Gala im Supercup
FC Bayern München: Manuel Neuer erlebt dritten Frühling und muss in dieser Form mit zur WM - ein Kommentar
- Aktualisiert: 17.08.2025
- 22:40 Uhr
- Chris Lugert
Manuel Neuer befindet sich mit seinen 39 Jahren aktuell in einer absoluten Topform, im Supercup gegen den VfB Stuttgart reagierte der Bayern-Keeper mehrfach herausragend. Bundestrainer Julian Nagelsmann sollte dringend zum Telefon greifen. Ein Kommentar.
Von Chris Lugert
Wer die Karriere von Manuel Neuer verfolgt hat, der weiß, dass es Situationen gibt, die typisch sind für den mehrfachen Welttorhüter. Dazu gehören seine Ausflüge Richtung Mittelfeld, die er zu seinem Markenzeichen förmlich zelebriert und damit das Torwartspiel in Gänze revolutioniert hat.
Aber auch Reflexe, die so kein anderer Torwart im Repertoire hat, zeichnen Neuer aus. Reflexe wie jener im Franz Beckenbauer Supercup gegen den VfB Stuttgart, als er einen abgefälschten Schuss von Jamie Leweling mit einer monströsen Klärungsaktion geistesgegenwärtig über den Kasten lenkte und damit den 1:1-Ausgleich verhinderte.
Es war der Höhepunkt einer einmal mehr beeindruckenden Leistung (ran-Note 2). Denn schon früher im Spiel vereitelte er eine Großchance von Nick Woltemade exzellent, auch sonst stand das Spiel ganz im Zeichen von einem "Vintage Neuer". Plötzlich hält er wieder die Unhaltbaren - eine Qualität, die ihm zwischenzeitlich abhandengekommen schien.
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Nicht nur deshalb rückte die Suche nach einem Nachfolger beim FC Bayern immer mehr in den Fokus. Aktuell werden Jonas Urbig die besten Chancen zugerechnet, in dieser Saison sollte der Youngster eigentlich eine Art Jobsharing mit Neuer betreiben. Dieses Vorhaben jedoch dürfte sich aktuell als schwierig umsetzbar entpuppen.
Denn dieser Neuer muss eigentlich immer spielen, zumal das Spiel im Supercup kein Ausreißer war. Schon bei der FIFA Klub-WM zeigte er starke Leistungen, ganz im Sinne eines guten Weines scheint er mit zunehmender Reife an Qualität zuzulegen. Was für die Bayern aktuell gute Nachrichten sind, könnte für Bundestrainer Julian Nagelsmann aber ein Problem werden.
Wie bei Toni Kroos! DFB-Comeback von Manuel Neuer muss eine Option sein
Nagelsmann war in Stuttgart vor Ort und wurde Zeuge der Gala des Torwarts. Neuer selbst wischte im ran-Interview ein mögliches Comeback im DFB-Team zur Seite, doch was wäre, wenn Nagelsmann tatsächlich anrufen würde?
Seinem eigenen Credo folgend, dass Leistung allein über Nominierungen entscheidet, müsste er zeitnah eigentlich zum Telefon greifen und Neuer anrufen, um ihn für die WM 2026 von einem Rücktritt vom Rücktritt zu überzeugen. Nach der Heim-EM hatte Neuer seine DFB-Karriere eigentlich beendet - aber das war bei Toni Kroos zuvor bekanntlich auch kein Hindernis.
Nagelsmann erkannte Anfang 2024, dass er für ein erfolgreiches Turnier nicht auf die Qualitäten von Kroos verzichten kann und überredete ihn zu einem Comeback. Für den Weltmeister von 2014 - an der Seite von Neuer - war die EM im Vorjahr der passende und würdige Abschluss seiner Karriere, auch wenn es nicht zum Titelgewinn gereicht hat.
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Bei Neuer könnte die Geschichte eine ganz ähnliche Wendung erfahren. Eine WM als Karriere-Abschluss würde der beeindruckenden Laufbahn des Torhüters gerecht werden. Auf jener Bühne, auf der er 2014 unsterblich geworden ist, als er die deutsche Nationalmannschaft mit herausragenden Leistungen zum Titel führte.
Situation bei ter Stegen völlig offen
So wie ein älterer, aber in absoluter Topform befindlicher Kroos ein wichtiges Element für die deutsche Mannschaft war, so könnte es auch Neuer sein. Denn Nagelsmann hat ein Torwart-Problem. Das uneingeschränkte Festhalten an Marc-Andre ter Stegen mag für Loyalität sprechen, ist in der aktuellen Situation aber wenig zielführend.
Ter Stegen fällt nicht nur erneut monatelang verletzt aus, zum zweiten Mal binnen eines Jahres. Was automatisch Fragezeichen aufwirft, ob er seine Topform jemals wieder erreichen kann. Es ist aktuell zudem völlig unklar, ob er nach seiner Genesung überhaupt Spielzeit bekommen wird - und bei welchem Verein.
Denn beim FC Barcelona hat ter Stegen keine Zukunft mehr, selbst wenn die Misstöne auf zwischenmenschlicher Ebene behoben werden. Joan Garcia ist die neue Nummer eins, Wojciech Szczesny eine mehr als verlässliche Nummer zwei. Für ter Stegen ist da kein Platz, ein Wechsel im Winter wäre seine einzige Chance auf Spielzeit.
Doch welche Klubs von Format suchen im Winter neue Torhüter? Und selbst wenn sie einen Keeper suchen - entscheiden sie sich dann für einen Spieler, der in den vergangenen anderthalb Jahren zweimal schwerverletzt war und eine Handvoll Spiele gemacht hat? Eher unwahrscheinlich.
Nagelsmann muss ter Stegen nicht die Tür zuschlagen, aber er muss sich den Realitäten stellen. Seine Rechnung, dass der ehemalige Gladbacher im März ohnehin wieder im DFB-Tor stehen würde, ist eine kühne Prognose. Oder würde er ter Stegen auch ohne jede Spielpraxis nominieren? Dann sind all seine Aussagen aus der Vergangenheit nur Schall und Rauch.
Neuer für die Gegenwart - nicht für die Zukunft
Zwar gibt es einige mögliche Alternativen wie Oliver Baumann, Alexander Nübel oder womöglich auch Bernd Leno oder Kevin Trapp. Doch keiner von ihnen steht auf einer Stufe mit Manuel Neuer, allein aus Gründen der Erfahrung. Denn Neuer ist aktuell der einzige aktive deutsche Keeper, der je eine WM oder EM als Stammtorwart absolviert hat.
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Natürlich muss irgendwann die Post-Neuer-Ära im DFB-Tor eingeleitet werden, doch seit seinem Rücktritt nach der EM 2024 hat sich keine Lösung gefunden, die beim Blick auf die anstehende WM für ruhige Nächte bei den deutschen Fans sorgen würde. Nach der anstehenden Saison und womöglich der WM ist Neuers Karriere aller Voraussicht nach ohnehin beendet.
Bis zum Herbst 2026 kann sich das Bild in der deutschen Torhüter-Landschaft noch einmal komplett wandeln. Neue Akteure können hervorstechen, junge Spieler wie Noah Atubolu den nächsten Schritt machen. Und vielleicht beginnt für ter Stegen im kommenden Jahr ja noch einmal ein neues Kapitel.
Neuer ist kein Thema für die Zukunft, aber für die Gegenwart. Das muss Nagelsmann bald erkennen - und für einen weiteren Kroos-Moment sorgen.