Nations League
DFB-Team vor großer Herausforderung gegen Frankreich: Worauf es jetzt ankommt
- Veröffentlicht: 08.06.2025
- 10:17 Uhr
- Justin Kraft
Deutschland steht vor einer scheinbar unlösbaren Aufgabe gegen Frankreich. Drei Aspekte, auf die es am Sonntag in der Nations League ankommt.
Von Justin Kraft
Das DFB-Team will sich am Sonntagnachmittag mit einem positiven Erlebnis aus der Nations League verabschieden. Allerdings gibt es da ein recht großes Problem.
Gegner Frankreich verfügt über einen Offensivkader, der für zwei, vielleicht sogar drei Top-Nationen reichen würde – während Deutschland auch aufgrund seiner Ausfälle eher eine Wackelabwehr auf den Rasen schicken wird. Zumindest gegen Portugal sah das über weite Strecken alles andere als sattelfest aus.
- Deutschland vs. Frankreich: Spiel um Platz drei in der Nations League im Free-TV, Livestream und im Liveticker
- DFB-Team - Rudi Völler im Interview vor Deutschland gegen Frankreich: "Das ist keine Delle!"
2,92 Expected Goals (xG) ließ das Team von Julian Nagelsmann am Mittwoch zu. Ein deutlich überdurchschnittlicher Wert für die Mannschaft rund um Cristiano Ronaldo, die in acht Nations-League-Spielen auf ca. 2,14 xG pro Spiel kam. Werte wie in der Allianz Arena erzielten sie bisher nur in Heimspielen.
Mit CR7 oder Bruno Fernandes ist der Angriff von Trainer Roberto Martinez gut besetzt, aber was passiert mit der deutschen Abwehr, wenn Frankreichs Super-Sturm mit Kylian Mbappe, Michael Olise, Desire Doue und vielen mehr auf sie zuläuft?
Das Wichtigste in Kürze
Das ist eine von mindestens drei großen Herausforderungen, die es für das DFB-Team zu meistern gilt.
DFB-Team: Wackelabwehr gegen Avengers-Angriff
Es ist beinahe so, als hätten die Franzosen die Avengers im Angriff versammelt. Mit Ousmane Dembele und Bradley Barcola fallen zwei Champions-League-Sieger am Sonntag aus – und trotzdem sind sie mit herausragenden Fußballern besetzt.
Fast schon frech ist dabei, wie variabel Frankreich angreifen kann. Sie haben mit Mbappe einen schnellen, physisch und technisch starken Abschlussspieler auf dem Feld, der auch im Dribbling gut ist. Olise ist ein hervorragender Passgeber, der in engen Räumen den Unterschied machen und seine Mitspieler in Szene setzen kann. Und dann sind da noch die klassischen, blitzschnellen Außenstürmer wie Doue.
Deutschland wiederum verteidigte am Mittwoch mit viel durchschnittlicher Qualität – was sich gar nicht so sehr an die Spieler und ihr Potenzial richtet, sondern an die tatsächlich gezeigt Leistung. Dass Jonathan Tah und Waldemar Anton besser verteidigen können, als sie es getan haben, ist zumindest anzunehmen.
Bei Robin Koch und Maximilian Mittelstädt ist schon deutlicher davon auszugehen, dass sie auf diesem Niveau an ihre Grenzen kommen – und auch wenn Joshua Kimmich der beste Rechtsverteidiger ist, den Deutschland hat, hat er defensiv immer wieder seine Probleme mit schnellen und wendigen Spielern.
Große Hoffnung auf personelle Besserung besteht nicht. Nagelsmann muss weiterhin auf Antonio Rüdiger und Nico Schlotterbeck verzichten, von der Bank sind nur Robin Gosens und David Raum für die Mittelstädt-Position ernsthafte Alternativen – insbesondere dann, wenn der Bundestrainer wieder auf eine Dreierkette setzen sollte.
Externer Inhalt
DFB-Team: Die Offensive wieder in den Griff kriegen – Dreierkette in die Schublade packen?
Sollte sich Nagelsmann erneut für eine Dreierkette entscheiden, sind Raum und Gosens offensiv stärker als der Stuttgarter. Letzterer patzte gegen Portugal defensiv aber, was die Chance für Raum sein könnte. Seine Flügelläufe können ein gutes taktisches Mittel sein, andererseits wird sein Flankenspiel aber wenig gefragt sein.
Denn Nick Woltemade mag groß sein, er ist aber kein herausragender Kopfballspieler. Hier wäre nur Leon Goretzka eine Option gegen die in der Luft starken Franzosen. Viel mehr sollte sich Nagelsmann aber damit befassen, wie er die Stärken seines Teams wieder auf den Rasen bringt. Dabei könnte er sich an den Spaniern orientieren.
Denen war es nahezu egal, dass Frankreich offensiv viel Power mitbringt. Sie haben mit offenem Messer agiert und alle Risiken in Kauf genommen. Dafür wurden sie belohnt. Mit der Dreierkette verzichtet Nagelsmann bewusst auf einen offensiven Spieler, der den Druck erhöhen könnte.
WM 2026: Diese Teams sind bereits qualifiziert
Zwar wird der Bundestrainer argumentieren, dass man auch aus einer solchen Grundordnung heraus offensiv agieren kann. Doch es ist etwas anderes, ob ein Verteidiger diese Rolle übernimmt oder ein echter Angreifer.
Gegentore sind ohnehin wahrscheinlich. Warum also nicht versuchen, dem Gegner mit eigenen offensiven Mitteln möglichst viel entgegenzusetzen? Das kann auch bedeuten, dem Team im Mittelfeld mehr Stabilität zu verleihen. Beispielsweise durch den spielstarken Tom Bischof.
DFB-Team: In der vermeintlich sicheren Niederlage liegt eine Chance
Nagelsmann kennt sich aus mit einer niedrigen Erwartungshaltung. Als er übernahm und relativ schnell zwei Spiele verlor, war Deutschland gefühlt am Boden. Bei der Heim-EM wurde trotz guter Auftritte zuvor nicht viel erwartet – und das machte das Team zu einer Tugend.
Ähnlich könnte es nun gegen Frankreich sein. Dafür braucht es aber mehr Mut als gegen Portugal. Mehr Mut im Zusammenspiel mit Woltemade beispielsweise. Den mit Abstand besten Spielzug legten die Deutschen hin, als Aleksandar Pavlovic dessen Wandspieler-Qualitäten für ein Steil-Klatsch-Spiel ausnutzte. Wo waren diese Szenen darüber hinaus?
Deutschland hat technisch gute und passstarke Spieler. Sane könnte noch viel häufiger sein Tempo im Zusammenspiel mit Woltemade nutzen, Wirtz kann das sowieso und auch der besagte Bischof ist jemand, der prädestiniert für solche Spielzüge wäre.
Zu verlieren hat das DFB-Team nichts mehr. Gewinnen kann man hingegen auch, wenn die erwartete Niederlage eintreten sollte – und zwar mit einer klaren Reaktion im Vergleich zum Portugal-Spiel. Dafür muss es gelingen, den Druck von der eigenen Wackelabwehr mit mutigem und zielstrebigem Offensivfußball fernzuhalten.