Vincent Kompany ist der nächste Trainer beim FC Bayern München, der sich an einem ganz besonderen Puzzle probieren darf: Wie stellt er das Mittelfeld beim Rekordmeister auf? In den vergangenen Jahren war die Schaltzentrale eines der größten Probleme des FCB.
Dass es dafür keine einfache Lösung gab, hatte mehrere Ursachen. Bei der Kaderplanung wurde zu lange nicht darauf geachtet, bestimmte Spielertypen zu verpflichten. So ging den Münchnern im Spielaufbau ein zweiter Spielmacher neben Joshua Kimmich ab, aber gleichzeitig jemand, der konsequent vor der Abwehr aufräumen kann.
Mit Aleksandar Pavlovic hat man nun einen Spieler, der die spielerische Lücke schließen kann. Und für die Defensivaufgaben wurde Joao Palhinha verpflichtet. Doch die Probleme sind damit noch längst nicht behoben.
Im Testspiel gegen Tottenham setzte Kompany, ob bewusst oder unbewusst, in beiden Halbzeiten auf ganz unterschiedliche Konstellationen. Beide Konstellationen zeigten, worauf es ankommen könnte – und dass auch die Offensivbesetzung eine entscheidende Rolle spielt.
Welche Puzzleteile setzt Kompany wie zusammen – und für welche Situationen innerhalb einer Saison braucht er welche Spielertypen? ran wagt eine Prognose.
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FC Bayern: Bessere Kaderplanung als in den Vorjahren?
Im ersten Durchgang des Testspiels am Samstag setzte Kompany auf Kimmich und Pavlovic, also die beiden Spielmacher. Das machte sich bezahlt. Tottenham presste zwar viel im Zentrum, fand aber keinen richtigen Zugriff, weil die beiden Bayern-Profis pressingresistent genug sind, um die Räume dahinter zu bespielen.
Gerade bei Kimmich zeigte sich, wie gut ihm ein weiterer spielstarker Mittelfeldspieler tut. In der Vergangenheit musste er zu viel Verantwortung im Spielaufbau allein übernehmen. Das führte dazu, dass Gegner ihn recht simpel aus dem Spiel nehmen konnten: Leon Goretzka bekam mehr Freiheiten, um Kimmichs Raum zu verknappen.
Mit Pavlovic an seiner Seite spielte er befreiter, weil sich der Gegner schwerer darauf einstellen konnte, was als nächstes passiert. In der zweiten Halbzeit brachte Kompany dann das komplette Gegenstück: Konrad Laimer, Palhinha und Goretzka. Bayern verlor im Zentrum nahezu jegliche Kontrolle und holte Tottenham so wieder ins Spiel. Ein Bild, das aus der Vergangenheit bekannt ist.
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FC Bayern braucht eine Mischung aus Defensive und Spielfreude
Ein Bild, das aus der Vergangenheit allerdings auch bekannt ist, ist die defensive Anfälligkeit im Sechserraum. Die Verpflichtung von Palhinha hatte gute Gründe. Hier kommt aber ein Dilemma auf Kompany zu: Mit Kimmich und Pavlovic hat er zwar ein spielstarkes, aber kein defensiv überragendes Duo. Palhinha wiederum ist defensiv stark, dafür aber in der Spielgestaltung maximal durchschnittlich.
Kompany muss also gut abwägen, wann er wahlweise auf die Defensivstärke Palhinhas oder einen zweiten Spielgestalter verzichten kann. Presst ein Team gegen die Bayern etwas höher und ist dennoch viel Ballbesitz zu erwarten, wäre das Duo Kimmich/Pavlovic womöglich besser. Erwartet man eher ein Spiel auf Augenhöhe, braucht es wohl Palhinha.
Leon Dajaku unterschreibt in der Wüste: Das wurde aus den ehemaligen Bayern-Talenten
Sanches, Cuisance und Co. - das wurde aus den Ex-Bayern-Talenten Zu Beginn ihrer Karriere galten sie als Versprechen auf eine große Zukunft. Doch beim FC Bayern München verpassten sie den großen Durchbruch. Andernorts nehmen die einstigen Juwele einen neuen Anlauf. ran zeigt, was aus den Münchner Talenten der vergangenen Jahre so wurde. (Stand: 20. März 2025)
Leon Dajaku (Sharjah FC) Mit 23 Jahren zog es Ex-Bayern-Juwel Leon Dajaku nun in die Wüste. Der Offensivspieler unterschrieb einen Vertrag in den Vereinigten Arabischen Emiraten beim Sharjah FC. Der in Waiblingen geborene Deutsch-Kosovare stand zuvor unter anderem bei Hajduk Split, dem AFC Sunderland, Union Berlin und dem VfB Stuttgart unter Vertrag. Für die Bayern-Profis brachte es Dajaku einst nur auf drei Einsätze (kein Tor).
Sinan Kurt (Holzheimer SG) Wenn es um gescheiterte FCB-Talente geht, fällt bei den Kennern ziemlich schnell der Name Sinan Kurt. Ihn holte der FCB aus Gladbach, doch Kurt enttäuschte auf ganzer Linie. Auch später blieb ihm bei weiteren Stationen der Durchbruch verwehrt. Kürzlich unterschrieb der mittlerweile 28-Jährige beim Landesligisten Holzheimer SG. Zuvor war Kurt ein halbes Jahr vereinslos.
Gianluca Gaudino (Alemannia Aachen) Nach zwei Jahren in der Schweiz (Lausanne) und Österreich (Stripfing) kehrte Gianluca Gaudino im Sommer 2024 nach Deutschland zurück. Das einstige Bayern-Juwel unterzeichnete für zwei Jahre beim Drittliga-Aufsteiger Alemannia Aachen. Für den FCB lief er einst elfmal auf, verließ den Verein jedoch 2017 endgültig.
Adrian Fein (SV Waldhof Mannheim) Der gebürtige Münchner ist zuletzt im Sommer 2024 innerhalb der 3. Liga von Verl zu Waldhof Mannheim gewechselt. Zuvor versuchte sich der 26 Jahre alte Mittelfeldspieler in den Niederlanden bei Excelsior Rotterdam. Nachdem Fein beim Hamburger SV und Dynamo Dresden gescheitert war, konnte sich Fein nun in der 3. Liga etablieren.
Renato Sanches (Benfica Lissabon) Beim FC Bayern blieb Renato Sanches der Durchbruch einst verwehrt und auch nach seiner Zeit in München hatte bzw. hat er Probleme, sich auf Top-Niveau zu behaupten. Nach seiner enttäuschenden Leih-Station AS Rom ist der Portugiese nun bei Benfica Lissabon, erneut auf Leihbasis - und soll bei Stammklub PSG keine Zukunft mehr haben. Sanches' Vertrag läuft jedoch noch bis 2027.
Michaël Cuisance (Hertha BSC) Der Franzose wechselte 2019 von Gladbach nach München, fand beim FC Bayern aber nie sein Glück. Für Cuisance reichte es nur zu 13 Pflichtspiel-Einsätzen. Nach mehreren Zwischenstationen wurde der Mittelfeldspieler Anfang 2024 von Venedig nach Osnabrück verliehen. Dort spielte er sich ins Blickfeld, Hertha BSC holte das Ex-FCB-Talent daraufhin in die Hauptstadt.
Lucas Scholl (Wacker Innsbruck) In der Bayern-Zeit von Gaudino und Kurt durfte einst auch Lucas Scholl sein Können unter Pep Guardiola im Training unter Beweis stellen. Obwohl dem Sohn von Bayern-Ikone Mehmet Scholl schon damals großes Talent nachgesagt wurde, blieb ihm die große Karriere verwehrt. Mit 28 Jahren kickt er nun in der Tiroler Regionalliga für Wacker Innsbruck. Zuvor war er unter anderem bei Wacker Nordhausen und dem SV Horn aktiv.
Marco Friedl (SV Werder Bremen) Obwohl es mit dem Durchbruch beim FCB nicht klappte, sind einige Ex-Talente der Münchner heute andernorts gestandene Bundesliga-Profis. Dazu zählt Werder-Kapitän Marco Friedl. Bei den Bayern reichte es einst für den Tiroler zu nur zwei Profi-Einsätzen, mittlerweile hat sich der Verteidiger in Bremen zum Leistungsträger und Anführer entwickelt.
Mitchell Weiser (SV Werder Bremen) Neben Friedl tummelt sich in Bremen mit Mitchell Weiser ein weiteres Ex-Bayern-Talent, das an der Säbener Straße den großen Durchbruch verpasste. Der heute 30-Jährige startete erst nach seinem Bayern-Abgang bei den darauffolgenden Stationen Hertha BSC und Bayer Leverkusen so richtig durch. Für die Bayern-Profis reichte es lediglich zu 21 Pflichtspiel-Einsätzen.
Pierre-Emile Höjbjerg (Olympique Marseille) Mit Pierre-Emile Höjbjerg war ein Ex-Bayern-Juwel viele Jahre Leistungsträger bei Tottenham Hotspur. Der Däne, einst in München unter Pep Guardiola gefördert, verließ die Münchner 2016 in Richtung Southampton, wo er sich schnell einen guten Namen machte. Seit 2020 ist Höjbjerg bei den Spurs unter Vertrag, aktuell aber mit Kaufoption an Marseille verliehen.
Niklas Dorsch (FC Augsburg) Das frühere Bayern-Talent Niklas Dorsch durfte bei den Profis des Rekordmeisters nur in einem Pflichtspiel ran, danach sorgte der Mittelfeldspieler in Heidenheim für den Durchbruch im Profifußball. Über die Zwischenstation KAA Gent und Augsburg landete Dorsch im Sommer 2024 erneut in Heidenheim, kämpft dort aber in dieser Saison nur um den Klassenerhalt. Dorsch' Vertrag läuft bis zum 30. Juni 2028.
Julian Green (SpVgg Greuther Fürth) Der Hype um Julian Green liegt mehr als zehn Jahre zurück. 2014 stand das Ex-FCB-Juwel im US-Kader der WM-Endrunde. Damals erwarteten Experten den Durchbruch Greens in München. Doch daraus wurde nichts. Nach vier Profi-Einsätzen verabschiedete sich Green Anfang 2017, landete über Stuttgart im Sommer 2017 in Fürth. Beim Zweitligisten spielt Green bis heute.
Fiete Arp (Holstein Kiel) Den großen Hype wie bei Green erlebte auch Fiete Arp, als er im Sommer 2019 vom HSV nach München kam. Der damals blutjunge Stürmer konnte die Hoffnungen an der Säbener Straße nicht wirklich erfüllen. Nur ein einziger 13-Minuten-Einsatz steht für den heute 25-Jährigen im Bayern-Trikot zu Buche. Mittlerweile steht Arp beim Bundesliga-Aufsteiger Holstein Kiel unter Vertrag.
Bright Arrey-Mbi (SC Braga) Mit Verteidiger Bright Arrey-Mbi konnte sich zuletzt ein Ex-Bayern-Talent in der 2. Bundesliga in den Fokus spielen. Der 21-Jährige etablierte sich in Hannover und im Sommer 2024 zahlte der portugiesische Klub SC Braga kolportierte 6,2 Millionen Euro Ablöse für den Deutsch-Engländer. Für die Bayern bestritt Arrey-Mbi einst hingegen nur ein Pflichtspiel bei den Profis.
Joshua Zirkzee (Manchester United) Auf 17 Einsätze und vier Tore brachte es Joshua Zirkzee bei den Bayern-Profis. Danach hat sich der Niederländer in Bologna zu einem Topstürmer entwickelt. Im Sommer 2024 folgte für Zirkzee der Karriereschritt zu Manchester United. Von der kolportierten Ablöse in Höhe von 42,5 Millionen Euro flossen Berichten zufolge 50 Prozent an die Bayern. Sportlich läuft es für Zirkzee bei ManUtd durchwachsen, beim kürzlichen FA-Cup-Aus gegen Fulham verschoss er den entscheidenden Elfmeter.
Lukas Mai (FC Lugano) Nach einer Leihe zu Werder Bremen trennten sich im Sommer 2022 die Wege von Lukas Mai und den Bayern. Der Innenverteidiger, der für die FCB-Profis zweimal ran durfte, schloss sich dem Schweizer Erstligisten FC Lugano an. Dort läuft der Vertrag des heute 24-Jährigen noch bis 2025. Die Münchner sollen für Mai damals 1,6 Millionen Euro Ablöse kassiert haben.
Christian Früchtl (US Lecce) Einst wurde Christian Früchtl in München als möglicher Neuer-Nachfolger gehypt. Diesen Vorschusslorbeeren konnte das Torhüter-Talent nie gerecht werden. Bei den FCB-Profis durfte er nur einmal ran - für neun Minuten am 34. Spieltag der Saison 2021/22. Nach der Zwischenstation Austria Wien steht Früchtl seit dem Sommer 2024 bei Serie-A-Klub US Lecce unter Vertrag. Allerdings kommt Früchtl bei den Italienern bislang nicht an Stammkeeper Wladimiro Falcone vorbei, wartet immer noch auf sein Serie-A-Debüt.
Chris Richards (Crystal Palace) Zeitgleich mit Früchtl und Mai verabschiedete sich Chris Richards im Sommer 2022 aus München. Für den damaligen Leih-Rückkehrer aus Hoffenheim sahen die Bayern-Bosse keine Perspektive, verkauften den Innenverteidiger an Crystal Palace. Für die Londoner bestritt der 24-Jährige bislang 52 Premier-League-Partien und hat noch einen Vertrag bis zum Sommer 2027.
Der Bayern-Trainer könnte natürlich auch alle drei spielen lassen: Palhinha als Sechser und Kimmich sowie Pavlovic als Doppel-Acht. Ähnlich wie einst das legendäre Trio von Real Madrid: Casemiro als Abräumer, Luka Modric und Toni Kroos als Taktgeber.
Es wäre keine allzu komplizierte Umstellung auf ein 4-3-3 – aus taktischer Perspektive. Denn personell könnte das offensiv einiges verschieben, was man beim FCB vermutlich ungern verschieben würde.
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Systemumstellung? Vincent Kompany bastelt an der Zukunft
So müsste Jamal Musiala dann nominell auf dem Flügel ran. Taktisch kann man ihn dennoch einrücken und beispielsweise einen Außenverteidiger hoch agieren lassen, um Breite ins Spiel zu bekommen. Nur ist das sicher nicht die optimale Rolle für den 21-Jährigen, den man so oft wie möglich im Zentrum und in der Nähe zum gegnerischen Tor braucht.
Eine weitere Alternative wäre ein 4-4-2 mit Mittelfeldraute. Dann könnte Musiala die Zehnerposition vor den drei Mittelfeldspielern bekleiden. Für den Sturm hätte man mit Michael Olise, Mathys Tel, Leroy Sane, Thomas Müller, Kingsley Coman und Serge Gnabry allerdings eine klare Überbesetzung für nur eine Position neben Harry Kane.
Und trotz all der Kontrapunkte für die verschiedenen Szenarien hat Kompany genau deshalb einen Luxus, den andere Trainer vor ihm gern gehabt hätten. Es ist eine Situation, die ein Topklub benötigt. Der 38-Jährige hat verschiedene Optionen für verschiedene Spielsituationen, während seine Vorgänger oft durch fehlende Spielertypen eher eingeschränkt wurden.
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Leon Goretzka und Konrad Laimer: Einer zu viel beim FC Bayern?
Der Luxus geht so weit, dass man in München eher darüber nachdenkt, noch einen Spieler abzugeben. Denn für Goretzka und Laimer, das wird in der Analyse deutlich, könnte es eng werden. Ihre Stärken liegen vor allem darin, Dynamik in ein Spiel zu bringen. Wenn es temporeich und wild zur Sache geht, können sie im Pressing und Gegenpressing sehr wertvoll sein.
Unter Kompany wollen die Münchner Spiele aber eher aus eigenem Ballbesitz heraus kontrollieren. Das macht es kompliziert, einen Platz für auch nur einen von ihnen in der Startelf zu finden. Laimer verdient weniger, ist tendenziell eher mit einer Reservistenrolle zufrieden und kann zudem auf der rechten Defensivseite aushelfen. Das verschafft ihm einen Vorteil.
Goretzka allerdings lässt sich nur schwer verkaufen. Sein Gehalt (rund 17 Millionen Euro werden berichtet) ist zu teuer für die meisten Interessenten, die ihn verpflichten könnten. Bayerns Nummer acht betonte zudem sehr häufig, dass er sich in München wohlfühlt. Sein Vertrag läuft noch bis 2026.
Das Mittelfeldpuzzle der Münchner bietet weiterhin Herausforderungen. Es bietet aber auch mehr Lösungen an als zuletzt. Noch lässt Kompany nicht durchblicken, welche Lösungen er präferiert. Klar ist aber, dass er das Mittelfeld in beide Richtungen stabilisieren muss, wenn er eine erfolgreiche Zeit in München haben möchte.