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Nick Woltemade gesperrt: Schiedsrichter-Ikone Urs Meier kritisiert Daniel Schlager für Platzverweis gegen VfB-Star
- Aktualisiert: 15.04.2025
- 17:40 Uhr
- Tobias Wiltschek
Das Foul von Nick Woltemade vom VfB Stuttgart an Bremens Mitchell Weiser ist für Ex-Schiedsrichter Urs Meier "nie und nimmer" ein Platzverweis. Der Schweizer nimmt in dem Zusammenhang aber auch die Verbände in die Pflicht.
Das Interview führte Tobias Wiltschek
Die umstrittene Gelb-Rote Karte gegen Nick Woltemade vom VfB Stuttgart im Spiel gegen Werder Bremen (1:2) erhitzte die Gemüter am Sonntagabend.
Mittlerweile haben die Schwaben beim DFB sogar verkündet, Einspruch gegen die Entscheidung und die daraus resultierende Sperre von einem Spiel einzulegen.
Im Interview mit ran kritisiert auch die Schweizer Schiedsrichter-Legende Urs Meier den von Daniel Schlager verhängten Platzverweis gegen den U21-Nationalstürmer.
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Der 66-Jährige gibt aber auch den Verbänden eine Mitschuld daran, dass solche Fouls immer häufiger mit Gelb bestraft werden. Außerdem schätzt er die Chancen der Berufung gegen die Entscheidung ein und äußert sich zu Slavko Vincic, der das Rückspiel des FC Bayern München im Viertelfinale der Champions League bei Inter Mailand (Mi., ab 21 Uhr im Liveticker) pfeifen wird.
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ran: Herr Meier, wie beurteilen Sie die Szene, die zur Gelb-Roten Karte von Nick Woltemade geführt hat?
Urs Meier: Eine Rote Karte muss eine Geschichte haben, es muss genügend Fleisch am Knochen sein. Ansonsten hat man immer Probleme. Ich stelle mir immer die Frage, warum es solche Entscheidungen gibt. Dass das "step on foot", das Auf-dem-Fuß-stehen, mit Gelb geahndet wird, rührt daher, dass auch in den Schulungen immer mit diesen Bildern gearbeitet wird. Im Gesamtkontext muss man sagen, das ist nicht im Sinne des Fußballs. Wenn man wegen einer solchen Lappalie vom Platz fliegen muss, tut das schon weh. Da gibt’s andere Foulspiele mit deutlich höherer Verletzungsgefahr.
Urs Meier: "Nie und nimmer eine Rote Karte"
ran: Das heißt, die Verbände tragen an der Entwicklung auch eine Verantwortung?
Meier: Ja. Da müssen sich die Verbände, die ja diese Weisungen an die Schiedsrichter weitergeben, schon die Frage stellen, ob das tatsächlich im Sinne des Fußballs ist. Ich bin ein großer Verfechter davon, die Gesundheit der Spieler zu schützen. Aber das sind Sachen, die passieren nun mal. Irgendwo muss man seinen Fuß ja auch abstellen. Die Absicht und die Intensität müssen wieder in den Vordergrund gestellt werden. Bewertet man die Aktion mit dem gesunden Menschenverstand, ist das nie und nimmer eine Rote Karte.
ran: Bei Gelben Karten – auch wenn sie zum Platzverweis führen – darf der VAR nicht einschreiten. Hätte er denn ihrer Meinung nach diese Fehlentscheidung verhindert, wenn er hätte eingreifen können?
Meier: Der hat ja dieselben Programme. Der hat ja dasselbe in den Schulungen gelernt: step on foot! Das ist doch genau das Problem. Der hat dann auch noch das Gefühl, das sei Gelb. Die Schiedsrichter haben einfach ihre Bilder, und mit diesen Bildern arbeiten sie. Das ist falsch, das ist einfach grundfalsch!
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VfB-Einspruch: Meier sieht keine großen Erfolgschancen
ran: Der VfB Stuttgart hat nun offiziell Einspruch gegen die Entscheidung und die daraus resultierende Sperre eingelegt. Wie groß ist die Chance, dass er damit Erfolg hat?
Meier: Die ist nicht groß. So sehe ich das zumindest. Ich bin nicht für die Umsetzung der Gesetze zuständig. Aber die gängige Rechtsprechung der FIFA besagt, dass eine Rote Karte immer zu einer Spielsperre führen muss. Von dem her sehe ich da nicht viele Chancen. Aber mal schauen, auch das kann sich in den Jahren ja wieder verändern.
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ran: Schiedsrichter Daniel Schlager kommt aus der Nähe von Karlsruhe, wo der VfB-Rivale KSC beheimatet ist. Außerdem hat er schon mehrmals umstrittene Entscheidungen gegen den VfB gepfiffen. Hätte der DFB das bei seiner Einteilung berücksichtigen müssen?
Meier: Ich glaube, dass die Leute, die die Schiedsrichter einteilen, sie ja gut kennen. Ich habe das selbst drei Jahre lang gemacht in der Schweiz. Ich kenne die Stärken und die Schwächen. Natürlich gibt es immer mal wieder schwierige Konstellationen zwischen Verein und Schiedsrichter. Aber auch solche Sachen müssen ja irgendwann wieder aufgelöst werden. Es kann ja nicht sein, dass man jetzt sagt: "Den setzen wir jetzt in den nächsten zehn Jahren nicht mehr beim VfB Stuttgart ein." Das geht ja auch nicht.
ran: Was schlagen Sie stattdessen vor?
Meier: Man muss einfach auch Vertrauen haben in seine Leute. Man kennt sie auch und fragt sich: Ist er jetzt befangen, weil er vielleicht zwei Spiele hatte, in denen es nicht so gut lief? Dann würde ich ihn jetzt auch nicht sofort wieder einsetzen und mal eine Saison warten. Aber irgendwann muss das ja mal wieder gelöst werden. Da bin ich anderer Meinung. Die Schiedsrichter-Kommission macht sich die Überlegung auch und hat genau gewusst, wen sie da einsetzt.
Bayern-Schiri? "Ein sehr erfahrener und guter Mann"
ran: Die UEFA hat bekanntgegeben, dass der Slowene Slavko Vincic das Rückspiel des FC Bayern bei Inter Mailand pfeift. Ist das eine gute Wahl aus Ihrer Sicht?
Meier: Ja. Er ist ein sehr erfahrener und guter Mann, der über der Sache stehen wird. Er hat das Champions-League-Finale schon gepfiffen (2024, d. Red.). Er gehört zu den top fünf, sechs Schiedsrichtern in Europa. Was will man da mehr aufbieten? Das hat die UEFA übrigens auch sehr gut gemacht. In den Hinspielen haben sie sehr viele junge Schiedsrichter reingeschmissen. Wir hatten da keine Probleme bei all diesen Spielen. Da hat man die jungen Schiedsrichter, wie auch Sandro Schärer aus der Schweiz, aufbauen können. Er hat das Hinspiel in München gegen Inter sehr gut geleitet, würde ich sagen. Und jetzt kommen die erfahrenen Leute für die ganz wichtigen Spiele. Und Inter gegen Bayern ist natürlich ein Riesenknaller. Dafür haben sie mit Vincic schon den richtigen Schiedsrichter aufgeboten.