Basketball-EM 2025
Basketball-EM: Deutschland ist Europameister - Marko Pesic exklusiv: "Das ist ein Geschenk"
- Aktualisiert: 15.09.2025
- 12:53 Uhr
- Chris Lugert
Deutschland erklimmt Europas Basketball-Thron, die "goldene Generation" schreibt ihre Geschichte fort. Im exklusiven Interview ordnet Marko Pesic den Erfolg ein.
Das Interview führte Chris Lugert
Die deutschen Basketballer haben EM-Gold gewonnen und zwei Jahre nach dem WM-Triumph das historische Double perfekt gemacht. Im Finale gegen die Türkei erkämpfte sich das DBB-Team einen 88:83-Erfolg.
Im exklusiven Interview mit ran spricht der frühere deutsche Nationalspieler Marko Pesic, der 2002 WM-Bronze und drei Jahre später EM-Silber gewann, über die Schlüsselfaktoren, die zum Titel geführt haben.
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Außerdem adelt der scheidende Geschäftsführer des FC Bayern München Kapitän Dennis Schröder und erklärt, warum Deutschland mindestens bis zum Ende des Jahrzehnts den internationalen Basketball dominieren kann.
ran: Herr Pesic, wie bewerten Sie den Auftritt der deutschen Mannschaft im Finale gegen die Türkei?
Marko Pesic: Das Finale war ein bisschen ähnlich wie das Viertelfinale gegen Slowenien. Man konnte aber sehen, dass die Türken qualitativ und taktisch sicherlich eine Klasse über Slowenien stehen. Das war ein echter Kampf. Aber es war auch eines der besten Endspiele bei einer Europameisterschaft, die ich seit langem gesehen habe. Es war wirklich ein Spiel auf höchster Ebene.
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ran: Was war am Ende ausschlaggebend dafür, dass sich Deutschland durchgesetzt hat?
Pesic: Die Stärke, die Deutschland hat, ist der Zusammenhalt und die Kontinuität. In den letzten drei Minuten hat man einfach die Erfahrung gesehen, die diese Mannschaft über die vergangenen Jahre gesammelt hat. Was in den letzten drei Minuten passiert ist, war der absolute Wahnsinn. Von Isaac Bonga über Dennis Schröder, Andi Obst, Daniel Theis, Johannes Thiemann - alle, die auf dem Feld standen. Die letzten drei Minuten waren wirklich wahnsinnig gut.
Pesic lobt Schröder: "Wahnsinnsturnier gespielt"
ran: Hatten Sie zwischenzeitlich die Sorge, dass es nicht reichen könnte?
Pesic: Eigentlich nicht, denn diese Mannschaft gibt mir einfach das Selbstvertrauen, dass sie - egal, wie es aussieht - am Ende gewinnen werden. Und genau das habe ich gespürt. Natürlich stand das Spiel auf Messers Schneide. Die Türken haben in den letzten zehn Minuten auch körperlich abgebaut - und dann war Deutschland da.
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ran: Was waren für Sie die entscheidenden Faktoren im Turnierverlauf, dass es letztlich zum Titel gereicht hat?
Pesic: Über Dennis Schröder müssen wir nicht viel sagen. Er hat ein Wahnsinnsturnier gespielt. Man darf nicht vergessen: Das waren neun Spiele in zwei Wochen. Und für einen Leader und Leistungsträger ist es einfach enorm schwierig, immer auf dem höchsten Niveau zu spielen. Aber es gab dieses Trio Bonga, Franz Wagner, Tristan da Silva, die eigentlich über das ganze Turnier konstant extrem gut gespielt haben. Die waren sozusagen der Supporting Cast von Dennis. Das hat den Unterschied gemacht zu allen anderen Mannschaften.
Das Interessante an diesem Trio ist, dass keiner älter als 25 ist. Bonga ist 25, die anderen beiden 24. Das hat kein anderes Land, die sind ja erst am Anfang. Aber wen man auch nicht vergessen darf, ist Johannes Thiemann. Der hat vor allem im Finale ein überragendes Spiel in der Verteidigung gemacht. Ohne seine Leistung wäre es extrem schwierig geworden.
ran: Sie haben Dennis Schröder angesprochen, wie bereits bei der WM ist er erneut zum MVP des Turniers gewählt worden. Steht er inzwischen im deutschen Basketball auf einer Stufe mit Dirk Nowitzki, auch ohne die herausragende NBA-Karriere?
Pesic: Das ist eine ganz andere Generation, das ist ein ganz anderes Umfeld. Deswegen bin ich kein großer Liebhaber dessen, diese Generation zu vergleichen. Fakt ist: Was Dirk für den Basketball gemacht hat, ist natürlich einzigartig. Aber Dennis und seine Generation haben das weitergeführt und die Titel geholt. Deshalb würde ich nicht den einen über den anderen stellen, sondern die beiden wirklich neben Detlef Schrempf, Henrik Rödl und Henning Harnisch.
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Pesic: EM-Titel "ein Geschenk" für den Basketball
ran: Schröder hatte lange ein schwieriges Finale, die Türken haben ihn gut aus dem Spiel genommen. Am Ende aber wurde er zum entscheidenden Mann. Was sagt das auch über seine Mentalität und Persönlichkeit aus?
Pesic: Wie ich schon gesagt habe, als Aufbauspieler und Leistungsträger der Mannschaft ist es unglaublich schwierig, über neun Spiele konstant zu spielen. Deswegen waren diese anderen Puzzleteile, die die Mannschaft hatte, so wichtig. Aber natürlich, bei der WM im Finale gegen Serbien hat Dennis kurz vor Schluss den vielleicht wichtigsten Korb getroffen und gestern wieder. Die anderen Spieler haben es vorbereitet und er hat es zugemacht. Das ist eine Qualität, vor allem von Dennis, aber auch von den anderen Spielern. Das war wirklich eine mannschaftliche Leistung.
ran: Welchen Stellenwert hat der EM-Titel für den deutschen Basketball? Ist er sogar noch einmal höher als der WM-Titel vor zwei Jahren?
Pesic: Das ist ein Wahnsinnserfolg, das muss man schon sagen. Aber nicht nur für den Basketball, sondern für den gesamten deutschen Sport. Dass man eine Mannschaft hat, die sich so präsentiert, die Werte, die sie nach außen gibt, die Hoffnung, die sie jungen Menschen vermittelt. Man kann nicht die Europameisterschaft über den WM-Titel stellen oder umgekehrt, sondern das muss man im Paket sehen. Es gab nicht viele Länder, die es geschafft haben, beide Titel nacheinander zu gewinnen. Dass Deutschland jetzt dazugehört, spricht für sich.
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ran: Was muss der deutsche Basketball jetzt tun, um nachhaltig von diesen großen Erfolgen zu profitieren?
Pesic: Das ist ein Geschenk für den deutschen Basketball. Ich sehe in Deutschland seit der WM eine klare Entwicklung. Das hat man schon wirklich gut gemacht. Natürlich geht immer alles besser. Ich glaube, dass wir alle, die in der deutschen Basketballwelt leben, jetzt gut beraten sind, dort noch einen draufzusetzen, um diese Sportart weiter zu promoten. Gerade dann, wenn nicht die Nationalmannschaft spielt.
Pesic erwartet Jahrzehnt der deutschen Dominanz
ran: Wäre denn eine Möglichkeit, die Bundesliga noch präsenter zu übertragen?
Pesic: Ich bin sehr lange dabei, daran glaube ich nicht. Die Leute, die das umsetzen müssen, glauben einfach nicht, dass zum Beispiel die Öffentlich-Rechtlichen solche Spiele auch für das breite Publikum zeigen müssen, wie etwa beim Fußball. Das Produkt wäre zweifellos da. Es liegt nicht immer am Basketball und den Leuten im Basketball. Sondern auch an denen, die entscheiden, was wo läuft. Die müssen dann auch etwas machen. Das Produkt liegt vor ihrer Nase. Der Basketball wird sich auf jeden Fall weiterentwickeln.
ran: Zum Abschluss noch ein kurzer sportlicher Ausblick. Viele Leistungsträger der Nationalmannschaft stehen noch am Anfang ihrer Karriere, im Nachwuchs gibt es auch bereits große Erfolge. Kann Deutschland auf Jahre hinaus den internationalen Basketball dominieren?
Pesic: In den 2020er-Jahren ganz sicher. Da ist so viel Talent in dieser Nationalmannschaft und es sind viele sehr, sehr jung oder noch jung genug. Es kommt sehr viel Talent nach. Das sieht man schon bei den 14-, 15-Jährigen, bei den 18-Jährigen sowieso. Aber wichtig ist: Diese Generation hat eine Kultur aufgebaut und es gibt eine Verpflichtung, die sie noch haben, nämlich diese Kultur an jüngere Generation weiterzugeben. Das werden sie sicher machen. Und dann kann der deutsche Basketball nur wachsen.