wirkenden Mannschaft kommt der Flügelspieler kaum zur Geltung. Viel zu oft findet er sich ganz außen wieder - auf der Bank.
Top: Deniz Undav (VfB Stuttgart) Im Sommer wollte Deniz Undav in die Bundesliga wechseln, um Nationalspieler zu werden. Dieser Traum ist noch nicht in Erfüllung gegangen, aber der von Brighton & Hove Albion an den VfB Stuttgart ausgeliehene Stürmer arbeitet vorbildlich an der Realisierung. Hinter Serhou Gurassy beweist auch er mit sechs Toren in den jüngsten sieben Pflichtspielen Knipserqualitäten.
Flop: Anwar El Ghazi (1. FSV Mainz 05/mittlerweile vereinslos) Es war ein kurzes Vergnügen für Anwar El Ghazi beim 1. FSV Mainz 05. Erst Mitte September als vereinsloser Spieler verpflichtet, machte der Niederländer mit marokkanischen Wurzeln mehr mit seinen Posts zum Nahost-Konflikt als mit Toren auf dem Rasen auf sich aufmerksam. Nach einem Hin und Her provozierte er seinen Rauswurf geradezu.
Top: Eren Dinkci (1. FC Heidenheim) Weil er bei Werder Bremen kaum Aussicht auf lange Einsatzzeiten sah, ließ sich Eren Dinkci zum 1. FC Heidenheim ausleihen. Und zeigt seither beim Bundesliga-Neuling, dass er durchaus das Zeug für das deutsche Fußball-Oberhaus hat. Bei fünf Bundesliga-Treffern und einem Tor im Pokal steht der Stürmer, der auf dem Flügel zum Einsatz kommt.
Chemnitz: Vereinskultur muss sich ändern
Jetzt liegt es vor allem am Verein diese Initiativen in den Verein zu integrieren und zu unterstützen. "Niemand im Verein will das wegdiskutieren", sagt Tommy Haeder, der neue Geschäftsstellenleiter. "Aber das ist auch kein Problem, das wir in zwei Jahren wegbekommen." Deshalb setzt der CFC auf eine langfristige Strategie. Mit Blick auf die rechtsextremen Strukturen in der Fanszene sagt Haeder: "Wir müssen wieder einfach mehr Fans ins Stadion bekommen, die eine andere Meinungen haben."
Dafür sollen auch gezielt neue Zielgruppen als Fans angesprochen werden, vor allem junge Zuschauer. "Wir wollen eine neue Generation ins Stadion kriegen", sagt der neue Geschäftsstellenleiter. "Familien sollen im Stadion Spaß haben und nicht Angst." Die Ziele fruchten durchaus, denn beim Spiel gegen Lok Leipzig im September waren 7000 Zuschauer da - ein neuer Rekord in der Regionalliga für Chemnitz.
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Rechtsextremismus: Weit verbreitet in der Fanszene
Der Chemnitzer FC gilt als besonders geprägt von rechtsextremen Fanszenen. Mehrere Fan-Gruppierungen wie "HooNaRa" (Hooligans, Nazis und Rassisten), die "NS-Boys" und "Kaotic" dominierten die Südkurve in Chemnitz. Sie alle hatten eines gemeinsam: Sie wurden vom Verfassungsschutz beobachtet. Seit 2022 gibt es die neue Gruppierung "Kamenica Furor", die ebenfalls als rechtsextrem gilt.
Trotzdem muss auch dort differenziert werden: "Es wäre zu viel gesagt, die Chemnitzer Kurve homogen als rechtsextrem einzuschätzen. Allerdings ist der Einfluss von Rechtsextremen, die Macht, die sie durch ihre Gewalt ausüben, dort sehr hoch", so Robert Claus, Experte für Rechtsextremismus im Fußball.
Martin Ziegenhagen, der Antirassismus-Beauftragte des CFC, wird noch etwas deutlicher: "Wir haben Teile der Szene in der Kurve. Da muss man ganz klar von rechtsextremen Strukturen sprechen." Und diejenigen, die in diesen rechtsextremen Strukturen organisiert sind, üben in der Chemnitzer Kurve Macht aus – im Zweifel auch über körperliche Gewalt. "Fans, die für Demokratie und Vielfalt stehen und sich dazu irgendwie äußern wollen, werden bedroht. Da müssen wir uns nichts vormachen. Das findet statt", sagt Ziegenhagen.
Umso wichtiger sei die Initiative Heimspiel, die innerhalb von kurzer Zeit viel bewegt hat. Trotzdem wird sich das Problem in Chemnitz so schnell nicht erledigen. Zu etabliert sind die problematischen Gruppierungen in der Fanszene. Zu lange wurde mindestens ein Auge zugedrückt.
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Christian Streich: Vorbild für Zivilcourage
Auch der langjährige Trainer des SC Freiburg, Christian Streich, wurde mit dem Julius Hirsch-Ehrenpreis ausgezeichnet für seine Klarheit bei dem auf und neben dem Platz.
"Seit einem Jahrzehnt nutzt Christian Streich die Bühne des Profifußballs, um ehrlich und klar Stellung gegen Fremdenfeindlichkeit, Rassismus und Diskriminierung zu beziehen und sich für Respekt und demokratische Grundwerte einzusetzen. Mit seinen stets authentischen Statements ruft er nicht nur zur Zivilcourage auf, sondern ist selbst ein Vorbild dafür", so DFB-Präsident Bernd Neuendorf.
Christian Streich zeigt sich wie so oft bescheiden: ""Wenn ich höre, was es für Projekte gibt und welches Engagement es von Menschen gibt, dann hat das einen unschätzbaren Wert. Ich hingegen gehe morgens auf die Arbeit und Abends heim, ich bin ja gar nicht ehrenamtlich tätig. Das ist kein kleiner Unterschied. Es ist für mich unfassbar, diesen Preis zu bekommen."