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Julian Nagelsmann

Julian Nagelsmann: Neue Gelassenheit, mysteriöse Methoden und keine Bayern-Fehler mehr

  • Aktualisiert: 22.09.2023
  • 19:59 Uhr
  • Andreas Reiners

Julian Nagelsmann soll den deutschen Fußball neun Monate vor der EM im eigenen Land retten. Sein erster Auftritt ließ bereits einige Rückschlüsse zu. ran beantwortet die wichtigsten Fragen.

Von Andreas Reiners und Martin Volkmar

Rudi Völler war komplett irritiert. Long-was?

Longboard - tatsächlich wurde Julian Nagelsmann bei seiner ersten Pressekonferenz als Bundestrainer gefragt, ob er damit zum Training komme.

Der 36-Jährige lächelte und versprach dem DFB-Sportdirektor, ihm die Hintergründe später zu erklären. Und meinte, er werde nicht mit dem Longboard kommen, "das ist ausgeschlossen".

Ganz so witzig, wie sich das anhört, ist es gar nicht, denn solche Auftritte flogen Nagelsmann in der Vergangenheit auch schon mal um die Ohren.

Doch der 36-Jährige ist ein Bauchmensch, der sich gerne von seinen Emotionen leiten lässt. Da kaufe man zwar schon mal eine falsche Hose, scherzte er. Doch Nagelsmann musste gar nicht groß davon überzeugt werden, das aktuell wichtigste Traineramt in Deutschland zu übernehmen.

Der Ex-Bayern-Trainer soll den deutschen Fußball neun Monate vor der EM im eigenen Land retten. Sein erster Auftritt ließ bereits einige Rückschlüsse zu. ran beantwortet die wichtigsten Fragen.

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Julian Nagelsmann: Welchen Eindruck hat er gemacht?

Einen sehr entspannten, gelassenen, aufgeräumten, vor allem erholten. Was nach "ein paar Urlauben", die er gemacht hat, auch nicht verwundert.

Dabei hat er die Zeit auch genutzt, um zu reflektieren, um die Bayern-Zeit aufzuarbeiten und Fehler zu analysieren. Um es in Zukunft besser zu machen. Fehlende Gelassenheit war zum Beispiel einer der Defzite zu Münchner Zeiten.

Gleichzeitig wirkt er motiviert, was die neue Aufgabe angeht, für ihn sei es "ein großes Privileg, ein extremer Anreiz und eine große Herausforderung. Wir gehen es an mit viel Enthusiasmus, großer Vorfreude und dem nötigen Verantwortungsgefühl".

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Neuer-Zukunft: Nagelsmann äußert sich vielsagend

Nagelsmann ist bereit, und mit einer konkreten Idee ausgestattet. Insgesamt ein überzeugender Auftritt, was angesichts der Atmosphäre des allgemeinen Aufatmens und Aufbruchs beim Verband noch ohne sportlichen Druck auch nicht schwierig war. Wie der neue Nagelsmann aussieht, wenn er mit der Erwartungshaltung im Gepäck in die EM-Mission startet, wird sich zeigen.

Julian Nagelsmann: Wie wurde das "Geld-Problem" gelöst?

Die Verantwortlichen beim finanziell angeschlagenen DFB wussten, bei wem sie sich zu bedanken hatten. "Julian selbst und sein Management sind uns unglaublich entgegengekommen, das war so in der Form nicht zu erwarten", sagte Völler: "Auch ein Lob für Bayern München, die haben wunderbar mitgespielt und sind uns und Julian entgegengekommen."

Auf der einen Seite verzichtete Nagelsmann auf Geld, er soll beim DFB 400.000 Euro im Monat bekommen. Beim FC Bayern sollen es rund sieben Millionen pro Jahr gewesen sein, bei einem ursprünglich noch bis 2026 laufenden Vertrag. Der Rekordmeister verzichtete auf eine Ablöse und zahlte Nagelsmann laut "Bild" sogar noch eine Abfindung von 1,5 Millionen Euro.

Im Gegenzug wird es wohl endlich zum schon beim Wechsel von Hansi Flick zum DFB vereinbarte Abschiedsspiel der Nationalelf gegen den Rekordmeister kommen.

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Julian Nagelsmann: Warum hat er nur einen Vertrag bis 2024?

Die kurze Vertragsdauer von nur rund neun Monaten hat zwei Gründe. Zum einen steht die EM 2024 im Fokus, diesem Ziel wird alles untergeordnet. Außerdem will der neue Chefcoach durch seine Arbeit überzeugen, "gegenseitiges Vertrauen" wecken, wie er sagte.

Er hat durch seine Zeit bei den Bayern auf die harte Tour gelernt, dass selbst hochdotierte und langfristige Verträge in dem schnelllebigen Business am Ende nicht einmal das Papier wert sein müssen, auf dem sie gedruckt sind.

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Engagement über die EM hinaus? Nagelsmann schließt nichts aus

"Aber wenn wir im Sommer dasitzen und sagen: 'Das ist sehr erfolgreich', dann ist von meiner Seite nichts ausgeschlossen", stellte er gleichzeitig klar. Für beide Seiten die wohl beste Lösung.

Auch bei der WM 2026 in den USA, Kanada und Mexiko könnte der Bundestrainer also Nagelsmann heißen.

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Julian Nagelsmann: Wie will er den Erfolg zurückbringen?

Nagelsmann gab ein paar Details preis, ließ sich aber nicht komplett in die Karten schauen. Klar ist: Er weiß, was er vorhat. Zum einen geht es natürlich um Emotionen, darum, die Fans zurückzugewinnen. "Wir wollen die Nation auf dem Weg begeistern, aber gerade bei der EM“, betonte er.

Nicht neu ist, dass sich viele Sachen gegenseitig bedingen. Zunächst muss er bei der Mannschaft ansetzen, beim oft fehlenden Spirit, dem Teamgeist. Um einen guten Geist zu entwickeln, sei Selbstvertrauen wichtig, weiß Nagelsmann.

"Es braucht dafür aber auch eine gute Spielidee. Die Idee soll nicht komplex, aber attraktiv sein. Es ist wichtig, dass die Mannschaft etwas hat, woran man sich greifen kann."

Daneben brauche man "eine gute, gesunde Aggressivität in Richtung gegnerisches Tor. Es muss dem Gegner wehtun, gegen uns zu spielen".

Generell habe man eine Struktur entwickelt, wie man das schaffen wolle. "Einfachheit ist da ein wichtiger Punkt. Wir müssen aber auch die Fähigkeit haben, zu adaptieren, wenn es notwendig ist", so Nagelsmann.

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"Brauchen Aggressivität": Nagelsmann erklärt seinen EM-Plan

Und: Ein bewährtes Mittel aus seiner Anfangszeit im Abstiegskampf mit Hoffenheim 2016 soll helfen, die DFB-Auswahl weiter aus der Krise zu befördern. Eine mysteriöse Methode, denn auch hier verriet er keine Details:

"Damals haben wir eine Herangehensweise gewählt, die nicht typisch für den Abstiegskampf war. Nun wollen wir eine Herangehensweise wählen, die für eine Krise untypisch ist. Wir haben eine Vorstellung, wie wir neues Vertrauen wecken können."

Darauf wird es ankommen. Denn mit neuem Vertrauen und einem speziellen Teamgeist kommen Siege und mit ihnen die Stimmung, das Selbstvertrauen wird weiter gestärkt - und so erwischt man vielleicht rechtzeitig zum Turnier einen Lauf.

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Julian Nagelsmann: Wie lautet sein Ziel für die EM und wo sieht er die Mannschaft aktuell?

Ein Lauf ist nötig, um das Ziel bei der EM zu erreichen, das Nagelsmann auf ran-Nachfrage festlegte. "Es ist immer so, wenn man an einem Spiel oder einem Turnier teilnimmt, dass man es auch gewinnen will. Das ist ja selbstredend", sagte er.

Und er erinnerte an 2006, als das DFB-Team in einer ähnlichen Situation steckte und dann das Sommermärchen hinlegte: "Sommermärchen 2.0 ist die Idealvorstellung", so Nagelsmann, der noch nichts dazu sagen wollte, wo er die Mannschaft aktuell sieht, ob nun in der (erweiterten) Weltspitze oder eher wie einige Nationalspieler nach der 1:4-Pleite gegen Japan im tristen Mittelmaß.

"Es ist sinnvoller, nach den Spielen in den USA über den Stand der Mannschaft zu sprechen. Dort will ich mir ein eigenes Bild machen."

Julian Nagelsmann: Wie sieht sein Trainerteam aus?

Sandro Wagner und Benjamin Glück arbeiten als Assistenten an seiner Seite. "Sandro Wagner kenne ich schon lange, er ist ein extrem intelligenter Mann und hat bereits in der Kürze der Zeit als Co-Trainer einen sehr guten Job gemacht. Wie es bei Sandro typisch ist, wurde mein Telefon sehr warm, weil er direkt gebrannt hat", so Nagelsmann über seinen ehemaligen Stürmer.

Mit Glück arbeitet er seit mehreren Jahren zusammen, zuletzt auch beim FC Bayern. Nagelsmann "Der weiß, wie ich ticke. Es ist sehr wertvoll, einen engen Vertrauten zu haben."

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Nagelsmann gibt klares Ziel für Heim-EM aus: "Wollen gewinnen"

Nagelsmann sieht aber auch Völler als Teil des Trainerteams: "Wir werden einen sehr engen Austausch haben, denn ich will seine Erfahrung mitnehmen."

Julian Nagelsmann: Gibt es schon erste Personal-Entscheidungen?

Ja, die gibt es. Ilkay Gündogan bleibt Kapitän, Nagelsmann ist von dem Mittelfeldmann "als Mensch und als Spieler extrem überzeugt. Ich finde die Entscheidung gut".

Bei einer zweiten Personalie ließ er zumindest durchblicken, dass derjenige keinen Freibrief hat. Denn bei Manuel Neuer sei das Allerwichtigste, "dass er gesund wird. Wenn der Fall eintritt, dann werden wir das bewerten".

Parallel lobt er den "Zugriff auf Weltklassetorhüter", den er in Deutschland habe. Klingt eher nach potenziellem Abschied als nach Rückkehr.

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Julian Nagelsmann: Wie blickt er auf seine Bayern-Zeit zurück?

Groß sprechen wollte er über das Ende bei den Bayern nicht mehr, dass er zugab, dass Trennungen nicht schön seien, versteht sich von selbst. Er habe allerdings nicht nur Urlaub gemacht, sondern versucht, sich als Trainer weiterzuentwickeln.

"Ich habe die Zeit genutzt, um die Zeit bei den Bayern zu reflektieren. Ich bin froh, dass ich die Chance habe, die Fehler, die ich bei Bayern gemacht habe, nun nicht mehr zu machen", sagte er.

Die Anreise zum Training hat er ja schon umgestellt.

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Rettig neuer DFB-Geschäftsführer: Wie sich "Schweinchen Schlau" mit dem Establishment anlegt

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<strong>Rettig vs. Establishment</strong><br>Der DFB macht Andreas Rettig zum Bierhoff-Nachfolger und holt sich damit seinen schärfsten Kritiker der letzten Jahre ins eigene Haus. Der 60-Jährige ließ in der Vergangenheit kaum eine Gelegenheit aus, sich mit dem Establishment anzulegen.
© imago

Rettig vs. Establishment
Der DFB macht Andreas Rettig zum Bierhoff-Nachfolger und holt sich damit seinen schärfsten Kritiker der letzten Jahre ins eigene Haus. Der 60-Jährige ließ in der Vergangenheit kaum eine Gelegenheit aus, sich mit dem Establishment anzulegen.

<strong>"König der Scheinheiligen" als Heilsbringer</strong><br>"König der Scheinheiligen", "Schweinchen-Schlau", "Zwecknostalgiker" - Rettig zieht immer wieder Unmut auf sich. Er selbst bezeichnet sich als Traditionalist, den die Kommerzialisierung im Profi-Fußball stört. Die WM in Katar boykottierte er öffentlichkeitswirksam. Zehn Monate später soll ausgerechnet er den DFB-Karren wieder aus dem Dreck ziehen.
© Getty Images

"König der Scheinheiligen" als Heilsbringer
"König der Scheinheiligen", "Schweinchen-Schlau", "Zwecknostalgiker" - Rettig zieht immer wieder Unmut auf sich. Er selbst bezeichnet sich als Traditionalist, den die Kommerzialisierung im Profi-Fußball stört. Die WM in Katar boykottierte er öffentlichkeitswirksam. Zehn Monate später soll ausgerechnet er den DFB-Karren wieder aus dem Dreck ziehen.

<strong>Rettig muss ein Teamplayer sein</strong><br>Das kann nur gutgehen, wenn die Polarisierung aufhört, sagte Grünen-Chef Omid Nouripour im "Doppelpass". "Wenn er sich nicht hinstellt, jetzt komme ich hier und erkläre euch allen, wie es geht. Wenn er ein Teamplayer ist." Das war er in der Vergangenheit nicht immer. <em><strong>ran</strong></em> zeigt eine Chronologie der Rettig-Streitigkeiten.
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Rettig muss ein Teamplayer sein
Das kann nur gutgehen, wenn die Polarisierung aufhört, sagte Grünen-Chef Omid Nouripour im "Doppelpass". "Wenn er sich nicht hinstellt, jetzt komme ich hier und erkläre euch allen, wie es geht. Wenn er ein Teamplayer ist." Das war er in der Vergangenheit nicht immer. ran zeigt eine Chronologie der Rettig-Streitigkeiten.

<strong>Rettig bei der DFL: Fans lieben ihn, Vereine weniger (2013-2015)<br></strong>
Nach Manager-Jahren im Vereinsfußball und Mitwirkung bei der Revolutionierung der Nachwuchsarbeit beim DFB Ende der 90er Jahre übernahm Rettig 2013 den Posten des DFL-Geschäftsführers. Unter seiner Führung verbesserte sich das Verhältnis zu organisierten Fangruppierungen. Mit dem ein oder anderen Verein und mit dem DFB stand er auf Kriegsfuß.
© Thomas Bielefeld

Rettig bei der DFL: Fans lieben ihn, Vereine weniger (2013-2015)
Nach Manager-Jahren im Vereinsfußball und Mitwirkung bei der Revolutionierung der Nachwuchsarbeit beim DFB Ende der 90er Jahre übernahm Rettig 2013 den Posten des DFL-Geschäftsführers. Unter seiner Führung verbesserte sich das Verhältnis zu organisierten Fangruppierungen. Mit dem ein oder anderen Verein und mit dem DFB stand er auf Kriegsfuß.

<strong>Rettig legt sich mit dem DFB an (2013)</strong><br>Als der DFB 2013 nach Robin Dutts Abschied einen neuen Sportdirektor suchte, forderte Rettig Mitspracherecht und zog den Ärger von Präsident Wolfgang Niersbach auf sich: "Wenn nun ein Mann, der noch kein halbes Jahr bei der DFL angestellt ist, so ziemlich alles und jeden in unserem Verband infrage stellt, ist dies anmaßend und völlig unangebracht."
© imago

Rettig legt sich mit dem DFB an (2013)
Als der DFB 2013 nach Robin Dutts Abschied einen neuen Sportdirektor suchte, forderte Rettig Mitspracherecht und zog den Ärger von Präsident Wolfgang Niersbach auf sich: "Wenn nun ein Mann, der noch kein halbes Jahr bei der DFL angestellt ist, so ziemlich alles und jeden in unserem Verband infrage stellt, ist dies anmaßend und völlig unangebracht."

<strong>Rettig verweigert RB Leipzig die Lizenz (2014)</strong><br>2014 verweigerte Rettig als DFL-Geschäftsführer RB Leipzig nach deren Aufstieg die Lizenz für die zweite Liga. Er fürchtete, der von Red Bull gesponserte Verein würde gegen die 50+1-Regel verstoßen. Eine Regel, die besonders Rettig sakrosankt ist. Weil der Lizenzierungsausschuss ihn damals überstimmte, durfte Leipzig auch ohne Rettigs Segen im Bundesliga-Unterhaus antreten.
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Rettig verweigert RB Leipzig die Lizenz (2014)
2014 verweigerte Rettig als DFL-Geschäftsführer RB Leipzig nach deren Aufstieg die Lizenz für die zweite Liga. Er fürchtete, der von Red Bull gesponserte Verein würde gegen die 50+1-Regel verstoßen. Eine Regel, die besonders Rettig sakrosankt ist. Weil der Lizenzierungsausschuss ihn damals überstimmte, durfte Leipzig auch ohne Rettigs Segen im Bundesliga-Unterhaus antreten.

<strong>Rettig verweigert RB Leipzig die Lizenz (2014)</strong><br>Übrigens: Vorstandsboss bei RB war damals Oliver Mintzlaff. Vielleicht eine Erklärung dafür, warum der heutige Red-Bull-Chef Mintzlaff in der Nationalmannschafts-Taskforce unmittelbar nach Rettigs Ernennung das Handtuch warf.
© imago

Rettig verweigert RB Leipzig die Lizenz (2014)
Übrigens: Vorstandsboss bei RB war damals Oliver Mintzlaff. Vielleicht eine Erklärung dafür, warum der heutige Red-Bull-Chef Mintzlaff in der Nationalmannschafts-Taskforce unmittelbar nach Rettigs Ernennung das Handtuch warf.

<strong>Streit um Verteilung der TV-Gelder (2015-2019)</strong><br>2015 löste Rettig auf eigenen Wunsch seinen Vertrag auf. Es zog ihn zurück zum Vereinsfußball und er heuerte als kaufmännischer Leiter beim Zweitligisten FC St. Pauli an. Besser dotierte Angebote aus der Bundesliga soll der Idealist abgelehnt haben. Konsequent ist er immerhin. In seiner Zeit in Hamburg legte er sich erneut mit dem Establishment an. Streitpunkt damals: Die TV-Gelder.
© imago

Streit um Verteilung der TV-Gelder (2015-2019)
2015 löste Rettig auf eigenen Wunsch seinen Vertrag auf. Es zog ihn zurück zum Vereinsfußball und er heuerte als kaufmännischer Leiter beim Zweitligisten FC St. Pauli an. Besser dotierte Angebote aus der Bundesliga soll der Idealist abgelehnt haben. Konsequent ist er immerhin. In seiner Zeit in Hamburg legte er sich erneut mit dem Establishment an. Streitpunkt damals: Die TV-Gelder.

<strong>Rudi Völler vs. "Schweinchen-Schlau" (2015)</strong><br>Rettig kämpfte für eine gerechtere Verteilung der TV-Gelder. Er stellte einen Antrag bei der DFL, wonach investorenunterstützte Vereine künftig keine TV-Gelder mehr erhalten sollen. Damit zog er auch Rudi Völlers Unmut auf sich. Der damalige Leverkusener Sportdirektor bezeichnete Rettig als "Schweinchen Schlau". Nach heftiger Kritik der Bundesliga-Klubs zog Rettig seinen Antrag wieder zurück.
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Rudi Völler vs. "Schweinchen-Schlau" (2015)
Rettig kämpfte für eine gerechtere Verteilung der TV-Gelder. Er stellte einen Antrag bei der DFL, wonach investorenunterstützte Vereine künftig keine TV-Gelder mehr erhalten sollen. Damit zog er auch Rudi Völlers Unmut auf sich. Der damalige Leverkusener Sportdirektor bezeichnete Rettig als "Schweinchen Schlau". Nach heftiger Kritik der Bundesliga-Klubs zog Rettig seinen Antrag wieder zurück.

<strong>"Schweinchen-Schlau" reloaded (2016)</strong>
<br>Wenige Monate später unternahm Rettig einen zweiten Anlauf. Statt des DFL-Vorstandes sollten nun Mitglieder des Ligaverbandes über die Verteilung der TV-Gelder entscheiden. Rummenigge bediente sich bei Völlers "Schweinchen-Schlau"-Zitat und forderte Rettig auf, der DFL das Vertrauen entgegenzubringen, das ihr zusteht.
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"Schweinchen-Schlau" reloaded (2016)
Wenige Monate später unternahm Rettig einen zweiten Anlauf. Statt des DFL-Vorstandes sollten nun Mitglieder des Ligaverbandes über die Verteilung der TV-Gelder entscheiden. Rummenigge bediente sich bei Völlers "Schweinchen-Schlau"-Zitat und forderte Rettig auf, der DFL das Vertrauen entgegenzubringen, das ihr zusteht.

<strong>"Zwecknostalgiker" Rettig kämpft für 50+1 (2018)</strong><br>Im Frühjahr 2018 entschieden sich die deutschen Klubs für die Beibehaltung der 50+1-Regel. Rettig, der sich lautstark gegen Investoren ausgesprochen hatte, wurde von FCB-Boss Rummenigge als "Ideologe" und "Zwecknostalgiker" bezeichnet. Rettigs Konter: "Rummenigge war ein erstklassiger Stürmer." Gemeint war wohl: Aber eben kein erstklassiger Funktionär.
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"Zwecknostalgiker" Rettig kämpft für 50+1 (2018)
Im Frühjahr 2018 entschieden sich die deutschen Klubs für die Beibehaltung der 50+1-Regel. Rettig, der sich lautstark gegen Investoren ausgesprochen hatte, wurde von FCB-Boss Rummenigge als "Ideologe" und "Zwecknostalgiker" bezeichnet. Rettigs Konter: "Rummenigge war ein erstklassiger Stürmer." Gemeint war wohl: Aber eben kein erstklassiger Funktionär.

<strong>Rettig legt sich erneut mit dem DFB an (2018)</strong><br>Im selben Jahr attackierte Rettig den DFB. Im Visier Präsident Reinhard Grindel, der als CDU-Mitglied die parteinahe Konrad-Adenauer-Stiftung beauftragte, die Nationalspieler vor der WM in Russland zu briefen. "Wir brauchen neutrale Instanzen und eine Struktur mit professioneller Führung, die glaubwürdig Werte abseits eigener oder parteipolitischer Interessen verkörpern", forderte Rettig damals.
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Rettig legt sich erneut mit dem DFB an (2018)
Im selben Jahr attackierte Rettig den DFB. Im Visier Präsident Reinhard Grindel, der als CDU-Mitglied die parteinahe Konrad-Adenauer-Stiftung beauftragte, die Nationalspieler vor der WM in Russland zu briefen. "Wir brauchen neutrale Instanzen und eine Struktur mit professioneller Führung, die glaubwürdig Werte abseits eigener oder parteipolitischer Interessen verkörpern", forderte Rettig damals.

<strong>Rettigs Traum, den Fußball menschlicher zu machen (2019)</strong><br>2019 philosophierte Rettig im Interview mit der "taz" über seine Vorstellungen vom Profi-Fußball. So sollten Lizenzierungsverfahren erweitert werden. Nicht mehr nur Erfolg und Wirtschaftlichkeit sollten eine Rolle spielen, sondern auch Nachhaltigkeit und soziale Verantwortung. Weitere Ideen: autofreie Spieltage, Spiele ohne Flutlicht, keine Sponsoren in Stadion-Namen. Nicht alle waren begeistert.
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Rettigs Traum, den Fußball menschlicher zu machen (2019)
2019 philosophierte Rettig im Interview mit der "taz" über seine Vorstellungen vom Profi-Fußball. So sollten Lizenzierungsverfahren erweitert werden. Nicht mehr nur Erfolg und Wirtschaftlichkeit sollten eine Rolle spielen, sondern auch Nachhaltigkeit und soziale Verantwortung. Weitere Ideen: autofreie Spieltage, Spiele ohne Flutlicht, keine Sponsoren in Stadion-Namen. Nicht alle waren begeistert.

<strong>Rettig: Keine Chance gegen Oligarchen und Staatsfonds (2019)</strong><br>Laut Rettig brauche die Bundesliga keine Stars. Sie müsse ihre eigene DNA finden und die nachhaltigste, sozialste und emotionalste Profiliga der Welt werden. Internationalen Erfolg schien er abgeschrieben zu haben. "Man kann einen wirtschaftlichen Wettstreit gegen Oligarchen, Staatsfonds und chinesische Konglomerate aber nicht gewinnen, wenn man wirtschaftlich verantwortungsbewusst handelt."
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Rettig: Keine Chance gegen Oligarchen und Staatsfonds (2019)
Laut Rettig brauche die Bundesliga keine Stars. Sie müsse ihre eigene DNA finden und die nachhaltigste, sozialste und emotionalste Profiliga der Welt werden. Internationalen Erfolg schien er abgeschrieben zu haben. "Man kann einen wirtschaftlichen Wettstreit gegen Oligarchen, Staatsfonds und chinesische Konglomerate aber nicht gewinnen, wenn man wirtschaftlich verantwortungsbewusst handelt."

<strong>Rettig fordert Boykott der WM in Katar (2022)</strong><br>Das größte Ärgernis für Rettig war die Vergabe der WM 2022 nach Katar. Wegen der katastrophalen Menschenrechtslage forderte er den Boykott des Turniers. Der streitbare Funktionär, der zuletzt als Geschäftsführer bei Viktoria Köln tätig war, kritisierte auch das Katar-Sponsoring des FC Bayern, was zu einem wutentbrannten Anruf von Uli Hoeneß im Doppelpass führte, als Rettig dort zu Gast war.
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Rettig fordert Boykott der WM in Katar (2022)
Das größte Ärgernis für Rettig war die Vergabe der WM 2022 nach Katar. Wegen der katastrophalen Menschenrechtslage forderte er den Boykott des Turniers. Der streitbare Funktionär, der zuletzt als Geschäftsführer bei Viktoria Köln tätig war, kritisierte auch das Katar-Sponsoring des FC Bayern, was zu einem wutentbrannten Anruf von Uli Hoeneß im Doppelpass führte, als Rettig dort zu Gast war.

<strong>Hoeneß und Rettig streiten sich im Doppelpass (2022)</strong><br>Hoeneß beschimpfte Rettig als "König der Scheinheiligen", der ja auch im Winter warm dusche und sich damit am Gas der Kataris oder Saudis bediene. Rettig bezeichnete Hoeneß daraufhin als Botschafter von Katar und setzte seinen Boykott öffentlichkeitswirksam um.
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Hoeneß und Rettig streiten sich im Doppelpass (2022)
Hoeneß beschimpfte Rettig als "König der Scheinheiligen", der ja auch im Winter warm dusche und sich damit am Gas der Kataris oder Saudis bediene. Rettig bezeichnete Hoeneß daraufhin als Botschafter von Katar und setzte seinen Boykott öffentlichkeitswirksam um.

<strong>Rettig boykottiert WM in Katar (2022)</strong><br>Statt die Spiele im Fernsehen zu verfolgen, tingelte Rettig durch die Kneipen, die sich dem Boykott mit dem Slogan "Kein Katar in meiner Kneipe" anschlossen. Das Ausscheiden der DFB-Elf verpasste Rettig dem Vernehmen bei einem Weihnachtsmarkt-Besuch in Köln.
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Rettig boykottiert WM in Katar (2022)
Statt die Spiele im Fernsehen zu verfolgen, tingelte Rettig durch die Kneipen, die sich dem Boykott mit dem Slogan "Kein Katar in meiner Kneipe" anschlossen. Das Ausscheiden der DFB-Elf verpasste Rettig dem Vernehmen bei einem Weihnachtsmarkt-Besuch in Köln.

<strong>Wieder Rettig-Kritik am DFB (August 2023)</strong><br>Erst im Sommer hatte Rettig erneut zur General-Kritik ausgeholt. Zielscheibe diesmal erneut der DFB: "Der deutsche Fußball hat irgendwann verpasst, den Hebel umzulegen", sagte er bei "watson". Im Verband habe man in der Nachwuchsarbeit "Dinge zu lange vor sich hergeschoben".
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Wieder Rettig-Kritik am DFB (August 2023)
Erst im Sommer hatte Rettig erneut zur General-Kritik ausgeholt. Zielscheibe diesmal erneut der DFB: "Der deutsche Fußball hat irgendwann verpasst, den Hebel umzulegen", sagte er bei "watson". Im Verband habe man in der Nachwuchsarbeit "Dinge zu lange vor sich hergeschoben".

<strong>Rettig widerspricht Völler (September 2023)</strong><br>Jetzt kann Rettig, der formal Rudi Völler und Hannes Wolf vorgesetzt ist, die Dinge selbst in die Hand nehmen. Dass er sich dabei nicht den Mund verbieten lassen wird, bewies er gleich bei seinem ersten Auftritt in neuer Funktion. Obwohl Völler mehrfach betont hatte, der Bundestrainer-Einsatz gegen Frankreich sei eine einmalige Angelegenheit gewesen, erweckte Rettig einen anderen Eindruck:
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Rettig widerspricht Völler (September 2023)
Jetzt kann Rettig, der formal Rudi Völler und Hannes Wolf vorgesetzt ist, die Dinge selbst in die Hand nehmen. Dass er sich dabei nicht den Mund verbieten lassen wird, bewies er gleich bei seinem ersten Auftritt in neuer Funktion. Obwohl Völler mehrfach betont hatte, der Bundestrainer-Einsatz gegen Frankreich sei eine einmalige Angelegenheit gewesen, erweckte Rettig einen anderen Eindruck:

<strong>Rettig widerspricht Völler (September 2023)</strong><br>"Der Rudi wird’s richten", tönte Rettig am Rande des Eröffnungsspiels der Frauen-Bundesliga. "Wir dürfen nicht alles negativ bewerten. Man sieht, was Rudi mit Handauflegen schafft. Wir sollten die ganze Schwarzmalerei mal sein lassen und nach vorne schauen mit Optimismus."
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"Der Rudi wird’s richten", tönte Rettig am Rande des Eröffnungsspiels der Frauen-Bundesliga. "Wir dürfen nicht alles negativ bewerten. Man sieht, was Rudi mit Handauflegen schafft. Wir sollten die ganze Schwarzmalerei mal sein lassen und nach vorne schauen mit Optimismus."

<strong>"Rettig tut dem DFB gut"</strong><br>Für den früheren Bayern-Star Stefan Effenberg, selbst ein Freund deutlicher Worte, ist die Ernennung Rettigs "keine falsche Entscheidung". "Rettig ist ein streitbarer Charakter, der für Reibung sorgt. So ein Mann tut dem DFB gut. Es ist nicht wichtig, dass es jedem gefällt", so Effe im "Doppelpass".
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"Rettig tut dem DFB gut"
Für den früheren Bayern-Star Stefan Effenberg, selbst ein Freund deutlicher Worte, ist die Ernennung Rettigs "keine falsche Entscheidung". "Rettig ist ein streitbarer Charakter, der für Reibung sorgt. So ein Mann tut dem DFB gut. Es ist nicht wichtig, dass es jedem gefällt", so Effe im "Doppelpass".

<strong></strong><strong>Krach mit Bayern und Leipzig</strong>
<br>Das sehen nicht alle im deutschen Fußball so. So traten am Sonntag Karlheinz Rummenigge und Oliver Mintzlaff aus Verärgerung über die Installation Rettigs aus der DFB-Taskforce zurück. Rummenigge monierte vor allem die fehlende Einbindung bei der "diskussionswürdigen Entscheidung".
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Krach mit Bayern und Leipzig
Das sehen nicht alle im deutschen Fußball so. So traten am Sonntag Karlheinz Rummenigge und Oliver Mintzlaff aus Verärgerung über die Installation Rettigs aus der DFB-Taskforce zurück. Rummenigge monierte vor allem die fehlende Einbindung bei der "diskussionswürdigen Entscheidung".

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