Bundesliga
FC Bayern München: Außenverteidigung wird zur großen Problemzone
- Veröffentlicht: 16.09.2024
- 18:02 Uhr
- Justin Kraft
Der FC Bayern München ist gut in die Saison gestartet. Gerade auf den Außenverteidigerpositionen gibt es aber weiterhin große Fragezeichen – insbesondere nach der Verletzung von Sacha Boey.
Vier Pflichtspiele hat der FC Bayern absolviert, viermal hat Vincent Kompany eine andere defensive Flügelzange aufgestellt. Im Pokal gegen Ulm starteten Raphael Guerreiro und Josip Stanisic, zum Bundesliga-Auftakt in Wolfsburg waren es Alphonso Davies und Sacha Boey.
Gegen den SC Freiburg startete Guerreiro, und rechts gab es eine Hybridlösung ohne echten Rechtsverteidiger.
Beim 6:1-Sieg am Wochenende in Kiel spielten Guerreiro und Boey. Eine große Rolle für die Rotation spielte wohl die schwere Verletzung von Stanisic. Auch taktische Gründe wie gegen Freiburg tragen dazu bei.
Nur sind die defensiven Außenbahnen bisher dennoch eine der größeren Schwachstellen des FCB - und dieser Umstand verschärft sich möglicherweise nun durch den erneut längerfristigen Ausfall von Boey zumindest auf unbestimmte Zeit auch noch.
Gegen den VfL Wolfsburg verschuldete Boey einen Elfmeter, in Kiel war die rechte Seite komplett offen, als das immerhin nicht mehr so wichtige 1:5 aus Bayern-Sicht fiel.
Boey war zu diesem Zeitpunkt allerdings schon ausgewechselt – und wird jetzt wie Stanisic zuvor lange ausfallen. Der 24-Jährige zog sich am Sonntag im Training einen Meniskusriss im linken Knie zu und wurde bereits erfolgreich operiert.
Das Wichtigste in Kürze
Auch gegen Freiburg hätte es mehrfach klingeln können, wenn der Sport-Club seine Räume auf den Außenbahnen besser ausgenutzt hätte. Ob links oder rechts: Die Münchner suchen noch nach Stabilität.
FC Bayern: Positionswechsel als Teil des Problems
Ein Teil des Problems ist im Moment, dass Kompany eine sehr hohe Flexibilität von seinen Spielern verlangt und das noch nicht optimal eingespielt ist. Sowohl in der Arbeit gegen den Ball, wo die Bayern mit sehr strikten Mannorientierungen arbeiten, als auch in Ballbesitz, wo die Außenverteidiger gern mal einrücken, gibt es Situationen, in denen die Instabilität deutlich wird.
Was nicht als Generalkritik am System zu verstehen ist. Die Bayern spielen derzeit so schnell, direkt und intensiv wie schon lange nicht mehr. Doch gerade mit Blick auf die kommenden Gegner wird Kompany Lösungen für die Löcher auf den Außenbahnen finden müssen.
Wobei es nicht nur taktische Gründe hat, dass die Münchner anfällig auf den Flügeln sind. Beim Blick auf die Personallage hat man es vielleicht auch einfach verpasst, auf dem Transfermarkt etwas aktiver zu sein.
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FC Bayern: Die ewige Debatte um Alphonso Davies
Das betrifft vor allem Alphonso Davies, der schon lange seiner Bestform hinterherläuft. Auch in dieser Saison kommt der Kanadier nicht in Fahrt. Seinen Stammplatz scheint er an Guerreiro abgegeben zu haben.
Davies ist defensiv anfällig, hektisch im Umgang mit dem Ball und kann offensiv kaum noch Impulse geben. Angesichts der nun schon über viele Monate hinweg schwachen Leistungen wäre es vielleicht die bessere Möglichkeit gewesen, Davies ein Jahr vor Vertragsende zu verkaufen und sich um eine Alternative zu bemühen.
Zumal Guerreiro zwar ordentlich in die Saison gestartet ist, defensiv aber bekanntermaßen Schwächen hat. Der Portugiese rückt viel in den Halbraum ein, hilft beim Kombinationsspiel und macht generell aktuell nicht viele Fehler. Aber wer auch immer auf der linken Offensivposition spielt, hat größere Schwierigkeiten als sein Pendant auf der rechten Seite.
Das liegt daran, dass Guerreiro nur selten hinter- oder vorderläuft. Meist ist der linke Flügelstürmer auf sich gestellt. Das mag auch mit der taktischen Rolle des ehemaligen Dortmunders zu tun haben, doch mehr als passabel mitzuschwimmen ist derzeit nicht drin. Wenn nun auch noch die Gegner kommen, die mehr Offensivdruck entfachen, wird Guerreiro defensiv wieder mehr gefordert sein.
FC Bayern: Auch rechts nicht sorgenfrei
Auf der rechten Seite sah es bisher etwas besser aus – aber eben nur etwas. Boey war offensiv gut drauf, hatte in Wolfsburg mehrere starke Szenen und war auch in den anderen Einsätzen sehr bemüht darum, seinem Flügelpartner Räume zu schaffen.
Der Rechtsverteidiger zeigt ein gutes Gespür dafür, wann er welchen Lauf machen und wann er defensiv absichern muss. Und doch ist auch er defensiv anfällig. Bei den Gegentoren in Wolfsburg traf ihn jeweils keine Hauptschuld, doch er sah mindestens unglücklich aus. In Kiel gab es noch vor seiner Auswechslung die eine oder andere leicht wacklige Szene.
Entweder weil ihm nach Offensivläufen eine Absicherung fehlte oder weil er im Defensivzweikampf nicht sattelfest genug war. Es sah dennoch danach aus, dass Boey in den kommenden Wochen die Chance bekommen hätte, sich festzuspielen.
Doch Kompany muss schon jetzt wieder umbauen. Konrad Laimer, Joshua Kimmich, Adam Aznou oder doch ein Experiment mit Leon Goretzka? Derzeit ist noch unklar, wie der Belgier auf die erneute Verletzung eines Abwehrspielers reagieren möchte, vor dem Champions-League-Spiel am Dienstag gegen Dinamo Zagreb ließ sich Kompany auch nicht in die Karten blicken.
"Wir haben Möglichkeiten und werden uns heute Abend noch etwas darüber Gedanken machen", sagte Kompany auf der Pressekonferenz der Münchner am Montagabend, "die Verletzung ist natürlich sehr kurzfristig, wir haben also nicht viel Zeit, uns auf diese neue Situation vorzubereiten. Aber wir haben Lösungen, jedoch werde ich es jetzt noch nicht sagen, wer morgen hinten rechts spielen wird".
Klar ist hingegen, dass der Rhythmus wieder unterbrochen wird. Und der FC Bayern eine Quittung dafür bekommt, dass er nach der Stanisic-Verletzung nicht doch noch reagiert hat.
Hoffnungen des FC Bayern liegen bei den Verletzten
So wird Kompany darauf hoffen müssen, dass er bald wieder mehr Optionen für beide Positionen hat. Obwohl Hiroki Ito sich in der Vorbereitung verletzt hat, könnte er langfristig noch sehr wichtig werden. Der ehemalige Stuttgarter kann sowohl innen als auch außen verteidigen.
Auf beiden Positionen wackelten die Bayern mitunter bedenklich. Noch ist unklar, wann Ito konkret zurückkehrt, aber mit ihm wird es eine wichtige zusätzliche Option geben. Nicht nur, weil der Japaner defensiv stärker ist als Guerreiro oder Davies, sondern auch, weil er beim VfB Stuttgart einer der stärksten Aufbauspieler war.
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Eine Qualität, die der aktuellen Abwehr ein wenig abgeht. Zwar muss auch Ito erstmal beweisen, dass er all das auf dem Niveau zeigen kann, das es bei den Bayern braucht, doch die Messlatte ist im Moment eben nicht unerreichbar hoch angesetzt.
Das betrifft auch eine etwaige Rückkehr von Stanisic, die allerdings nicht vor Ende November oder gar Dezember zu erwarten ist.
FC Bayern: Die Abwehr ist der Schlüssel zum Erfolg
Kompany muss bis dahin taktische Lösungen finden, um die Schwächen auf den Flügeln zu verstecken. Solange man offensiv so spielfreudig und gefährlich ist wie zuletzt, ist der eine oder andere Gegentreffer zu verkraften.
Doch die Gegner werden mit Beginn der neuen Champions-League-Saison jetzt stärker. Die Anforderungen an die Außenverteidiger steigen damit. Und damit könnten die Probleme, die sich bisher erst andeuten, dann auch sehr offensichtlich werden.
Mit Joao Palhinha könnte Kompany versuchen, die Defensive aus dem Mittelfeld heraus zu stabilisieren. Gut möglich, dass die Bayern unter ihrem neuen Trainer einfach noch etwas Anpassungszeit benötigen, um alle Abläufe sicher abrufen zu können.
Klar ist aber, dass viele Trainer in den letzten Jahren an der Aufgabe gescheitert sind, Bayerns Anzahl an Gegentoren in der Bundesliga wieder auf unter 30 zu drücken. Es ist vielleicht der wichtigste Schlüssel auf dem Weg zu alter Dominanz. Die Außenverteidiger werden dabei von großer Bedeutung sein – ungünstig, dass viele von ihnen derzeit außer Form oder gar nicht erst verfügbar sind.