Bundesliga
Bremen-Shootingstar Derrick Köhn vor Bayern-Duell im ran-Interview: "Dann sind wir glücklich"
- Aktualisiert: 21.09.2024
- 10:37 Uhr
- Philipp Kessler
Derrick Köhn hat drei Jahre beim FC Bayern München gespielt. Aktuell startet der 25-Jährige beim nächsten Gegner des Rekordmeisters durch – dem SV Werder Bremen. Im Interview mit ran erzählt er, was er in München gelernt hat und worauf es am Samstag ankommt.
Von Philipp Kessler
Der Nächste, bitte?! Nach dem 6:1 bei Holstein Kiel und dem 9:2 in der Champions League gegen Dinamo Zagreb wartet am Samstag (15.30 Uhr, im Liveticker) Werder Bremen auf die formstarken Bayern.
Die Mannschaft von Trainer Ole Werner will dem deutschen Rekordmeister allerdings vor heimischer Kulisse deutlich mehr Gegenwehr leisten - und im Idealfall sogar die drei Punkte in Norddeutschland behalten.
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Dass Werder hart zu biegen ist, zeigte der Club mit der berühmten Raute am vergangenen Wochenende. In Unterzahl bezwangen die Bremer Mainz auswärts mit 2:1.
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Goldtorschütze: Debütant Derrick Köhn, der per Leihe von Galatasaray Istanbul an die Weser gewechselt war.
Das Wichtigste in Kürze
Im Interview mit ran spricht der frühere Linksverteidiger von Bayerns zweiter Mannschaft über das Duell mit seinem Ex-Club zum Wiesn-Start.
Derrick Köhn: "Dass die Bayern eine starke Mannschaft haben, weiß jeder"
ran: Herr Köhn, haben Sie das Champions-League-Spiel zwischen dem FC Bayern und Dinamo Zagreb am Dienstagabend gesehen?
Köhn: Ich muss ehrlich sagen: Nein. Ich habe Real Madrid gegen Stuttgart angeschaut. Aber nebenbei habe ich den Liveticker angehabt. Ich habe einige Mitteilungen bekommen, weil Bayern so viele Tore geschossen hat.
ran: 6:1 in Kiel, 9:2 gegen Zagreb - die Münchner haben sich für das Spiel am Samstag in Bremen ordentlich warmgeschossen.
Köhn: Das stimmt. Aber dass die Bayern eine starke Mannschaft haben, weiß jeder. Deshalb überraschen mich deren Ergebnisse nicht so krass. Sie haben eine sehr gute Offensive. Wenn sie zu Chancen kommen, dann sind sie auch gefährlich. Das zeigen auch die neun Tore gegen Zagreb.
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ran: Was lösen solche Kantersiege bei Ihren Teamkollegen und Ihnen aus?
Köhn: Über diese Ergebnisse haben wir nicht nachgedacht. Wichtig ist, dass wir uns auf uns konzentrieren, dass jeder Einzelne seine Bestleistung auf den Platz bringt und dass wir am Samstag gewinnen.
ran: Passend zum Wiesn-Start am Samstag in München möchte Bremen also den Bayern die berühmte Lederhose ausziehen?
Köhn: Von solchen Sprüchen halte ich nicht so viel. Ich hoffe einfach, dass wir ein gutes Spiel machen.
Derrick Köhn: "Gegen die Bayern braucht man auch ein bisschen Glück"
ran: Wie kann das gegen die Münchner gelingen?
Köhn: Gegen die Bayern braucht man auch ein bisschen Glück. Wie gesagt: Wenn wir uns auf uns fokussieren, das umsetzen, was der Trainer uns mitgibt und jeder für jeden kämpft, dann können wir ein gutes Spiel machen. Jeder muss an seine Grenzen gehen. Die Bundesliga hat ein gutes Niveau. Aber gegen die Spieler des FC Bayern muss man noch mal eine Schippe drauflegen.
ran: Ist man gegen Top-Teams wie den FC Bayern extra motiviert?
Köhn: Das würde ich schon sagen. Das ist ein Highlight, das uns noch mehr pushen wird. Aber generell gehe ich in jedes Spiel, um Zweikämpfe zu gewinnen. Das wird gegen den FC Bayern nicht anders sein. Ich habe keine Angst. Auch gegen die Bayern will ich gegen jeden Gegenspieler meine Duelle gewinnen und das Spiel gewinnen. Ich denke dabei nicht daran, ob Harry Kane vor mir steht oder ein anderer.
ran: Was macht Werder gefährlich?
Köhn: Ich muss sagen, dass wir ein starkes Team sind. Die Chemie innerhalb der Mannschaft ist sehr gut, das sieht man auch auf dem Platz. Gegen Mainz haben wir das Spiel in Unterzahl gewonnen. Wir sind eine Einheit und die Mentalität stimmt ebenfalls. Das spricht für uns.
ran: Sie haben in Mainz ein äußerst gelungenes Bremen-Debüt gefeiert. Nach Ihrer Einwechslung haben Sie das entscheidende Tor zum 2:1 erzielt.
Köhn: Besser geht es nicht. Das waren Emotionen, die man nur schwer beschreiben kann. Ich musste selbst erst ein bisschen klarkommen und reflektieren, dass das tatsächlich passiert ist. Ich habe mich extrem gefreut, als ich das Tor gemacht habe. Ich wollte das Spiel unbedingt gewinnen. Nach dem Treffer habe ich mir gesagt: 'Ey, Derrick! Wir sind in Unterzahl, wir müssen verteidigen und den Sieg nach Hause bringen.' Wir waren alle so froh, dass wir die drei Punkte nach Bremen holen konnten. Die Mannschaft hat sich auch so krass für mich gefreut. Als ich zuhause angekommen bin, konnte ich nicht sofort einschlafen. Ich war ein bisschen länger wach, habe dann aber gut geschlafen. Und morgens bin ich mit einem Lächeln aufgewacht.
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ran: Auch die mitgereisten Bremer Fans waren aus dem Häuschen. Welche Rolle können die Anhänger gegen die Bayern spielen?
Köhn: Stimmt, in Mainz waren die Fans überragend. In Unterzahl zu spielen ist immer schwer, aber unsere Anhänger haben uns den entscheidenden Push gegeben. Wenn sie uns gegen Bayern wieder antreiben, dann sind wir glücklich. Die Fans geben uns Energie, sie sind der 12. Mann.
ran: Apropos: Viele Profis sagen, dass die Fans Ihres Stammvereins Galatasaray Istanbul die lautesten der Welt sind. Stimmt das?
Köhn: Das kann ich bestätigen. Ich erinnere mich noch gut an mein erstes Spiel für Gala im vergangenen Jahr. Ich bin aufs Spielfeld gekommen, der Gegner hatte den Ball, wurde ausgepfiffen - und ich musste erst mal kurz klarkommen und mir teilweise die Ohren zuhalten. Es war extrem laut. Mir wurde bewusst: 'Derrick, du kannst deinem Mitspieler nicht einfach kurz eine Anweisung zurufen, du musst zu ihm hinlaufen oder bereits vor dem Spiel besprechen, was genau zu tun ist.' Aber diese Erfahrung bei Gala hat sehr viel Spaß gemacht. Es war so laut, so viele Emotionen waren dabei. Als Spieler hat man so viel Freude. Es war sehr gut.
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ran: Sie könnten diese Saison auch in der Königsklasse spielen. Warum haben Sie Galatasaray nach nur einer Saison als Meister, Superpokalsieger und zuletzt auch Stammspieler verlassen?
Köhn: In erster Linie deshalb, weil Werder ein sehr guter Club ist. Ich sehe, dass ich mich in Bremen bestmöglich weiterentwickeln kann. Die Bundesliga hat ein sehr gutes Level, ich habe gute Gegenspieler. Das waren ausschlaggebende Punkte. Zudem hatte ich von Anfang an tolle Gespräche mit den Verantwortlichen.
ran: Sie sind durch die Leihe auch näher an Ihrer Heimat Hamburg.
Köhn: Als ich meiner Familie und meinen Freunden gesagt habe, dass ich bei Bremen ein gutes Gefühl habe, haben sie sich sehr gefreut. Aber am Ende liegen meine sportlichen Entscheidungen in meiner Hand. Und bei Werder hat einfach alles gepasst.
ran: Sie sind beim Hamburger SV, dem einstigen großen Bundesliga-Konkurrenten von Werder, groß geworden. Wie passt da Bremen in Ihre Vita?
Köhn: Ja, ich habe beim HSV gespielt, aber vor allem, weil ich einfach das Fußballspielen geliebt habe. Ich bin nach der U19 von Hamburg nach München zum FC Bayern gewechselt. Es ist seitdem sehr gut gelaufen. Und nun bin ich sehr froh, dass ich bei Bremen spiele.
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ran: Wie würden Sie Ihren Spielstil inzwischen beschreiben?
Köhn: Ich bin sehr offensivfreudig. Ich mag es, in Dribblings zu gehen. Als Linksverteidiger schieße ich gerne Tore und spiele auch gerne den letzten Pass. In der Verteidigung gehe ich aggressiv in Zweikämpfe. Ich ziehe nicht zurück. Mir liegt es, dass wir bei Bremen mit Dreierkette spielen. Meine Position als linker Außenverteidiger kommt mir sehr entgegen.
ran: Bayern II, Willem II in den Niederlanden, Hannover, Galatasaray und jetzt Bremen. Mit 25 Jahren haben Sie im Profifußball schon einiges erlebt. Haben Sie je daran gezweifelt, dass es mit der Karriere nicht klappen könnte?
Köhn: Nein, nie. Seitdem ich klein bin, wusste ich, dass ich ein guter Spieler bin. Wenn ich mein Talent und mein volles Potenzial auf den Platz bringe, dann werde ich es schaffen - das war mir immer klar. Natürlich gab es bei Hamburg eine kurze Phase, in der ich mich gefragt habe: 'Reicht das überhaupt?' Zum Glück bin ich da rausgekommen. Trainer Tim Walter hat mich nach München geholt, ich konnte wieder frei aufspielen. Seitdem habe ich nicht mehr gezweifelt, sondern immer an mich geglaubt. Meine Familie, meine Freunde und meine Freundin haben mich jederzeit gestärkt.
ran: Von 2017 bis 2020 haben Sie beim FC Bayern gespielt. Welche Erinnerungen haben Sie an diese Zeit?
Köhn: Mit der zweiten Mannschaft haben wir 2019 den Premier League International Cup in London gewonnen. Im selben Jahr sind wir auch von der Regionalliga in die 3. Liga aufgestiegen. Gleich anschließend wurden wir dort Meister. Insgesamt waren es drei Trophäen, die wir damals geholt haben. Es war eine gute und schöne Zeit. Wir hatten eine sehr gute Mannschaft mit sehr guten Spielern auf der Bank. Die Trainer waren auch super. Ich konnte viel mitnehmen.
ran: Sie haben auch mit den Profis des FC Bayern trainiert.
Köhn: Ich war 18 Jahre alt, als ich das erste Mal oben mitmischen durfte. Damals haben noch Spieler wie Ribéry, Robben oder Lewandowski beim FC Bayern gespielt. Thiagos erster Kontakt war unglaublich sauber. Alaba hat damals noch Linksverteidiger gespielt wie ich. Natürlich schaut man darauf, was er macht oder wie er sich bewegt. Von solchen Spielern kann man schon etwas mitnehmen. Aber mir war auch immer wichtig, meinen eigenen Stil miteinzubringen.
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ran: Sie kommen aus Norddeutschland, kennen aber auch die bayerische Mentalität. Inwiefern unterscheiden sich die beiden Lebensweisen?
Köhn: Die Menschen sind sowohl oben als auch unten lieb. Aber im Süden sprechen sie ein bisschen anders. Wenn Thomas Müller etwas schneller geredet hat, musste ich mich schon konzentrieren. Aber es gab auch bei alltäglichen Begriffen Unterschiede. Ein Beispiel: Im Norden sagt man Brötchen, im Süden Semmel. (lacht) Solche Dinge musste ich erst mal lernen.
ran: Etwas ungewöhnlich war für Sie auch der Grund, warum Sie Derrick heißen.
Köhn: Das stimmt. Mir war das lange Zeit nicht klar. Dann habe ich meine Mutter gefragt und sie hat mir erzählt, dass Derrick früher eine Krimiserie war, die immer im ZDF lief. Das war der Name des Kommissars. Sie fand den Namen schön und deshalb hat sie mich so genannt.
ran: Sie haben einst für die U19-Auswahl Deutschlands gespielt. Ihre Eltern kommen aus Ghana. Haben Sie mal darüber nachgedacht, die Nationalmannschaft zu wechseln?
Köhn: Ich habe schon Anfragen von Ghana bekommen und hatte die Möglichkeit, öfters mit dem Nationaltrainer zu sprechen. Aber ich habe mir darüber noch nicht so viele Gedanken gemacht. Ich möchte mich erst einmal auf den Klubfußball konzentrieren und mich weiterentwickeln. Alles andere wird man sehen.