bundesliga
FC Bayern: Manuel Neuer strafte Kritiker schon mehrfach Lügen
- Aktualisiert: 27.10.2024
- 08:54 Uhr
- Carolin Blüchel
Nach dem 1:4 beim FC Barcelona in der Champions League steht besonders Bayern-Keeper Manuel Neuer in der Kritik. Ein Untergangsszenario, das der 38-Jährige schon aus seiner Vergangenheit kennt. Bislang wurde es nie Wirklichkeit.
von Carolin Blüchel
Wenn jeder Schuss ein Treffer ist, so wie bei der 1:4-Klatsche des FC Bayern München beim FC Barcelona in der Champions League, ist Kritik am Torhüter wahrscheinlich folgerichtig. Selbst wenn es sich um Manuel Neuer handelt.
Kann er sein offensives wie riskantes Torwartspiel, das sowohl den Bayern als auch der Nationalmannschaft über mehr als ein Jahrzehnt unzählige Spiele spektakulär gewonnen hatte, auch mit 38 Jahren noch durchziehen? Oder nagt doch irgendwann der Zahn der Zeit?
Ähnlich wie bei einem Stürmer mit vorübergehender Ladehemmung lassen auch bei einem Keeper mit zu vielen Gegentoren prominente Kritiker nicht lange auf sich warten.
"Ich will Manuel nichts Böses. Aber er ist im Moment nicht der Rückhalt für die Mannschaft, wie er es in der Vergangenheit war", urteilte TV-Experte Lothar Matthäus bei "Bild". "Manuel Neuer ist gerade nicht mehr Manuel Neuer. Denn er hält die unhaltbaren Bälle nicht, sein Torwartspiel hat sich verändert."
Etwas plumper formulierte es Ex-Bayer Markus Babbel ebenfalls in "Bild". Neuer spiele, "als hätte er Skischuhe an". Und Trainer-Legende Fabio Capello konstatierte bei "Sky Sports": "Wenn manche Torhüter ein gewisses Alter erreichen, sollten sie den Mut haben, zurückzutreten."
Das Wichtigste in Kürze
Ex-Keeper Weidenfeller nimmt Neuer in Schutz
Rückendeckung erhält Neuer von Ex-Keeper Roman Weidenfeller. Der frühere Nationalmannschaftskollege sei "irritiert über die Kritik", die er für "total überzogen" halte. Schließlich seien Neuers Qualitäten hinlänglich bekannt.
Der 44-Jährige weiß jedoch aus eigener Erfahrung, wie mit zunehmendem Alter "Reaktionsfähigkeit und vielleicht auch das Leistungsvermögen ein bisschen abnimmt". Zwar sei Neuer auch mit 38 Jahren immer noch ein "international total erfahrener Weltklasse-Torwart", aber "die biologische Uhr tickt".
Nun gut, zumindest daran besteht kein Zweifel. Das wissen auch die Bayern, weshalb mit Alexander Nübel der designierte Nachfolger an den VfB Stuttgart nur ausgeliehen ist, also quasi in den Startlöchern steht.
Externer Inhalt
Neuer: Rückendeckung von Sportdirektor Freund
Bislang aber sieht der Rekordmeister keinen Anlass zur Sorge. "Er ist nach wie vor ein sehr großer Rückhalt und eine große Persönlichkeit", reagierte Sportdirektor Christoph Freund bei der Pressekonferenz am Samstag auf die Matthäus-Kritik. Er sei sich ganz sicher: "Es werden wieder Spiele kommen, wo wir wieder anders über unseren Torwart sprechen werden, weil er wieder Spieler für uns gewonnen hat."
Trainer Vicent Kompany verwies derweil darauf, dass nicht eine Person, sondern immer die ganze Mannschaft verliere. Was wie eine Plattitüde klingt, ist in diesem Fall belegbar.
Tatsächlich wurde Neuer zuletzt vor allem das bewusst riskante Spiel der Bayern zum Verhängnis. Sowie die spürbare taktische Überforderung des Innenverteidiger-Duos Upamecano/Kim. Wenn ein Stürmer frei zum Schuss kommt oder gar allein aufs gegnerische Tor zusprintet, hat jeder Keeper eher schlechte Karten.
In diesem Kontext muss man wohl auch die Statistiken lesen, wonach Neuers Paradenquote in dieser Bundesliga-Saison auf 40 Prozent gesunken ist, was für ihn persönlich Platz 20 von 23 eingesetzten Torhütern bedeutet.
Stehaufmännchen Neuer bleibt gelassen
Matthäus sieht allerdings auch individuelle Nachlässigkeiten beim fünfmaligen Welttorhüter. Etwa im Stellungsspiel. Sowohl beim 1:2 in Barcelona als auch beim 0:1 bei Aston Villa machte Neuer demnach eine unglückliche Figur.
Natürlich ist es möglich, dass das Alter eine gewisse Rolle spielt, wenn eine um eine Zehntelsekunde langsamere Reaktion über Wohl und Wehe entscheidet. Gemessen bzw. bewiesen hat dies allerdings niemand.
Der fünfmalige Welttorhüter selbst bleibt bislang gelassen. Vermutlich aus Erfahrung. Zweifel an seiner Form und Fitness kennt er aus der Vergangenheit. Als sich Neuer im April und September 2017 zweimal hintereinander den Mittelfuß gebrochen hatte und die Saison 2017/18 nahezu komplett verpasste, stimmten viele Kritiker erstmals zum Abgesang an. Neuer strafte alle Lügen.
Ebenso als er sich nach einem Unterschenkelbruch im Winter 2022 innerhalb eines Jahres wieder zurück kämpfte, obwohl für zahlreiche Experten das drohende Karriereende im Prinzip alternativlos war.
Bundesliga-Rekorde der Saison 2024/25: Manuel Neuer schlägt den 37. Bundesligisten
Wer zweimal Untergangsszenarien trotzt, dem kann so ein bisschen Kritik nach einer lästigen Champions-League-Pleite wenig anhaben. Wobei auch Neuer weiß, dass er im fortgeschrittenen Torhüteralter mit seinen Kräften haushalten muss. Der Rücktritt aus der Nationalmannschaft war sicher eine Konsequenz dessen. Für einen Abgesang ist es trotzdem zu früh.
FC Bayern plant Vertragsverlängerung mit Neuer
Deshalb planen die Bayern auch, den im Sommer auslaufenden Vertrag mit Neuer um ein weiteres Jahr bis 2026 zu verlängern. Die Unterschriften seien quasi "Formsache", hatte Freund bereits im September angekündigt.
Sollte die Einigung noch vor Weihnachten passieren, wäre es ein starkes Statement – vereinsintern sowie in der Öffentlichkeit. Doch es gilt auch die umgekehrte Schlussfolgerung: Zögern die Bayern wider Erwarten, könnten die kritischen Stimmen beim nächsten Gegentor noch lauter ertönen. Unabhängig ob haltbar oder nicht.