Nach dem erneuten Rückschlag bei Lazio Rom nimmt die Trainer-Diskussion beim FC Bayern München um Thomas Tuchel Fahrt auf. Wenn die Negativspirale nicht schnell durchbrochen wird, könnte es tatsächlich zur Trennung kommen. Ein ehemaliger Bayern-Trainer wäre frei.
Die Stimmung war schlecht beim nächtlichen Bankett des FC Bayern im Teamhotel Waldorf Astoria.
Die zweite bittere Pleite innerhalb von fünf Tagen schlug den meisten Gästen sichtlich aufs Gemüt, vor allem Spielern und Verantwortlichen. Und auch am nächsten Morgen vor dem Rückflug der Sondermaschine aus Rom war die Laune beim müden Bayern-Tross nicht besser.
Bilder, die die TV-Stationen um die Welt sendeten, und die auch am Tegernsee und in Grünwald ankamen, wo die Aufsichtsräte Uli Hoeneß und Karl-Heinz Rummenigge vor dem Fernseher saßen.
Man kann davon ausgehen, dass Tuchels Verhalten sie ebenso schwer verärgert haben dürfte wie das erneut pomadige und enttäuschende Auftreten der Mannschaft in der zweiten Halbzeit.
Und die beiden Ex-Bosse, das zeigt die jüngere Vergangenheit, sollte man besser nicht verärgern. Auch wenn sie nominell nicht mehr den Verein führen, so zieht vor allem Hoeneß weiter die Strippen im Hintergrund.
Doch der Fragesteller hakte nach. "Glauben Sie, dass Sie noch der richtige Trainer für diese Mannschaft sind?" Tuchel reagierte unwirsch. "Ich würde gerne über das Spiel sprechen", sagte er. Und auf die neuerliche Nachfrage etwas lauter: "Ich habe mit Nein geantwortet." Punkt.
Tuchels fehlende öffentliche Bekenntnisse, der Aufgabe noch gewachsen zu sein, spricht für sich. Zumal die Diskussion um den rat- und erfolglosen Coach ohnehin voll entbrannt ist.
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FC Bayern München hat die schlechteste Bilanz seit neun Jahren
In der Öffentlichkeit, bei den Fans und auch in Teilen des Vereins wird die Debatte jedoch längst geführt, denn die jüngsten Zahlen sind verheerend: Erstmals seit neun Jahren verloren die Bayern zwei Pflichtspiele in Serie ohne eigenen Treffer, kein einziger Schuss in Rom ging überhaupt aufs Tor.
Darüber hinaus war es die die zehnte Niederlage in Tuchels 43. Pflichtspiel als Bayern-Coach. Der vor rund zehn Monaten gefeuerte Vorgänger Julian Nagelsmann kassierte die zehnte Pleite erst in seinem 84. Spiel. "Wir haben einige Baustellen“, gab Tuchel zu.
Nach dem erneuten spielerischen Offenbarungseid der Münchner, die in diesem Jahr noch keinmal überzeugen konnten, droht für ihn ein Ende mit Schrecken – obwohl die Vereinsspitze ursprünglich mindestens bis zum Sommer mit dem bis 2025 vertraglich gebundenen Tuchel weiterarbeiten wollte, um dann Bilanz zu ziehen.
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Tuchel beim FC Bayern bei weiteren Pleiten vor dem Aus
Doch die Talfahrt der vergangenen Wochen, vor allem aber die beiden jüngsten Rückschläge, haben zu einer fußballtypischen Eigendynamik geführt.
Patzt Bayern auch am Sonntag in Bochum oder eine Woche später zu Hause gegen Leipzig (wie zuletzt im August beim 0:3 im Supercup), könnte Tuchels Aus sofort vollzogen werden.
So hätte die Klubführung wenigstens ein bisschen Zeit, um eine Interimslösung zu finden. Denn gegen einen schnellen Rauswurf spricht auch die Tatsache, dass sämtliche aktuelle Co-Trainer mit Tuchel gekommen sind und sich auch im gesamten Unterbau des Rekordmeisters kein geeigneter Übergangscoach findet.
FC Bayern München: Rückkehr von Hansi Flick scheint denkbar
Auch die meisten Trainer auf dem Markt wie Jose Mourinho, der seit längerem deutsch lernt, wirken nur wie eine Notlösung. Am ehesten denkbar scheint eine Rückkehr von Hansi Flick, möglicherweise zusammen mit Klublegende Herrmann Gerland als Assistent.
Schließlich führte das Duo, das auch wegen des mittlerweile geschassten Ex-Sportvorstands Hasan Salihamidzic die Bayern verließ, die Mannschaft vor gerade mal vier Jahren zu sechs Titeln, Champions League und Weltpokal inklusive.
Ungeachtet seiner katastrophalen Bilanz als Bundestrainer war Flick selbst mit dem Gewinn von "nur" der Meisterschaft in seiner zweiten und letzten Saison 2020/21 genauso erfolgreich wie Nagelsmann und Tuchel in den beiden Spielzeiten danach.
Und die Meinungsverschiedenheiten mit Klubpatron Hoeneß bei seinem Abschied sollen mittlerweile bereinigt sein.
FC Bayern München: Klopp oder Alonso im Sommer als Lösung?
In diesem Fall hätte der Verein vor allem Zeit gewonnen, das Minimalziel Champions League sollte angesichts von jetzt schon 13 Punkten auf Platz fünf in jedem Fall erreicht werden. Und im Sommer könnte man dann schauen, welche Chancen man bei den Wunschkandidaten Jürgen Klopp und Xabi Alonso hätte.
Wobei derzeit wenig für einen der beiden Toptrainer an der Säbener Straße spricht. Klopp will definitiv eine mehrmonatige Auszeit nehmen, Alonso wird nach Meinung von Insidern entweder seine erfolgreiche Arbeit in Leverkusen fortsetzen oder als Klopp-Nachfolger nach Liverpool gehen. Flick wäre daher sicher mit der Aussicht zu ködern, wieder zur Dauerlösung zu werden.
Rückholaktionen erfolgreicher Trainer haben bei Bayern ja Tradition, zweimal gab Jupp Heynckes sein Comeback, einmal Ottmar Hitzfeld. Für beide sprach wie bei Flick vor allem ihr Ruf als Spielerversteher und Menschenfänger.
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Tuchel beim FC Bayern München: Verhältnis zur Mannschaft angespannt
Tuchel wird man dieses Attribut nicht geben. Im Gegenteil. Vielmehr hat er zahlreiche Führungsspieler wie Joshua Kimmich, Leon Goretzka oder Matthijs de Ligt öffentlich demontiert und gegen sich aufgebracht. Das Verhältnis zur Mannschaft gilt mindestens als angespannt.
Auch wenn den Verantwortlichen nach den aktuellen Entwicklungen klar ist, dass es zur neuen Saison einen massiven Umbruch im überteuerten Kader mit zu vielen hochbezahlten Mitläufern geben muss, wird das Tuchel nicht retten.
Dass ein Aussetzer von Dayot Upamecano für die Niederlage verantwortlich war, passte ins Bild des verkorksten Abends im Stadio Olimpico. Das unnötige Foul des Franzosen an Isaksen führte zum Elfmeter, den Ciro Immobile zum Siegtreffer verwandelte (69.).
"Das ist zu wild", lautete Tuchels klares Urteil. "Die zweite Halbzeit macht mich ratlos, warum wir in der zweiten Hälfte so den Faden verloren haben."
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FC Bayern München: Negativserie spricht gegen das Weiterkommen
Es war allerdings nicht der erste Patzer von Upamecano, der unter anderem im Vorjahr gegen Manchester City entscheidende Fehler begangen hatte. Damals scheiterte der FC Bayern immerhin im Viertelfinale am späteren Champions-League-Sieger, nun droht schon im Achtelfinale das Aus gegen den Tabellenachten der Serie A, gegen den ein Weiterkommen eigentlich Formsache sein sollte.
Entsprechend wichtig war es Jan-Christian Dreesen auf seiner kurzen Bankettrede der Hinweis, dass im Rückspiel am 5. März noch alles drin sei. "Das ist die Botschaft, die wir mitnehmen müssen. Unsere Mannschaft hat die Qualität", sagte der Bayern-Chef.
Zuletzt allerdings ist der FCB nach einer Niederlage im Hinspiel sieben Mal in Folge in der K.o.-Phase der Königsklasse ausgeschieden ist. Sollte das auch diesmal passieren, dürfte der Trainer kaum mehr zu halten sein.