WM 2026 in Gefahr
Marc-Andre ter Stegen feiert Comeback beim FC Barcelona – muss aber eine Entscheidung treffen, bei der er nur verlieren kann
- Aktualisiert: 17.12.2025
- 22:22 Uhr
- Justin Kraft
Marc-Andre ter Stegen bekam im spanischen Pokal die Möglichkeit, sich zu präsentieren. Er nutzte sie – und muss dennoch eine wegweisende Entscheidung für seine Karriere treffen.
In der 79. Minute des Pokalspiels zwischen dem Drittligisten CD Guadalajara und dem FC Barcelona hätte die Geschichte von Marc-Andre ter Stegen eine weitere dramatische Wendung nehmen können.
Der 33-Jährige durfte mal wieder in einem Pflichtspiel ran und die Katalanen taten sich schwer. Es war ein Pokalfight aus dem Lehrbuch: Das enge Stadion war bis auf den letzten Platz gefüllt und der Underdog hielt lange die Null. Bis zur 76. Minute.
Dann erlöst ein Kopfball von Andreas Christensen den spanischen Meister. Doch nur drei Minuten später wird ter Stegen in besagter 79. Minute erstmals so richtig auf die Probe gestellt.
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Salifo Caropitche versucht es mit einem strammen Schuss aus der Distanz. Der Ball ist nicht perfekt platziert, aber scharf und er dreht sich leicht vom Zentrum des Tors weg. Ein Ball, den ein Keeper des Formats von ter Stegen halten muss. Aber auch einer, der an einem schlechten Tag durchrutschen kann.
Und von diesen schlechten Tagen hatte der Deutsche in diesem Jahr einige – wenn auch abseits des Fußballplatzes. Verletzungen, der Rosenkrieg im Sommer, der vom FC Barcelona angetrieben, vom ehemaligen Gladbacher aber auch kämpferisch angenommen wurde, und nicht zuletzt Aussagen von Bundestrainer Julian Nagelsmann, die klarmachen: Sein Stammtorhüter bei der WM 2026 muss relevante Spielzeit vorweisen können.
Und dann kommt eben dieser Ball auf ihn zugeflogen. Nachdem das Jahr so lief, wie es eben lief und er kaum die Gelegenheit dazu bekam, im Spiel auf Betriebstemperatur zu kommen. Doch ter Stegen blieb standhaft, riss seine Arme reaktionsschnell hoch und parierte souverän. Auch der lasche Nachschuss stellte kein Problem für ihn dar.
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Die kommenden Wochen allerdings, die stellen gewiss ein Problem dar. Der Nationalkeeper muss eine für seine Karriere wegweisende Entscheidung treffen.
Hansi Flick stellt Marc-Andre ter Stegen keine weiteren Einsätze in Aussicht
Beim FC Barcelona wird er auf absehbare Zeit keine weiteren Einsätze mehr bekommen. Das stellte Hansi Flick nach dem Pokalspiel klar: "Wir haben uns im Trainerteam ausgetauscht und gesagt: Okay, wir geben ihm die Möglichkeit, um zu zeigen, dass er zurück ist. Aber es ist für dieses Spiel, das ist alles, mehr nicht."
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Der einstige Bundestrainer fand rund um diese klare Ansage auch positive Worte, machte aber unmissverständlich klar, dass seine Entscheidung feststeht. Es ist bemerkenswert, was in den letzten anderthalb Jahren in Barcelona passiert ist – und sich eigentlich auch schon vorher anbahnte.
Die Stimmung rund um den deutschen Torhüter ist komplett gekippt. Stellvertretend dafür ist ein spanischer Influencer, der aktuell Gerüchte streut, dass ter Stegen ein "Maulwurf" in der Kabine sei, der Interna nach außen steckt. Rafael Hernandez, selbst ernannter Journalist und Influencer ohne seriöse Medienreferenzen, aber mit rund 150.000 Followerinnen und Followern auf der Plattform "X", schreibt häufiger über Details aus dem Inneren des Vereins.
Seine Trefferquote ist ähnlich zu der vieler anderer "Insider" in den sozialen Netzwerken: Eine gewisse Streuung ist vorhanden. Viel interessanter als die Gerüchte ist aber die Entwicklung seiner Position zu ter Stegen im Laufe der Zeit. Im August 2020 kommentierte er einen Post des Deutschen: "Du bist einer der wenigen Spieler, die bleiben sollten. Du bist zukünftiges Kapitänsmaterial, geh nicht!"
Damals steckte Barca in einer tiefen Identitätskrise. Ter Stegen galt nicht nur bei Hernández als großer Hoffnungsträger und Lichtblick. So wie sich der Influencer zwischen damals und heute sukzessive gegen den Torwart gewendet hat, haben es viele Barca-Fans getan.
Ter Stegen: Auch viele Barca-Fans haben ihm den Rücken gekehrt
Doch warum eigentlich? Noch in der Saison 2022/23 wurde ter Stegen in Spanien mit der Alfredo-Di-Stefano-Trophäe für den besten Spieler und der Zamora-Trophäe für den besten Torhüter ausgezeichnet. Seine Leistungen waren überragend – sowohl im klassischen Torwartspiel als auch im Aufbauspiel.
Im Weltfußball war er lange der einzige Torhüter, der mit dem Ball am Fuß mit Manuel Neuer mithalten konnte. Rund um den Formverlust des Bayern-Keepers gab es in Deutschland immer lautere Forderungen, ter Stegen zur Nummer eins zu machen. Doch zunächst Flick und dann Julian Nagelsmann entschieden anders.
Es folgten Verletzungen. Rückenverletzung mit 19 verpassten Pflichtspielen für Land und Klub im Winter 2023/24, Patellasehnenriss 2024/25 mit 51 verpassten Spielen und zuletzt eben die Rückenverletzung, die ihn 22 Spiele und endgültig seinen Stammplatz kostete. Wobei in Spanien immer wieder gemunkelt wird, dass Barcas finanzielle Situation nicht unwesentlich für das Verhalten des Klubs ist. Die Vehemenz, mit der der Deutsche im Sommer öffentlich teilweise bloßgestellt wurde, ist zumindest ungewöhnlich.
Ein weiterer Faktor soll das Verhältnis zu Flick sein. Ter Stegens Agent soll in der vergangenen Saison laut der "Sport" gefordert haben, dass sein Klient im wichtigen Champions-League-Spiel gegen Inter Mailand spielt – es wurde demnach auch mit einem Boykott des Spiels gedroht.
Familie oder WM 2026? Ter Stegen muss eine Entscheidung treffen
Was an all diesen Geschichten wirklich dran ist und was nicht, wird sich vermutlich nicht mehr aufklären. Zu wild sind die Geschichten, zu unterschiedlich die Stoßrichtungen, zu viele verschiedene Agenden sind im Spiel. Fakt ist aber, dass ter Stegen in Barcelona keine sportliche Zukunft mehr hat. Er steht in diesem Winter also vor einer kniffligen Wahl: WM-Chance nutzen oder die Familie priorisieren?
Denn ein Aspekt kommt bei allen Forderungen und Handlungsempfehlungen von außen zu kurz: Der 33-Jährige hat zwei noch sehr junge Kinder. Sein erster Sohn wurde im Dezember 2019 geboren, sein zweiter im Jahr 2024. Hinzu kommt die Trennung von der Mutter der beiden Kinder vor wenigen Monaten.
In Spanien gibt es kaum realistische Anlaufstationen auf ausreichend hohem Niveau für ihn. Ein Umzug mit größerer Distanz würde wohl auch bedeuten, dass er familiär Kompromisse eingehen müsste.
Das macht die Gesamtsituation für ter Stegen nicht einfacher. Will er die Weichen auf eine WM-Teilnahme stellen, muss er sich sehr bald entscheiden. Ein Verbleib beim FC Barcelona würde bedeuten, dass er bis zum Sommer schlimmstenfalls kein einziges Spiel mehr macht.