DFB-Team - Keine Bremse! Nagelsmann schürt EM-Euphorie
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Durch den überzeugenden Siege gegen Frankreich hat die deutsche Nationalmannschaft eine sanfte EM-Euphorie entfacht. Julian Nagelsmann will diese weiter anheizen, warnt aber gleichzeitig vor einer Überreaktion.
Vom DFB-Team berichtet Tobias Hlusiak
"Ich will kein Mahner sein!", sagte Julian Nagelsmann.
Und dann mahnte er doch ein kleines bisschen.
Denn als der Bundestrainer am Tag vor dem zweiten Länderspiel des EM-Jahres 2024 gegen die Niederlande in Frankfurt den Status Quo des Nationalteams einordnete, legte er viel Wert auf das richtige Maß an Begeisterung.
"Ich bin keine Euphoriebremse", sagte der 36-Jährige, aber die Mannschaft müsse "in der Lage sein, das richtig einzuordnen". Ebensowenig wie zuvor alles schlecht gewesen sei, wäre es nun falsch, "alles als wunderbar" hinzustellen.
Dem Bundestrainer war die Erleichterung, die ihm das gute Spiel und Ergebnis in Lyon verschafft hatten, dennoch deutlich anzumerken.
Fast alles, was er sich in den vier Monaten nach den missglückten Duellen mit der Türkei (2:3) und Österreich (0:2) zusammen mit seinem Trainerteam überlegt hatte, war aufgegangen.
Seine Mannschaft gab im Spiel gegen den großen Turnierfavoriten Frankreich ein mehr als deutliches Lebenszeichen von sich.
"Es ist wichtig, dass die Jungs Vertrauen in den eingeschlagenen Weg haben und wissen, dass er funktioniert", meinte Nagelsmann. Das gelte übrigens auch für "schwere Phasen, die kommen werden".
Dass die neue Kaderstruktur und Startaufstellung gleich beim ersten Mal so pralle Früchte produziert hatten, war für den ehemaligen Bayern-Trainer ein wichtiges Zeichen. Nach innen wie auch nach außen.
Denn Nagelsmann war ins Risiko gegangen. Drei Monate vor Turnierbeginn einen dermaßen tiefen Schnitt zu machen, das erfordert Mut. Mut, der belohnt wurde.
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Jeder Spieler im Kader kennt seine Rolle
Um im Flow zu bleiben, soll gegen die Niederlande - die mit einem 4:0 gegen Deutschlands ersten Gruppengegner Schottland ebenfalls stark ins Turnierjahr gestartet ist - deshalb wenn möglich eine unveränderte Mannschaft auflaufen.
Die Rollengespräche zu Beginn der Maßnahme im Teamquartier in Neu-Isenburg, betonte Nagelsmann, habe er schließlich "mit einer gewissen Idee geführt".
Soll heißen: Jeder kennt seine Aufgabe - der Stamm der "ersten zwölf, 13" Spieler, wie Nagelsmann es nennt, genau so wie die "Backups".
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Gleiche Elf wie gegen Frankreich
"Alle Pärchen, die wir gebildet haben, haben gut funktioniert", bilanzierte Nagelsmann und meinte sowohl die Innenverteidigung Tah/Rüdiger, die rechte Seite mit Kimmich und Musiala, das Gegenstück auf links mit Mittelstädt und Wirtz und das Herzstück im zentrum, bestehend aus Rückkehrer Toni Kroos und Robert Andrich.
Hinzu kommen Marc-Andre ter Stegen im Tor, Ilkay Gündogan als dritter Teil der "Zehner-Reihe" und Kai Havertz in der Spitze.
Diese Elf, so ist es Nagelsmanns Wunsch, soll sich nun einspielen und sich selbst und die Fans auf das Turnier einstimmen.
"Man merkt den Push aus der Bevölkerung", so der Bundestrainer.
Stand jetzt scheinen die Startelfplätze erstmal vergeben. Und trotzdem öffnete Nagelsmann die Tür. Besonders für einen ganz bestimmten Spieler: Leroy Sane.
Der Bayern-Star ist nach der Roten Karte, die er in Wien kassierte, noch für zwei weitere Spiele gesperrt. Erst im letzten Vorbereitungsspiel gegen Griechenland genau eine Woche vor dem Eröffnungsspiel könnte er wieder auf dem Platz stehen.
Die aufkommende Diskussion, ob Sane überhaupt mit zur EM fahren solle, erstickte der Bundestrainer im Keim. Nagelsmann plant mit dem 28-Jährigen.
"Leroy ist ein unglaublich guter Typ. Ich habe einen sehr guten Draht zu ihm. Am Ende muss er sich aber eingliedern und seine Rolle annehmen - wie alle anderen auch."
Sane habe, "Qualität, auf die wir nicht verzichten wollen".
Der DFB hat die Qualitäten seines obersten Coaches nicht erst durch den Auftritt in Lyon schätzen gelernt und würde ihn gern länger als ursprünglich vereinbart im Verband halten.
Präsident Bernd Neuendorf kündigte unlängst an, "zeitnah offizielle Gespräche suchen" zu wollen. Sowohl mit Nagelsmann als auch mit Sportdirektor Rudi Völler. Beide sollen bis zur WM 2026 gebunden werden.
"Von unserer Seite aus wäre es absolut wünschenswert und würde dem nichts entgegenstehen", sagte Neuendorf. "Wir sind ein gutes Team, verstehen uns gut, tauschen uns sehr gut aus und haben oft die gleichen Ansichten", ergänzte er: "Es ist sehr harmonisch." Er sei daher "sehr zuversichtlich, dass wir dann zügig zu einem Ergebnis kommen".
Nagelsmann will seine Zukunft gern vor dem Turnier geklärt wissen. Das betonte er zuletzt immer wieder.
Ein weiterer Sieg am Abend gegen die Niederlande dürfte seine Verhandlungsposition sicher nicht schwächen.
Und ganz nebenbei die Euphorie im Land weiter anheizen...