La Liga
Robert Lewandowski in der Krise: Hat sich der Barcelona-Star verzockt?
- Aktualisiert: 07.12.2023
- 11:10 Uhr
- Justin Kraft
Für Robert Lewandowski läuft es beim FC Barcelona derzeit nicht rund. Hat sich der Pole mit seinem Abgang vom FC Bayern München verzockt?
Es schien fast, als hätte Robert Lewandowski im Sommer 2022 alles richtig gemacht. Nachdem er mit dem FC Bayern München nahezu alles erreicht hatte, erzwang er einen Wechsel, um endlich seinen großen Traum zu erfüllen: Einmal in Spanien zu spielen.
Der FC Barcelona ließ sich diese Chance nicht entgehen, zahlte immerhin 45 Millionen Euro für den Polen. Und Lewandowski tat auch bei Barcelona das, was er bei den Münchnern perfektioniert hatte: In 46 Pflichtspielen traf der heute 35-Jährige 33 Mal, legte acht weitere Tore auf.
Schon in dieser Saison ist die Kritik aber gewachsen. "Was ist los mit Robert Lewandowski?" Diese Frage stellte jüngst die spanische Tageszeitung "Sport". Zahlreiche spanische Experten verfolgen die Entwicklung des Stürmers skeptisch. Zuletzt wurden die Gerüchte lauter, dass Barca einen Verkauf oder gar eine Vertragsauflösung erwägen würde.
Jahrelang jagte Lewandowski nicht nur die Bundesliga-Rekorde, sondern vor allem einen Titel: Den Ballon d'Or. "Ich denke, der Weg bei Barca ist kürzer als bei Bayern", sagte er im September 2022 noch im Rahmen einer Länderspielreise mit Polen.
Das Wichtigste zum FC Barcelona in Kürze
Mittlerweile muss man jedoch nicht nur die Frage stellen, was mit Lewandowski los ist, sondern auch jene, ob er sich mit seinem Wechsel verzockt hat.
Robert Lewandowski: Was ist eigentlich los?
In seinen bisher 17 Pflichtspielen traf der Rechtsfuß in dieser Spielzeit erst acht Mal, bereitete vier Tore vor. All die Assists sowie sechs Treffer steuerte er jedoch bis Ende September bei. Seitdem stehen in zehn Pflichtspielen nur noch zwei Tore zu Buche. Zwischendrin verpasste er drei Partien wegen einer Knöchelverletzung.
Mit 0,54 Toren pro 90 Minuten hat der ehemalige Bayern-Star aktuell einen so niedrigen Wert wie schon lange nicht mehr. Gerade im Vergleich zu den 0,7 Toren in der abgelaufenen Spielzeit, vor allem aber zu den 1,13 Treffern in seiner letzten Bayern-Saison wird klar, wie sehr er abgebaut hat.
Auch in anderen Bereichen ist die Entwicklung rückläufig. 3,06 Abschlüsse pro 90 Minuten stehen 3,77 (2022/23) und 4,28 (2021/22) gegenüber. Bei den Expected Goals ist er derzeit mit 0,7 pro 90 Minuten auf einem ähnlichen Niveau wie im Vorjahr (0,7), aber weit entfernt von seinem letzten Wert bei den Münchnern (1,02). Xavi erklärte jüngst, dass sein Stürmer "frustriert und wütend ist".
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Robert Lewandowski: Sportlicher Rückschritt?
Die Gründe für die Krise können verschiedene Ursachen haben. Dass der FC Barcelona aber mannschaftlich nicht die Qualität des FC Bayern hat, wurde nicht zuletzt in den direkten Vergleichen in der Champions League recht deutlich. In der Königsklasse gelang den Katalanen jüngst wenig, national wurde immerhin der eine oder andere Titel gewonnen.
Dennoch ist Barca weit davon entfernt, zu jenem engeren Kreis zu gehören, der in der Königsklasse zu den Favoriten zählt. Wenngleich man dieses Jahr immerhin wieder an der K.o.-Phase teilnehmen wird. Für einen Stürmer wie Lewandowski ist es aber ein spürbares Problem, dass die Qualität um ihn herum abgenommen hat.
Das betrifft nicht nur die individuellen Fähigkeiten der Spieler, sondern auch das Mannschaftsgefüge. Während sich bei den Bayern über Jahre ein fester Kern an Spielern etablierte, gab es in Barcelona von Jahr zu Jahr große Veränderungen – auch in der Führungsetage, inklusive aller Nebengeräusche rund um die finanziellen Sorgen.
Von Spielern wie Lewandowski wird erwartet, dass sie das Team auch dann zum Erfolg tragen. Streng genommen hat er das bis zu seiner diesjährigen Formkrise auch getan. Doch auch die Besten der Besten kommen an ihre Grenzen, wenn es um die letzten Prozent hin zu einer absoluten Spitzenmannschaft geht und zu viel Verantwortung auf ihren Schultern lastet.
Im ersten Jahr hinterließ Lewandowski noch einen guten Eindruck. Das lag aber auch an einer spanischen Liga, die in den vergangenen Jahren an Niveau verloren hat. In Spielen auf höherem Niveau blieb er schon damals häufiger blass. In der Champions League erzielte er fünf Tore, allerdings nur in zwei der insgesamt fünf Einsätze. In drei Partien gegen Real Madrid gelang ihm kein Tor.
Insofern muss sich Lewandowski die Frage gefallen lassen, ob er seinen Wechsel zum FC Barcelona wirklich gut durchdacht hat. Es war absehbar, dass sich der Weg zum Ballon d'Or eher verlängern als verkürzen würde. Was wäre für ihn in der Saison 2022/23 möglich gewesen beim FC Bayern?
Robert Lewandowski: "Mehr zum Menschen geworden"
Lewandowski ist spürbar älter geworden. Er selbst bezeichnet das etwas anders. "Vor Barcelona war ich ein bisschen wie eine Maschine, hier bin ich mehr zum Menschen geworden", erklärte der Kapitän der polnischen Nationalmannschaft im Herbst der "Sport Bild". Und auch seine Wechselmotive erklärte er anders als noch zu Beginn seiner Zeit in Barcelona.
"Bei Bayern war ich in einer Komfortzone", so Lewandowski: "Ich wollte eine neue Erfahrung, bei einem Verein im Umbruch. 35, 40 oder 45 Tore: Dieser Reiz war irgendwann weg." Der Transfer zum FC Barcelona sei sein "Traum, mein nächster Schritt" gewesen.
Zitate, die den Eindruck erwecken, er würde seine Karriere in den USA etwas ausklingen lassen. Dabei stürmt er für den FC Barcelona. Einen Punkt hat er dennoch: Warum weiter einem Titel hinterherjagen, den er weder als Champions-League-Sieger noch als Bundesliga-Rekordtorjäger (41 Tore in einer Saison) erreichen konnte?
Vermutlich wäre er bei der Wahl zum Weltfußballer ohnehin chancenlos gewesen gegen den Weltmeistertitel von Lionel Messi. So wie auch ein überragender Erling Haaland am Argentinier scheiterte.
"Es sind meine letzten Jahre im Fußball", erklärte Lewandowski: "Zwei, vielleicht drei. Ich bin nicht mehr so verbissen wie früher." Letztendlich sagt es mehr über den Status Quo von Barca aus, dass ein Superstar seine letzte Runde bei ihnen drehen möchte, als über den Spieler selbst. Dass er irgendwann abbauen würde, war sowieso klar.
Ebenso wahrscheinlich ist es, dass er aus seinem Formloch herausfinden und wieder regelmäßiger treffen wird. Nur nicht mehr auf Ballon-d'Or-Niveau. Für diesen Titel hätte Lewandowski nach Spanien wechseln müssen, als der Weg zu Individualtiteln von dort aus tatsächlich noch kürzer war. Diese Zeiten sind aber vorbei – ebenso wie seine Zeiten als einer der drei besten Stürmer der Welt.