Der erste schritt in der Bundesliga
Sandro Wagner beim FC Augsburg: Eine gewagte Wette - mit großem Gewinnpotenzial
- Aktualisiert: 29.05.2025
- 16:53 Uhr
- Keenan Schieck
Sandro Wagner übernimmt als Cheftrainer beim FC Augsburg. Doch warum tut sich der Nagelsmann-Co die Fuggerstädter an und was kann man in in der kommenden Saison von der grauen Maus erwarten?
Nach dem Aus von Jess Thorup beim FC Augsburg verdichteten sich die Zeichen in der Suche nach einem Nachfolger schnell. Über Wochen hielten die Gerüchte um eine Anstellung von Sandro Wagner als neuen Cheftrainer an.
Nun herrscht Gewissheit: Der 37-Jährige übernimmt die Fuggerstädter zur neuen Saison. Nach der Nations League Final-Four wird Wagner den DFB verlassen und seine Arbeit in der Fuggerstadt aufnehmen.
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In der vereinseigenen Pressemitteilung zum Transfer erklärt er: "Der FCA hat eine klare Philosophie, die sehr gut zu meiner Spielidee passt. Ich bin ein junger Trainer, der sich gemeinsam mit dem Verein entwickeln möchte. Die Rahmenbedingungen dafür sind in Augsburg hervorragend."
Von FCA-Geschäftsführer Michael Ströll hagelt es Lob für den dreimaligen deutschen Meister: "Bei seinen bisherigen Stationen hat er bereits unter Beweis gestellt, dass er Mannschaften besser machen und Spieler entwickeln kann. Sandro ist sehr akribisch und kann eine Mannschaft auch mit seiner Emotion packen."
Für den ambitionierten Trainer die erste Vereins-Station im deutschen Profi-Fußball. Zuvor war er einzig in Unterhaching in der Regionalliga als Chefcoach tätig. Die Spielvereinigung trainierte er für zwei Saisons. Nun folgt der Sprung in das deutsche Oberhaus - ein großer Schritt für den jungen Übungsleiter.
Sandro Wagner: Kaum Mediendruck in Augsburg
Doch warum genau jetzt der Schritt weg vom DFB und warum die Entscheidung für den FCA? Unter Julian Nagelsmann hätte Wagner noch weiter reifen und lernen können. Stattdessen geht er den Weg in die Bundesliga - ein Verein, der bei vielen Fans mit dem Image als "Graue Maus" zu kämpfen. Seit zehn Jahren pendeln die Augsburger im unteren Mittelfeld der Liga. Mal landet man auf dem 11. Rang, mal nur auf Platz 15 - zuletzt auf der 12: Pures Mittelmaß.
Doch vielleicht ist genau dieser Schritt die perfekte Übergangstation für den ambitionierten Trainer, der sich mit dem Job den ersten Traum erfüllt. Im Gespräch mit "Sport1" verriet Wagner 2021 - kurz nach seiner Festanstellung bei Unterhaching - mit Blick auf die Bundesliga: "Ich möchte dort irgendwann trainieren."
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Vier Jahre - und 105 Spiele an der Seitenlinie - später kann der gebürtige Münchner dieses Ziel abhaken. In Augsburg soll nun seine Karriere als Cheftrainer so richtig ins Laufen geraten. Mit dem FCA geht der Trainer dabei dem großen Rampenlicht gekonnt aus dem Weg.
Bei diesem Verein lässt es sich verhältnismäßig ruhig arbeiten - ohne den großen Druck der Medienlandschaft in München oder Hamburg, ohne übertriebenen Anforderungen aus der Vereinsebene. Die Augsburger liegen mit 27.000 Mitgliedern im Bundesliga-Mittelmaß hinter den Fan- und Medienmagneten aus Köln, Hamburg, München und Co.
Zudem weiß Wagner ganz genau wie er arbeiten will, um Erfolge einzufahren. Bei "Sky" erklärte der Ex-Profi: "Ich habe eine ganz klare Philosophie, wie ich eine Mannschaft führen will – vom sozialen Bereich, vom Motivationsbereich und vom inhaltlich-taktischen Bereich."
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FC Augsburg: Die Chance für Veränderung
Klar ist dennoch: Für die Schwaben birgt die Verpflichtung des ehemaligen Stürmers ein Risiko. Auf Klubebene hat Wagner kaum etwas vorzuweisen. Der Deutsche trainierte lediglich in der Regionalliga. Die Bundesliga ist da natürlich noch einmal ein ganz anderes Pflaster - eine gewisse Eingewöhnungszeit wird man ihm geben. Doch im Profi-Business reichen Emotionen und große Reden allein nicht - auch Wagner muss letztlich Resultate liefern. Euphorie hin oder her.
Das Wichtigste in Kürze
Für den Bundesligist könnte Wagner jedoch zum Glücksgriff werden. Der ehemalige Stürmer setzt auf Offensivfußball: "Grundsätzlich ist mir wichtig, dass unser Fußball offensiv ausgerichtet ist und wir zum Großteil auf uns schauen", zitiert ihn "Sport1"
Zudem will er seinen eigenen Stiefel durchdrücken: "Lösungen für den Gegner zu haben, ist wichtig. Die eigene Stärke auf den Rasen zu bringen ist aber noch wichtiger." Eine Philosophie die Ex-Trainer Thorup vermehrt vermissen ließ - und ihn letztlich auch seinen Job kostete.
Unter dem Dänen zeigte sich die Mannschaft zwar defensiv zumeist sehr stabil, ließ jedoch offensiven Spielwitz und Gefahr im letzten Drittel gänzlich missen. Mit einer defensiven Dreierkette und zwei klaren Abräumern davor lag das Augenmerk mitunter nur auf der Defensive.
FC Augsburg: Desaströse Statistiken unter Thorup
Nur folglich: In der abgelaufenen Bundesliga-Saison erzielte der FCA mickrige 35 Tore - einzig Absteiger VfL Bochum und der FC St. Pauli haben diese Marke unterboten.
Zudem sammelte die Elf von Thorup laut den offiziellen "Bundesliga"-Statistiken die dritt wenigsten Torschüsse (395), traf am zweitwenigsten Aluminium (6) und erhielt die wenigsten Elfmeter (2) zugesprochen. Werte, die zeigen, dass man es pflegte, einen großen Bogen um den gegnerischen Strafraum zu nehmen.
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Auch mit Ballbesitz konnte der Ex-Trainer wenig anfangen. Augsburg erreichte im Schnitt lediglich 45 Prozent - nur fünf Mannschaften haben diesen Wert unterboten. Stattdessen galt oftmals das Motto: Kratzen, beißen, treten.
Deswegen auch kaum verwunderlich: Die Fuggerstädter sammelten die meisten Karten (79) und zweitmeisten gelben Karten (74) der Liga.
Ein weiteres Problem: mangelnde Laufleistung. Die ligaweit wenigsten Sprints (7249) und zweitwenigsten intensiven Läufe (23213) sprechen eine klare Sprache. Auch mit Blick auf die Laufdistanz (3932 km) liegt der FC im unteren Drittel der Liga.
Bundesliga: Bringt Wagner attraktiven Offensivfußball nach Augsburg?
Mit Wagner soll sich das ändern. Der Trainer fordert "Leistung und Leidenschaft" von seinen Profis, "Diese alte Schule bleibt immer gleich, denn man muss erstmal immer alles in die Waagschale werfen. Falls nicht, werde ich fuchsig."
Die neue Spielphilosophie zeigt sich auch im ersten Transferziel des neuen Trainers. Laut der "Bild" soll sich dieser Florian Neuhaus wünschen. Ein Kreativspieler im Zentrum, der vor allem im Spiel mit dem Ball seine Qualitäten hat. Denn Wagner will einen offensiv-orientierten Ballbesitzfußball nach Augsburg bringen.
Als Spieler zeichnete den 1.94-Meter-Hünen seine Torgefahr aus - in der Bundesliga traf er für Hoffenheim und Darmstadt zweistellig und zeigte sich auch beim FC Bayern eiskalt vor dem Kasten. Für die deutsche Nationalmannschaft traf er in lediglich acht Spielen fünfmal.
Mit Unterhaching konnte er als Trainer im zweiten Anlauf aufsteigen: In der Saison 2022/23 landete die Mannschaft an der Tabellenspitze - und stellte dabei neben der drittbesten Offensive (86 Tore) auch die stärkste Abwehr (33 Gegentore) der Liga.
Auch die deutsche Nationalmannschaft begeisterte unter Nagelsmann und Wagner mit attraktivem Fußball.
Nagelsmann traut seinem Noch-Co dabei einiges zu. "Er ist sensationell gut, unfassbar fleißig, strukturiert," verriet der Chefcoach am Rande der DFB-Reise in die USA 2023.
Potenzial, dass dem Trainer auch Sportdirektor Rudi Völler im "ZDF-Sportstudio" attestierte: "Er ist ein hoch sympathischer Trainer, der eine große Trainer-Zukunft haben wird."
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Wagner in Augsburg: Eine Win-Win-Situation
Für beide Seiten ist es ein gewagter Schritt - und dennoch könnte eine Win-Win-Situation entstehen. Wagner bekommt die Chance, seine ersten Schritte in der Bundesliga zu gehen, ohne dabei aber direkt unter dem großen Mediendruck zerquetscht zu werden. Bei einem Team, dass sich nach Offensivfußball sehnt und seine Philosophie entsprechend stützt.
Auch seine aktive Zeit als Fußballer wird Wagner dabei helfen. Wagner sammelte 180 Einsätze in der Bundesliga, kommt dabei auf fast 10.000 Spielminuten. "Er kennt das Geschäft," ordnet Lothar Matthäus die Situation bei "Bild" ein. Der deutsche Rekord-Nationalspieler traut seinem Landsmann "viel und auch große Aufgaben zu.“
Für die bayerischen Schwaben ist der talentierte Trainer eine Chance, endlich das Image als "Graue Maus" abzulegen. Während die Mannschaft zuletzt vermehrt Angsthasenfußball spielten, könnte Wagner der Offensive neuen Schwung verleihen.