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DFL stellt bei Harry Kane klar: Kein Innenraumverbot trotz Sperre - kannte DFB-Chefankläger Regellücke nicht?
- Aktualisiert: 06.05.2025
- 17:16 Uhr
- Martin Volkmar
Dass Harry Kane trotz Gelbsperre bei Bayerns Spiel in Leipzig noch vor dem Abpfiff am Spielfeldrand auftauchte, war offenbar nicht explizit verboten. Dabei wurde Marco Reus 2019 mit dieser Begründung bestraft.
Durfte Harry Kane trotz seiner Gelbsperre schon vor dem Abpfiff in Leipzig in den Innenraum oder nicht?
Und hätte er in letzterem Fall vom DFB-Sportgericht bestraft werden müssen?
Beide Fragen standen bis jetzt im Raum, weil es offenbar eine Regellücke in der Spielordnung gibt.
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"In der DFL-Spielordnung gibt es keine explizite Regelung über ein Innenraum-Verbot für Spieler", teilte die DFL ran mit.
"In der DFL-Spielordnung gibt es aber ein Verbot für (vor)gesperrte Spieler, sich auf der Auswechselbank aufzuhalten. Dieses Verbot ist vom Innenraum-Verbot zu trennen. Dieses Verbot galt damit auch für Harry Kane am letzten Spieltag. Wenn der Spieler aber z.B. am Ausgang des Spielertunnels stand, hat er nicht gegen dieses sich auf die Auswechselbank beschränkende Verbot verstoßen."
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Harry Kane durfte am Spielfeldrand warten
Bedeutet: Kane hätte über die gesamte Spielzeit im Übergang zwischen Spielertunnel und Platz auf den Abpfiff der Partie zwischen dem FC Bayern München und RB Leipzig (3:3) warten können, in jedem Fall aber wie geschehen in den Schlussminuten.
Dorthin war der nach seiner fünften Gelben Karte gegen Mainz zum Zuschauen verdammte Torjäger kurz vor dem Abpfiff von der Tribüne aus beim Stand von 3:2 für sein Team gekommen, um im Fall des Sieges den vorzeitigen Gewinn der Meisterschaft auf dem Platz mit den Teamkollegen zu feiern.
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Der RB-Ausgleichstreffer in der Nachspielzeit verhinderte den Titeljubel, den die Mannschaft dann am Tag danach in einem Münchner Nobelrestaurant nachholte.
Verfolger Bayer Leverkusen war beim SC Freiburg nicht über ein 2:2 hinausgekommen, so dass der FCB bei acht Punkten Vorsprung nicht mehr von Platz eins zu verdrängen ist.
Unklar war den meisten Beobachtern aber die Tatsache, dass Kane trotz Sperre keinen Regelverstoß beging - weil sie davon ausgingen, dass ein gesperrter Spieler nicht auf den Platz darf.
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DFB: Kein Innenraumverbot für Kane
Das stellte der DFB als zuständiges Organ für die Sportgerichtsbarkeit auf ran-Nachfrage klar: "Harry Kane hatte kein Innenraumverbot (was z.B. Trainer nach einer vorherigen Roten Karte auferlegt bekommen). Er war lediglich wegen seiner 5. Gelben Karte nicht einsatzberechtigt.“
Im Gegensatz dazu haben Trainer, Co-Trainer, Mannschaftsärzte und sonstige Teamoffizielle nach Rot oder Gelb-Rot sehr wohl eine Sperre für den Innenraum, in der DFL-Spielordnung sogar schon nach der vierten Verwarnung.
Für die Spieler hingegen besteht das Verbot, wie oben erwähnt, nur für die Auswechselbänke. Dort dürfen sie sich in der Bundesliga nach Paragraph 3, Nummer 3, Absatz 1 der Spielordnung nicht aufhalten.
Den gesamten Innenraum dürfen mit einer entsprechenden Zugangsberechtigung (Akkreditierung) auch Fotografen, Medienvertreter, Ordner und Sicherheitspersonal betreten.
Die Verwirrung um Kane entstand dadurch, dass es "gelebte Praxis" ist, dass gesperrte Profis nicht im Innenraum Platz nehmen. Verboten ist es aber nicht, gerade für den nicht alltäglichen Fall einer kurz bevorstehenden Meisterfeier.
Ganz abgesehen davon, dass es für den Kapitän der englischen Nationalmannschaft der allererste Titel seiner langen Karriere war.
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Keiner zuständig: Kontrolllücke in der Bundesliga
Gleichwohl können die Schiedsrichter Personen, die aus ihrer Sicht keine Berechtigung haben oder Zwischenfälle provozieren könnten, aus dem Innenraum verweisen.
Es gibt aber keine Kontrollpflicht für die Unparteiischen und in der Bundesliga fehlt im Gegensatz etwa zur Champions League ein für solcher Fälle verantwortlicher Match-Delegierter.
Die Zugängsberechtigungen zum Innenraum werden also lediglich von den Ordnern der gastgebenden Vereine überprüft.
Zudem zeigt ein Fall aus der Vergangenheit, dass auch ein gesperrter Spieler Konsequenzen zu befürchten hat, wenn er sich im Innenraum aufhält.
Marco Reus 2019 für ähnliches Vergehen bestraft
Marco Reus tat dies nach einer Roten Karte im folgenden Spiel 2019 gegen Werder Bremen, woraufhin er 5000 Euro an die Sepp-Herberger-Stiftung spenden und sein Klub Borussia Dortmund eine Geldstrafe von 10.000 Euro zahlen musste.
Der zweite Unterschied liegt für die Juristen darin, dass Marco Reus das ganze Spiel über auf der Bank saß, Harry Kane aber nur kurz gegen Spielende im Innenraum stand. Die beiden Fälle sind daher gleich aus mehrerlei Hinsicht nicht miteinander vergleichbar.
Der große Unterschied zu Kane: Reus war nicht gelb-, sondern rotgesperrt, und er stand nicht nur gegen Spielende an der Seitenlinie, sondern saß die komplette Spielzeit auf einer Bank hinter der BVB-Bank.
"Die beiden Fälle sind daher gleich aus mehrerlei Hinsicht nicht miteinander vergleichbar", erklärte der DFB ran gegenüber.
Sofern man die Zusatzbank, auf der Reus saß, zur gesamten Ersatzspielerbank hinzuzählt, wäre der Aufenthalt dort nach der Spielordnung für den Nationalspieler tatsächlich verboten und entsprechend zu sanktionieren gewesen.
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Kannte DFB-Chefankläger die Regeln nicht?
Bei der Begründung für die Ermittlungen widersprach Anton Nachreiner, heute wie damals Vorsitzender des DFB-Kontrollausschusses, allerdings der aktuellen Erklärung von DFB und DFL - oder kannte die Regeln nicht.
"Das ist nicht erlaubt. Ein gesperrter Spieler und auch ein gesperrter Trainer dürfen nicht in den Innenraum“, wurde der Chefankläger von "Sport1" zitiert.
"Von einer weiteren Sperre ist nicht auszugehen, realistisch wäre eine Geldstrafe.“
Und Dortmunds Geschäftsführer Hans-Joachim Watzke, aktuell immerhin Aufsichtsratsvorsitzender der DFL und 1. Vizepräsident des DFB, sagte den "Ruhr Nachrichten": "Uns war schon bewusst, dass das nicht erlaubt ist."
Möglicherweise führt die Konfusion um Kane ja dazu, dass die Juristen die offenkundige Regellücke zum nächstmöglichen Zeitpunkt durch eine entsprechend Änderung schließen werden.