Vertrag läuft aus
FC Bayern München vor schwieriger Entscheidung: Wie geht es weiter mit Manuel Neuer?
- Aktualisiert: 12.10.2024
- 18:43 Uhr
- Justin Kraft
Manuel Neuer hat beim FC Bayern München nur noch bis 2025 Vertrag. Wie geht es dann weiter? Für den FCB ist die Situation alles andere als einfach – denn Zweifel am Torhüter sind berechtigt.
Viermal tauchte Eintracht Frankfurt am vergangenen Wochenende gefährlich vor dem Tor des FC Bayern München auf, dreimal klingelte es. Die vierte Chance war die von Junior Dina Ebimbe in der 84. Minute, doch der Frankfurter verfehlte das Tor von Manuel Neuer.
Einen klaren Torwartfehler gab es bei den drei Abschlüssen, die im Tor landeten, nicht. In Bundesliga und Champions League lassen die Bayern aktuell nur 5,3 Schüsse pro 90 Minuten zu, laut dem Datenanbieter "FBref" sind es 0,7 Expected Goals, die der Gegner sich durchschnittlich pro 90 Minuten erspielt. Extrem niedrige Werte, die für eine insgesamt gute Defensivleistung sprechen.
Nur die Zahl, auf die es am meisten ankommt, will noch nicht stimmen: Zehn Gegentore gab es bereits – bei nur 17 Schüssen auf das Bayern-Tor. Fast schon grotesk.
Alles nur Pech? Vielleicht in Teilen. Ein Teil der Analyse muss aber auch sein, dass Manuel Neuer abgebaut hat. In den vergangenen Jahren häuften sich die klaren Fehler wie gegen Aston Villa, aber auch die Situationen, in denen er Gegentore kassiert, die ihr früher womöglich vereitelt hätte.
Das Wichtigste in Kürze
Gegen Frankfurt beispielsweise waren alle drei Schüsse nicht wirklich platziert. Am ersten von Omar Marmoush war Neuer leicht dran, beim zweiten wird er von Hugo Ekitike getunnelt und der letzte Treffer von Marmoush geht knapp an seinem rechten Arm vorbei. Klare Fehler? Sicher nicht. Und doch ist die These nicht abwegig, dass er mindestens einen davon vor einigen Jahren gehalten hätte.
Eine These, die sich auch der FC Bayern jetzt genau anschauen muss. Einst gewann Neuer dem FCB viele Spiele. In der jüngeren Vergangenheit scheint er eher den einen oder anderen Punktverlust herbeizuführen. Muss der Rekordmeister sich also nach einem neuen Torwart umsehen?
Manuel Neuer: Nicht mehr so unantastbar wie früher
Klar ist: Neuer hat immer noch seine Qualitäten. Seine Fähigkeiten im Spielaufbau, wenn der Gegner hoch presst oder auch die vielen Situationen, die er zuletzt weit vor dem eigenen Tor ablief, tauchen in nur wenigen Statistiken und Analysen auf.
Seine Ballbehandlung ist immer noch Weltklasse. Auch seine Antizipation ist trotz des Fehlers bei Aston Villa auf einem hohen Niveau, wie viele Szenen gegen Frankfurt zeigten. Allein im ersten Durchgang lief der Keeper einige gefährliche Situationen vorausschauend ab.
Genau diese Qualität braucht Vincent Kompany für seine sehr offensive Spielweise. Nur braucht er auch einen Torhüter, der auf der Linie Weltklasse ist.
Externer Inhalt
Woltemade schießt U21 zur EM: Der Moment der Erlösung!
Die wenigen Chancen, die die Bayern bisher zulassen, sind hochkarätig. Top-Teams zeichnet häufig aus, dass sie jemanden zwischen den Pfosten haben, der solche Chancen hin und wieder vereiteln kann.
Neuer kann das offenbar nicht mehr. Auch in den vergangenen Spielzeiten zeichnete sich ab, dass der 38-Jährige wie einst Iker Casillas, Oliver Kahn oder Gianluigi Buffon kein Gegenmittel zum Alterungsprozess hat. Seine Reflexe sind nur noch gut, nicht mehr Weltklasse.
FC Bayern muss in der Torhüterfrage abwägen
Der FC Bayern muss nun ganz genau abwägen, was ihm wichtig ist und wie es weitergehen kann. Denn viele Torhüter, die so weit vor dem eigenen Tor verteidigen können, gibt es nicht. Immerhin gibt es mittlerweile deutlich mehr, die sich im Spielaufbau gewinnbringend einbringen können.
Alexander Nübel ist einer von ihnen. Laut "Sky" soll der aktuell an den VfB Stuttgart ausgeliehene Bayern-Profi der Favorit auf die Nachfolge von Neuer sein, der zuletzt gehandelte Alisson vom Liverpool dürfte hingegen kein Thema sein.
Der 28-jährige Ulreich schlägt laut "FBref" derzeit 24,6 Prozent seiner Bälle lang. Hinter Moritz Nicolas (Gladbach, 13,2 Prozent), Neuer (15,9 Prozent), Gregor Kobel (Dortmund, 16,2 Prozent) und Peter Gulacsi (18,1 Prozent) die niedrigste Quote. Auch bei der durchschnittlichen Länge seiner Pässe kommt er nach den vier genannten Keepern auf Rang fünf (26,6 Meter pro Zuspiel).
Nübel ist ein guter Aufbauspieler, aber er ist dahingehend nicht auf einem Level mit Neuer. Der ehemalige Schalker hat auch ein gutes Gespür dafür, wann er sein Tor verlassen muss. Mit acht Klärungsaktionen außerhalb des eigenen Strafraums hat er immerhin die sechstmeisten der Liga – Neuer kommt mit 14 auf die meisten.
Die größten Argumente sammelt Nübel auf der Linie. Hier hat er sich in den vergangenen Jahren enorm weiterentwickelt. Dem VfB Stuttgart rettete er so schon mehrfach Punkte auf dem Weg zurück in die Spitzengruppe des deutschen Fußballs.
FC Bayern: Diese Alternative könnte der perfekte Neuer-Ersatz sein
Dieser Zwiespalt verdeutlicht aber sehr gut das Dilemma, in dem sich die Bayern befinden: Lohnt es sich, Neuer mit jemandem auszutauschen, der auf der Linie vielleicht besser ist, dafür aber fußballerisch und bei der Antizipation im Vorwärtsverteidigen mindestens etwas schwächer?
Neben Jonas Urbig vom 1. FC Köln sollen die Münchner auch Bart Verbruggen beobachten. Während für Urbig Ähnliches gilt wie für Nübel, ist der Niederländer durchaus eine interessante Option. Bei Brighton spielte er unter Roberto Di Zerbi eine Rolle, die der aktuellen von Neuer recht ähnlich ist.
Gerade im Spielaufbau bringt der 21-Jährige viel Talent mit. Nur 9,7 Prozent seiner Pässe schlug er in der vergangenen Saison lang, die durchschnittliche Passlänge betrug rund 26 Meter. Auch seine Passquote von 87,4 Prozent ist gut.
Bundesliga-Transfergerüchte: Sebastian Hoeneß offenbar "Wunschlösung" bei Bayer 04 Leverkusen
Beim Neuer'schen Herauslaufen zeigt er zumindest Ansätze, die es bei Nübel so nicht gibt. Aber ob Verbruggen das Potenzial hat, die Verantwortung zu übernehmen, die Neuer aktuell beim FC Bayern trägt? Der Übergang von Kahn zu Michael Rensing zeigte einst, wie schnell sich junge Torhüter an einer solchen Nachfolge verbrennen können.
FC Bayern: Ein Neuanfang im Tor ist alles andere als leicht
Neuer ist nicht mehr die Optimallösung für den FC Bayern. Unter Umständen ist er aber trotzdem das Beste, was man für die kommende Saison haben kann. In jedem Fall wäre es eine recht konservative Lösung. Eine, die das Risiko birgt, dass Neuer in den kommenden anderthalb Jahren nochmal abbaut. Aber auch die mutigere Lösung, ein Talent wie Verbruggen zu holen, birgt ihre Risiken.
Sicherlich werden die Gehaltsvorstellungen von Neuer eine Rolle spielen. Der zweimalige Champions-League-Sieger verdient derzeit Medienberichten nach um die 20 Millionen Euro pro Saison. Hinzu kommt, dass er innerhalb des Vereins über viel Macht verfügt. Macht, die er bei verschiedenen Personalentscheidungen rund um die Torhüter immer wieder zeigte.
Ein Neuanfang ist also alles andere als einfach für den FCB. Er würde die Chance bieten, die in die Jahre gekommene Hierarchie neu zu strukturieren. Das Risiko, keinen adäquaten Ersatz zu finden, der es umfassend besser machen kann als Neuer, bleibt aber bestehen.
Gespräche zwischen Neuer und dem Rekordmeister sollen laut "Sky" noch in diesem Jahr starten.