Formel 1
Formel 1 in Aufruhr: Wie geht es nach dem Wolff-Beben weiter?
- Aktualisiert: 10.12.2023
- 11:39 Uhr
- Andreas Reiners
Die Untersuchungen gegen Toto und Susie Wolff haben die Formel 1 in Aufruhr versetzt. Die ganze Posse wirft einige Fragen auf. ran beantwortet die wichtigsten.
Von wegen besinnliche Winterpause!
Normalerweise bietet die Formel 1 in den Wochen nach dem Finale nur ganz kleines Kino. Man lässt die vergangene Saison Revue passieren, bringt ein paar Dinge in die Spur wie zum Beispiel die sechs Sprintrennen 2024 und feiert sich bei der Gala des Automobil-Weltverbandes FIA selbst.
Alles ganz locker, alles easy, alles entspannt.
Doch in diesem Jahr ist das anders, wofür die FIA selbst gesorgt hat. Denn die Untersuchungen gegen Toto und Susie Wolff haben die Formel 1 nicht nur in Aufruhr versetzt, sondern mehr Fragen aufgeworfen als Antworten geliefert.
ran beantwortet die wichtigsten Fragen.
Formel 1 in Aufruhr: Was ist passiert?
Am Dienstag teilte der Weltverband FIA mit, dass Untersuchungen gegen Toto und Susie Wolff eingeleitet wurden. Der Hintergrund: angebliche Compliance-Verstöße. Konkret soll Toto Wolff als Mercedes-Teamchef Interna von seiner Frau Susie (Chefin der Frauen-Formel-1 "F1 Academy“) zugesteckt bekommen haben.
Sie ist Angestellte des Formel-1-Managements (Formula One Management) und des kommerziellen Rechteinhabers Liberty Media. In der Theorie wäre ein Austausch brisanter Informationen also möglich.
Das Wichtigste in Kürze
Irre: Offenbar war lediglich ein Bericht des umstrittenen Magazins "Business F1" der Auslöser des Ganzen. Unterrichtet wurde über die Ermittlungen übrigens niemand, nicht einmal die Wolffs, die Verantwortlichen der Formel 1 auch nicht.
Zwei Tage nach der Pressemitteilung teilte die FIA mit, dass die Ermittlungen eingestellt wurden. Ergebnislos. Da war der Schaden aber schon längst angerichtet. Was vor allem die Frage aufwirft, warum man zwei Tage vorher das Thema mit großem Tamtam öffentlichkeitswirksam überhaupt erst zu einem gemacht hatte. Da der Bericht ursprünglich kaum Beachtung fand, wäre eine Ermittlung hinter verschlossenen Türen nicht nur die bessere, sondern auch die weitaus fairere Option gewesen.
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Formel 1 in Aufruhr: Was sagen die Wolffs?
Vor allem Susie Wolff reagierte in Statements auf Instagram sehr emotional. Am Freitag veröffentlichte sie eine weitere Erklärung: "Als ich gestern Abend die Erklärung der FIA sah, war meine erste Reaktion: 'Und das soll alles sein?' Seit zwei Tagen werden in der Öffentlichkeit und in Hintergrundbriefings Andeutungen über meine Integrität gemacht, aber niemand von der FIA hat direkt mit mir gesprochen", schrieb Wolff.
Sie kann über die Hintergründe auch nur spekulieren. "Vielleicht war ich ein Kollateralschaden bei einem erfolglosen Angriff auf jemand anderen, oder das Ziel eines fehlgeschlagenen Versuchs, mich persönlich zu diskreditieren. Aber ich habe zu hart gearbeitet, um meinen Ruf durch eine unbegründete Presseerklärung in Frage stellen zu lassen."
Formel 1 in Aufruhr: Wie haben die anderen Teams reagiert?
Mit einer gemeinsamen Erklärung, dass man sich nicht – wie von dem Magazin berichtet – bei der FIA beschwert habe. Sie erklärten sich damit in gewisser Weise auch solidarisch mit den Wolffs.
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"Wir sind große Rivalen auf der Strecke, aber wir haben keine offizielle Beschwerde bei der FIA eingereicht, weder gegen Susie, noch gegen Toto, noch gegen Mercedes“, betonte Red-Bull-Teamchef Christian Horner bei Sky Sport News.
Formel 1 in Aufruhr: Was ist der Hintergrund des Ganzen?
Es werden politische motivierte Gründe vermutet. Denn zwischen der FIA und der Formel 1 schwelt schon länger ein Machtkampf, konkret zwischen F1-Boss Stefano Domenicali und FIA-Präsident Mohammed Ben Sulayem.
Statt mit- wird oft gegeneinander gearbeitet. Möglicherweise war der Vorstoß ein Versuch, den Gegner zu schwächen, die Teams auseinanderzudividieren. Sollte das tatsächlich der Fall gewesen sein, ging der Schuss aber nach hinten los.
Formel 1 in Aufruhr: Was bedeutet das für den Automobil-Weltverband?
Der Weltverband muss jetzt die Scherben aufkehren, ein Imageschaden ist nicht von der Hand zu weisen. Vor allem Ben Sulayem macht in der Affäre keine gute Figur – und das nicht zum ersten Mal.
Die sowieso dauerhaft schwelende Kritik an seiner Person dürfte sich nun neu entzünden. Die Vorwürfe reichen von Fehlentscheidungen bei der Besetzung der Rennleiter über Kompetenzüberschreitungen bis hin zu Sexismus-Vorwürfen. Auch mit der öffentlichen Unterstützung von F1-Bewerber Michael Andretti hatte sich der FIA-Boss unter den Teams keine Freunde gemacht.
Er hat sich (angeblich wie geplant) aus dem Tagesgeschäft zurückgezogen. Trotzdem: "Der schaut nicht aufs Regelwerk, der schaut, wo die Kameras sind", sagte ein namentlich nicht genannter Teamchef der "Sport Bild".
Formel 1 in Aufruhr: Welche Folgen hat die Affäre für die Wolffs?
Oft bleibt bei solchen Untersuchungen etwas hängen, auch wenn sie eingestellt wurden. In diesem Fall könnte der Dilettantismus der Verantwortlichen dafür gesorgt haben, dass die Wolffs tatsächlich komplett unbeschadet aus der Sache herausgehen.
Darauf werden sich Susie und Toto Wolff aber nicht verlassen. "Wir wissen, dass es ein bedeutendes Medieninteresse an den Ereignissen der vergangenen Woche gibt. Wir sind aktuell in Gesprächen mit der FIA über die juristischen Aspekte. Wir erwarten volle Transparenz, was da genau vorgefallen ist und behalten uns rechtliche Schritte vor. Deshalb werden wir die Situation aktuell nicht offiziell kommentieren. Aber wir werden uns zu gegebener Zeit sicher dazu äußern“, teilte Toto Wolff mit.
"Ich habe online Beleidigungen über meine Arbeit und meine Familie aushalten müssen", schrieb Susie Wolff und kündigte an, sie werde "so lange bohren, bis ich herausgefunden habe, wer diese Kampagne angezettelt und die Medien in die Irre geführt hat".
Formel 1 in Aufruhr: Wie geht es weiter?
Das letzte Wort ist nicht gesprochen. Vor allem Toto Wolff ist dafür bekannt, bei Ungerechtigkeiten oder Unwahrheiten unerbittlich zu sein. Er wird die Vorfälle nicht so stehen und nicht auf sich beruhen lassen. Gleiches gilt für seine Frau.
Die Verantwortlichen werden sich nicht nur deshalb erklären müssen. Da sich Ben Sulayem in seiner knapp zweijährigen Amtszeit bereits einige Patzer geleistet hat, könnte seine Personalie auf den Tisch kommen. Möglicherweise sogar schon in den kommenden Wochen.
Von wegen besinnliche Winterpause.