Schiri-legende klärt auf
Schalke 04 benachteiligt? "Keine klare Fehlentscheidung": Schiedsrichter-Experte Urs Meier kritisiert VAR-Einsatz in Kaiserslautern
- Aktualisiert: 11.08.2025
- 17:47 Uhr
- Mike Stiefelhagen
In der 2. Bundesliga müssen sich Zuschauer und Spieler an lange Nachspielzeiten gewöhnen. Dies und weitere Aufreger analysiert Schiedsrichter-Legende Urs Meier im ran-Interview.
Acht Minuten Nachspielzeit bei Bochum gegen Elversberg, sogar zwölf Minuten bei Kaiserslautern gegen Schalke. Die Schiedsrichter in Deutschland wurden vor Beginn dieser Saison angehalten, jede kleine Unterbrechung ordentlich nachspielen zu lassen. Das gefällt nicht jedem.
- FC Bayern vs. RB Leipzig live in SAT.1, ran.de und im kostenlosen Livestream bei Joyn
- HIER KOSTENLOS STREAMEN: VfB Stuttgart vs. FC Bayern
Zudem sorgt ein VAR-Einsatz beim Lautern-Spiel für Diskussionen, genauso wie die zweitschnellste Gelb-Rote-Karte der deutschen Fußballgeschichte bei Bochum gegen Elversberg.
Auch ein blankziehender Fan sorgt für einen kuriosen Elfmeter-Moment in der 3. Liga bei Wiesbaden gegen Verl. Die Aufreger und die neue Schiri-Marschroute ordnet der frühere FIFA-Schiedsrichter Urs Meier im ran-Interview ein.
Neue Regel: Längere Nachspielzeiten in Deutschland
Urs Meier über ...
... die neuen langen Nachspielzeiten (teils über zehn Minuten) in Deutschland: "Die verlorene Zeit soll nachgespielt werden. Dann ist es halt so, dass Spiele mal bis zu zehn Minuten nachgespielt werden. Ist ja auch für die Zuschauer gut, die für ihr Geld Fußball sehen wollen. Es gehört mittlerweile zu Spielen dazu, dass diese richtig nachgespielt werden. Es gibt jedoch ein großes "aber". Denn die Nachspielzeit muss nachvollziehbar sein. Es kann nicht sein, dass der eine Schiedsrichter für die gleichen Unterbrechungen länger oder kürzer nachspielen lässt, als der andere Schiedsrichter. Im Grunde finde ich es aber - vor allem für die Fans - eine gute Sache.
... die Kartenflut in den Spielen seit Saisonstart: "Wir befinden uns zu Beginn einer Saison. Die Schiedsrichter wurden vorab instruiert, die Spieler maximal zu schützen. Das hat oberste Priorität. Von daher kann es sein, dass zum Start einer Meisterschaft etwas genauer und kleinlicher hingeschaut wird. Manche Schiedsrichter sind vielleicht auch neu in der Liga und versuchen, besonders genau beziehungsweise kleinlich zu agieren."
... die Gelb-Rote Karte gegen Elversberg-Verteidiger Jan Gyamerah, nach zwei Vergehen in fünf Minuten zu Spielbeginn: "Die erste Gelbe Karte, auch wenn es in der ersten Spielminute passiert, ist absolut vertretbar. Da geht es auf den Fuß, auf den Mann, genau sowas möchte der Schiedsrichter vermeiden und nicht haben. Von daher finde ich es gut, dass der Referee hier mit der Gelben Karte eine klare Linie direkt aufzeigt. Bei der zweiten Aktion hingegen fehlt mir sehr, sehr viel. Die Hand des Spielers geht nicht zum Ball. Es kann passieren, dass der Ball in der Situation mal an die Hand geht. Das ist einfach kein strafbares Handspiel. Da kann es auch keine Gelb-Rote Karte für geben. Das ist der falsche Maßstab. Kann passieren, aber sollte nicht passieren. Das hat mit der Regelauslegung und mit dem, wo man hin will, nichts zu tun."
Externer Inhalt
Urs Meier wütet gegen VAR-Einsatz bei Lautern gegen Schalke
... den Platzverweis gegen Kaiserslautern-Spieler Leon Robinson, der nach einem VAR-Einsatz auf eine Gelbe Karte zurückgestuft wurde: "Ich frage mich, muss der VAR da überhaupt einsteigen? Denn die Regel sagt, dass der "Video Assistant Referee" nur bei einer klaren Fehlentscheidung einschreiten soll. Und die Rote Karte war überhaupt keine klare Fehlentscheidung. Wie der Lautern-Spieler in diesen Zweikampf reingeht, mit welcher Intensität, mit vollem Tempo, mit gestrecktem Bein, volles Risiko ... wenn der Schalke-Spieler das Bein nicht zurückzieht oder anders getroffen wird, dann ist da ganz, ganz vieles kaputt. Genau das sind eigentlich die Lehrvideos, die die Schiedsrichter kriegen, wo man sagt, da müsst ihr strenger und konsequenter sein. Das kann nicht sein, dass man so in einen Zweikampf geht und so rücksichtlos agiert. Dass man da noch irgendwie den Ball trifft, ist ja schön und gut, aber das ist nicht das Kriterium!
Egal, in welcher Liga oder Wettbewerb. Bei der UEFA, wie beim DFB. Das ist Rot! Und der Schiedsrichter trifft ja auch die richtige Entscheidung. Die Absicht, die Geschwindigkeit, die Rücksichtslosigkeit und die Intensität lassen ja keine andere Schlussfolgerung zu. Warum der VAR ihn da rauszitiert, verstehe ich nicht. Das ist nicht im Sinne des VAR-Erfinders. Da sollen die Schiedsrichter Verantwortung übernehmen. Er hat erst richtig entschieden und sich dann vom VAR täuschen lassen. Das ist nicht gut."
2. Bundesliga: So viel kostet ein Bier und eine Bratwurst in den Stadien
... mögliche Konsequenzen gegen schlechte Schiedsrichter-Leistungen: "Ich finde nicht, dass ein Schiedsrichter sofort Konsequenzen spüren muss, wenn er schlecht gepfiffen hat. Es kann sein, dass er mal in einer schlechten Phase steckt, müde ist oder psychisch müde ist, weil er viele Spiele hat. Dann schützt man den Ref, indem man ihn nicht in der obersten Liga einsetzt oder ein Wochenende frei gibt. Für mich ist ein Schiri wie ein Torhüter. Und wenn ein Keeper ein haltbares Tor reinlässt, weil er nicht den besten Tag hatte, dann wird er auch nicht sofort auf die Bank gesetzt und genießt Vertrauen. Bei Schiedsrichtern ist das zentral. Natürlich muss man Dinge aufarbeiten und ihnen Gelegenheiten geben, auf dem Platz zu performen. Wir müssen da Schiedsrichter stärken."
Nackter Fan bei Elfmeterausführung ein Kuriosum mit Reaktionsmöglichkeit
... die vielleicht fehlende Transparenz / Interviews der Schiedsrichter nach Spielen und Entscheidungen: "Wenn anständig gefragt wird und ein Foul erklärbar ist, dann sollte man sich auch stellen. Auch wenn es mal ein nicht so gutes Spiel war oder man einen Fehler gemacht hat. Steh dazu. Schau es dir nochmal an und revidiere vielleicht auch mal deinen ersten Eindruck. Ich bin ein Befürworter der offenen Kommunikation und verstehe nicht, wenn man Interviews ablehnt. Aber es muss immer auf einer sachlichen Ebene geschehen und der Schiedsrichter muss die Szene nochmal in Ruhe vorgelegt bekommen."
... den kuriosen Fan, der in der 3. Liga beim Spiel Wiesbaden gegen Verl den Schützen ablenken wollte, indem er blank zog: "Auf jeden Fall kurios, das habe ich auch noch nicht gesehen. Genial. Als Schiedsrichter musst du natürlich schauen, ob so eine Aktion den Schützen stört oder überrascht. Das ist wie mit den Laserpointern aus dem Block. Da hat man immer die Möglichkeit, einen Elfmeter wiederholen zu lassen. In diesem Fall auch. Es muss jedoch klar erkennbar sein, dass der Schütze bei der Ausführung gestört oder behindert wurde. Ansonsten kann er hinterher immer lamentieren. Das ist dünnes Eis. Aber die Möglichkeit einer Wiederholung ist gegeben. Ich denke aber, der Schütze war so konzentriert, der hat den nackten Fan gar nicht realisiert. Von daher einfach kurios."