Europameisterschaft 2024
EM 2024: Weltfußballer Dani Carvajal? Eine Farce auf vielen Ebenen - Kommentar
- Aktualisiert: 06.10.2024
- 11:39 Uhr
- Martin Volkmar
Nach dem EM-Triumph fordern Fans und Medien in Spanien den Weltfußballer-Titel für den Außenverteidiger von Champions-League-Sieger Real Madrid. Doch das ist nicht nur aus sportlichen Gründen eine Schnapsidee. Ein Kommentar.
Von Martin Volkmar
Für manche mögen die Forderungen überraschend kommen, doch spätestens seit dem Sieg im Finale sind sie in Spanien an der Tagesordnung.
Schon direkt nach dem 2:1 gegen England wurde Dani Carvajal danach gefragt, ob er nun nicht den Ballon d’Or bekommen müsse.
Am Tag danach gingen mehrere Medien sogar noch einen Schritt weiter und forderten die Auszeichnung für den besten Spieler des Planeten für den Rechtsverteidiger von Real Madrid.
"Carvajal muss ohne Zweifel Weltfußballer werden", kommentierte "As", die zweitgrößte Sportzeitung des Landes.
Und der spanischsprachige Ableger von "ESPN" sieht den 32-Jährigen zumindest in der engeren Auswahl.
Sogar der renommierte britische "Independent" schloss sich an: Carvajal habe durch den Sieg im EM-Endspiel "jede Berechtigung" auf den Goldenen Ball.
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Imposante Titelsammlung spricht für Carvajal
Die imposante Titelsammlung allein in dieser Saison spricht in jedem Fall für den höchstwahrscheinlich künftigen Kapitän der "Königlichen":
Im Gegensatz zu den beiden anderen Real-Spielern im spanischen Kader, Nacho und Joselu, gewann nur Carvajal als Stammspieler sowohl die Europameisterschaft als auch die Champions League (und obendrein die nationale Meisterschaft).
Insgesamt kann er zudem auf eine beeindruckende Sammlung von 29 Titeln verweisen, darunter sechsmal die Königsklasse und fünfmal den Weltpokal.
Rechts hinten ist Carvajal im Verein und Nationalteam defensiv eine Bank und offensiv trotz seiner nur 173 Zentimeter extrem torgefährlich.
Im Champions-League-Finale gegen Borussia Dortmund (2:0) erzielte er per Kopf nach einer Ecke den vorentscheidenden Führungstreffer und wurde zum "Man of the Match" gewählt.
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Carvajal: Individuell sind viele besser
Doch trotz allem wäre eine Wahl Carvajals ein falsches Signal. Weil es individuell bessere Akteure gibt, allen voran seine Real-Teamkollegen Vinicius Jr. und Jude Bellingham und Nationalmannschafts-Mitspieler Rodri.
Cavajal hingegen ist gegen gute Gegenspieler oft überfordert und weiß sich dann nur mit teilweise grenzwertigen Fouls zu helfen.
Exemplarisch dafür stand seine überharte Wrestling-Attacke in der Nachspielzeit des EM-Viertelfinals gegen Jamal Musiala, die am Rande einer Tätlichkeit war und für die er mit Gelb-Rot noch glimpflich davonkam.
Bei einer direkten Roten Karte wäre Carvajal im Finale gesperrt gewesen, so aber musste er nur im Halbfinale zuschauen – was ihm nach seiner zuvor erhaltenen zweiten Gelben Karte im Turnier ohnehin klar war.
Carvajal: Pitbull und Provokateur
Gleichwohl wurde er danach in Spanien gefeiert, auch bei der Siegesfeier am Montag in Madrid, bei der ihn Kapitän Alvaro Morata zu Recht als "Pitbull" vorstellte.
Oder wie es die "taz" schon vor längerer Zeit schrieb: "Ein Wiedergänger von Uli Borowka", der seinen Gegenspieler "in die Werbebande knallt oder ihm die Schienbeine blau massiert".
Auch der "kicker" bezeichnete Carvajal als "Provokateur": "Fairness ist nicht gerade ein Markenzeichen des Polizistensohns."
Doch nicht nur die im Vergleich zu den Topstars begrenzte individuelle Qualität und sein regelmäßiges unsportliches Verhalten sprechen gegen einen Weltfußballer-Titel.
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Carvajal: Auch außerhalb des Platzes ganz rechts
Auch sein Verhalten außerhalb des Platzes ist grenzwertig, denn politisch scheint sich Carvajal ebenfalls ganz rechts wohlzufühlen.
So wollte er Nationalspielerin Jenni Hermoso nach der Kussattacke des ehemaligen Verbandschefs Luis Rubiales nicht als Opfer bezeichnen - weil man nicht wisse, was genau passiert sei.
Und während der EM kritisierte Carvajal die französischen Nationalspieler um seinen neuen Real-Kollegen Kylian Mbappe für deren Positonierung gegen die extreme Rechte um Marine Le Pen: "Als Spieler behalte ich meine politische Ideologie für mich."
Carvajal: Eklat beim Empfang des Ministerpräsidenten
Was den stellvertretenden Kapitän der Nationalmannschaft aber nicht davon abhielt, beim Empfang der Europameister durch den sozialistischen Ministerpräsidenten Pedro Sanchez im Regierungspalast beim Handschlag an diesem demonstrativ vorbeizuschauen.
Ein Eklat und mindestens schlechte Kinderstube, für die Carvajal danach im Netz von spanischen Rechtsradikalen gefeiert wurde.
Allein dieses Verhalten zeigt, dass Carvajal trotz seiner sportlichen Erfolge kein Vorbild ist und deshalb auch kein ernsthafter Kandidat für den Goldenen Ball sein darf.