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Die rückkehr des leistungsprinzips?

DFB-Team: Wie sich Julian Nagelsmann das Leben selbst schwer und Deutschland damit eine Freude macht

  • Aktualisiert: 19.03.2025
  • 10:55 Uhr
  • Justin Kraft

Julian Nagelsmann offenbart auf einer Pressekonferenz, wie komplex er seine Kaderzusammenstellung gestaltet. Das wiederum ist ein Segen für das DFB-Team.

Von Justin Kraft

Julian Nagelsmann ist jemand, der sich das Leben für gewöhnlich selbst gern schwer macht. Als Gesicht einer Trainergeneration, die einst liebevoll "Laptop-Trainer" getauft wurde, geht er auch den Job als Bundestrainer anders an als die meisten seiner Vorgänger.

Und das ist keineswegs negativ gemeint, sondern im Gegenteil: Nagelsmann hat der Nationalmannschaft auf vielen Ebenen eine positive Komplexität gegeben. Im taktischen Bereich, in der Kommunikation und auch bei der Kadernominierung.

Wobei Komplexität hier nicht mit Kompliziertheit verwechselt werden darf. Denn Nagelsmann schafft es gleichzeitig, die komplexen Entscheidungen nachvollziehbar und verständlich zu machen. Ein Schlüssel seines Erfolgs.

Bei der Nominierung des Kaders für die anstehenden Spiele gegen Italien in der Nations League wurde das abermals deutlich. Nagelsmann macht sich die Entscheidungen nicht einfach. Es mag Bundestrainer in der Vergangenheit gegeben haben, die sich deutlich weniger Gedanken über Nominierungen gemacht haben. Bei denen mancher Spieler zum Unverständnis vieler Fans eine Dauerkarte für das DFB-Team bekam.

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Und es gab andersherum auch Bundestrainer, bei denen ein Spieler endgültig und für immer raus war, wenn er es sich in irgendeiner Form mit ihm verscherzt hatte. Nagelsmann aber tickt anders. Das ist erfrischend.

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DFB-Team: Rückkehr von Leon Goretzka zeigt Nagelsmanns große Qualität

Ein sehr gutes Beispiel ist die Rückkehr von Leon Goretzka. Vor dessen Nominierung traf sich Nagelsmann nach eigener Aussage mit dem Profi des FC Bayern München. "Ein Gespräch, das mir wichtig war, weil ich einige Dinge ausräumen wollte", erklärte er auf der Pressekonferenz am Donnerstag.

Als er den Mittelfeldspieler im vergangenen Sommer für das Heimturnier aussortierte, gab es viele Berichte, die nahelegten, dass Goretzka eine Reservistenrolle nicht akzeptiert hätte. Nagelsmann gab dem mit diversen Aussagen zu vordefinierten Rollen innerhalb des Teams Futter.

Nun aber fanden beide wieder zueinander. Goretzka über starke Leistungen bei den Bayern und Nagelsmann, weil er seine Meinung zu Spielern ständig reflektiert. Niemand hat bei ihm einen festen Platz und muss es zu jedem Zeitpunkt rechtfertigen, Teil des Teams zu sein. Wer wiederum raus ist, kann sich auch zurückkämpfen.

Das war in der Vergangenheit schon mal anders.

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Julian Nagelsmann erklärt komplexe Entscheidungen

Doch wenn das vermeintliche "Leistungsprinzip" bei Nagelsmann gelobt wird, macht man es sich zu einfach. Dem Bundestrainer geht es nicht nur darum, dass die Spieler in ihren Klubs gute Leistungen bringen. Sie müssen gut ins Gesamtgefüge passen, sie müssen als Spielertyp auch in seine Vorstellungen passen.

Der Bundestrainer schaut auf deutlich mehr Details als die reine Leistungsfähigkeit. In Bezug auf Nick Woltemade vom VfB Stuttgart machte Nagelsmann das am Donnerstag sehr deutlich. "Am Ende geht es schon immer um eine Konstanz", sagte er: "Ich finde schon, wenn du A-Nationalspieler sein willst, dann musst du über einen längeren Zeitraum und über eine Saison gute Leistungen bringen und konstante Leistungen bringen."

Zwar hätte der Stürmer sich eine Nominierung "in der Aktualität" sicher "verdient gehabt", doch es gebe neben der Konstanz auch noch den Blick auf den gesamten DFB und damit auf die U21. Die spielt im Sommer nämlich eine wichtige Europameisterschaft, "in der Nick Woltemade eine tragende Rolle einnehmen kann und wird höchstwahrscheinlich".

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Grund dafür sei die Klub-WM, die einige Spieler an ihre Klubs binden wird, die sonst bei der U21 gespielt hätten.

"Ich möchte schon versuchen, auch an die Gesamtheit des DFB zu denken", so Nagelsmann: "Wenn jetzt ein Turnier wäre und ich will Nick Woltemade dabeihaben, dann wäre es schon wichtiger, wie das A-Nationalmannschaftsturnier ausgeht. Aber in dem Fall möchte ich auch einer guten U21-EM Rechnung tragen." Er wolle Antonio di Salvo "nicht alle Spieler wegnehmen, wenn ich nicht das Gefühl habe, dass sie so klar besser sind als die, die dabei sind".

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Nagelsmann muss jetzt einen guten Mix finden

Gleichzeitig betonte Nagelsmann am Donnerstag, dass es jetzt auch darum gehe, den Kader für die WM zu finden – zumindest im Grundstock. "Wir haben eineinhalb Trainingseinheiten, mehr oder weniger", erklärte der 37-Jährige: "Wir haben wenig Optionen, viel zu verändern. Wir haben den einen oder anderen Neuen dabei, aber im gesunden Rahmen und müssen uns für gewisse Spieler entscheiden."

Man müsse sich festigen und das "überwiegend mit einem ähnlichen Personal". Nagelsmann lieferte auch zu den anderen Einzelfällen kluge und nachvollziehbare Argumente, weiß sich und seine Entscheidungen in der Öffentlichkeit sehr gut zu verkaufen.

Das gab es so beim DFB vielleicht noch nie in dieser Transparenz. So sagte er über Chris Führich relativ deutlich, dass sein Output derzeit einfach "nicht gut genug" sei. Aussagen, die ohne Kontext vielleicht harsch wirken. Doch es ist bekannt, wie eng der Bundestrainer im Austausch mit seinen Spielern steht.

Mit dieser Art und Weise setzt Nagelsmann immer wieder neue Reize. Er verändert den Kader einerseits in entscheidenden Details, schafft es aber gleichzeitig, das Team in den wenigen gemeinsamen Phasen weiterzuentwickeln.

Gerade weil er jemand ist, der sich selbst das Leben unglaublich schwer macht, tut er dem DFB-Team so gut.

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