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NFL - Cincinnati Bengals: Wie die desaströse Defense Strukturmängel offenbart
- Veröffentlicht: 03.11.2025
- 14:45 Uhr
- Franziska Wendler
Die Defense der Cincinnati Bengals zeigt in dieser Saison unterirdische Leistungen. Die Folge von gleich mehreren gravierenden Problemen.
"Er konnte diese Woche kaum seinen Arm heben."
Was Bengals-Head-Coach Zac Taylor über Quarterback Joe Flacco zu berichten hatte, klang alles andere als gut. In Woche acht hatte sich der erst kürzlich verpflichtete Ersatz für den verletzten Joe Burrow eine Gelenkverletzung an der Wurfschulter zugezogen.
An Training während der zurückliegenden Woche war kaum zu denken, auch das Aufwärmprogramm vor dem Spiel gegen die Chicago Bears fiel minimalistisch aus.
Doch obwohl die Schulter seines Wurfarms nur eingeschränkt funktionsfähig war, er mehr als nur einmal via Sack zu Boden gebracht wurde, und die Wirkung der Schmerzmittel nachließ, lieferte Flacco.
Und wie!
31 seiner 47 Pass-Versuche brachte er bei einem Mitspieler an – und dabei handelte es sich wahrlich nicht nur um kurze Pässe. Flacco verbuchte 470 Passing Yards und vier Touchdowns, darunter ein 44-Yard-Touchdown von Tee Higgins.
"Was Joe Flacco heute für uns geleistet hat, werden Sie nie vergessen", zeigte sich Cheftrainer Taylor nach der Partie dankbar.
Flacco brilliert umsonst
Ein bärenstarker Quarterback, fünf Touchdowns durch vier verschiedene Spieler, 42 Punkte am Ende des Spiels. Was wie ein erfolgreicher Arbeitstag in der besten Football-Liga der Welt klingt, entpuppte sich für die Bengals aber als Desaster.
Ein Desaster, dessen Schuld ohne Umschweife bei einem Mannschaftsteil gesucht und gefunden werden kann: der Defense.
In den vergangenen beiden Spielen erzielte Cincinnati insgesamt stattliche 80 Punkte, ein Sieg sprang für die Franchise dabei dennoch nicht heraus. Sie sind damit das erste Team seit den Giants 1966, das in zwei aufeinanderfolgenden Spielen mindestens 38 Punkte erzielt – und trotzdem beide Partien verloren hat.
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Nach einer 38:39-Heimniederlage gegen die bis dahin noch sieglosen Jets folgte in Woche neun nun eine Pleite gegen die Bears, die noch unfassbarer daher kam.
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Bengals: Katastrophales Ende gegen die Bears
Knapp zwei Minuten vor dem Ende lag Cincinnati mit 27:41 in Rückstand, ehe sie ein wundersames Comeback vollbrachten. Touchdown-Pass, rückeroberter Onside Kick, wieder ein Touchdown-Pass. Aus einem 14-Punkte-Rückstand wurde 49 Sekunden vor dem Ende eine Ein-Punkt-Führung.
Die Bengals-Defense hätte in der Folge verteidigen müssen. Doch weniger als eine Minute volle Konzentration und Verteidigungsarbeit waren offensichtlich zu viel verlangt.
In vier Spielzügen gaben sie 72 Yards ab, Bears-Rookie-Tight-End Colston Loveland fand sich nach einem Catch und Lauf über insgesamt 58 Yards mit einem Touchdown zum Sieg in der Endzone wieder. Von einem Tackle der Bengals-Defense war dabei nichts zu sehen.
Wut auf die Bengals-Defense
Nach der Partie versuchten die Offense-Stars im Team erst gar nicht, ihre Wut auf die Defense zu verbergen. "What the fuck. Finish the fucking game", wütete Running Back Chase Brown vor Reportern. Receiver Ja'Marr Chase zeigte sich auf dem Weg in die Kabine enttäuscht: "One fucking stop", sprach er laut aus, was es in den letzten Sekunden des Spiels gebraucht hätte.
Doch der eine Stop gelang nicht.
Die Statistiken der Bengals-D lesen sich wie ein Horrorfilm. Schon zum dritten Mal in dieser Saison haben sie mehr als 500 Yards des Gegners zugelassen – alle anderen 31 Teams haben dies zusammen erst zweimal geschafft.
Im Schnitt lässt die Defense 33,3 Punkte pro Partie zu, die meisten aller Teams seit den bereits erwähnten New York Giants im Jahr 1966.
NFL - Bengals-Stars schießen gegen eigene Defense: "What the f**k?!"
Bengals: Viel Geld für Offensiv-Trio gebunden
Die Liste an Negativ-Statistiken ließe sich weiterführen, wirklich überraschend kommt sie dabei aber nicht. So wurde die schon in der Vorsaison schwache Verteidigung in der Offseason weiter geschwächt. Lou Anarumo und Germaine Pratt mussten gehen, Sam Hubbard erklärte seinen Rücktritt. Mit dem wichtigsten Verteidiger, Trey Hendrickson, wurde über einen neuen Vertrag gestritten, Hendrickson setzte einen Großteil der Vorbereitung aus.
Ein weiteres Problem: Fast die Hälfte des Gehaltsbudgets ist in den Verträgen von Burrow, Chase und Tee Higgins gebunden. Wenig finanzieller Spielraum, um defensiv aufzurüsten.
Doch damit nicht genug: In der Regel dient jährlich der Draft dazu, starke Spieler auszuwählen und in der Folge zu entwickeln. Doch auch in diesem Bereich sind die Bengals, genauer gesagt das Management der Bengals, alles andere als stark. In drei der vergangenen vier Talenteziehungen nutzte die Franchise ihre jeweils ersten beiden Picks für Defense-Spieler.
Bengals: Schwach Draft-Statistik in Sachen Defense
Dax Hill, Cam Taylor-Britt, Myles Murphy, etc. - einen wirklich herausragenden Verteidiger hat das Team schon länger nicht mehr gedraftet.
Oder um es in Zahlen auszudrücken: Seit 2011 hat das Team 59 Defense-Spieler gedraftet, in den Pro Bowl schaffte es davon kein einziger. Es ist die längste aktive Durststrecke in der NFL, ohne dass ein Verteidiger gedraftet wurde, der es für das Team in den Pro Bowl geschafft hat.
Nun könnte man meinen, ein neues Management mit besseren Draft-Skills könnte eine deutliche Verbesserung bringen. Doch an dieser Stelle wird es kompliziert. Denn Team-Owner Mike Brown ist gleichzeitig de facto auch der General Manager des Teams, ähnlich wie Jerry Jones bei den Cowboys.
Bengals-Owner de facto als GM tätig
Zudem bekleiden mehrere seiner Familienmitglieder ebenfalls Positionen in der Geschäftsleitung. Dazu kommt: Die Bengals starteten 2025 mit der kleinsten Scouting-Abteilung aller NFL-Teams in die Saison.
Dass Brown sich und seine Familie aus der Verantwortung entfernt? Unwahrscheinlich!
Mit Veränderungen in der Führungsebene ist also nicht zu rechnen. Das wahrscheinlichste Szenario dürfte eine Entlassung des Defensive Coordinators Al Golden sein.
An den Problemen würde das jedoch nichts ändern.