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Bundesliga: Overreactions zum 1. Spieltag - FC Bayern und Harry Kane auf Rekordkurs, Jürgen Klopp kehrt zurück
- Veröffentlicht: 24.08.2025
- 19:06 Uhr
- Chris Lugert
Der erste Spieltag der neuen Bundesliga-Saison ist beendet - mit durchaus interessanten Ergebnissen. Natürlich sollte man mit Schnellschüssen vorsichtig sein, aber Überreaktionen sind allemal drin. ran hat sie zusammengetragen.
Von Chris Lugert
Lange haben Fans auf den ersten Spieltag der Bundesliga-Saison 2025/26 hingefiebert, da ist er auch schon wieder vorbei. Wer gehofft hatte, zumindest jetzt einen überraschenden Tabellenführer zu Gesicht zu bekommen, der wurde enttäuscht. Der FC Bayern München bestimmt das Tempo direkt zum Start.
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Während der Rekordmeister beim 6:0 gegen RB Leipzig bereits eine Drohung an die gesamte Liga schickte, taten sich die anderen vermeintlichen Topklubs schwerer. Bayer Leverkusen (1:2 gegen die TSG Hoffenheim) und der VfB Stuttgart (1:2 bei Union Berlin) verloren, Borussia Dortmund richtete seinen Blick beim 3:3 beim FC St. Pauli zu früh Richtung Reeperbahn.
Einzig Eintracht Frankfurt untermauerte seine Ansprüche beim 4:1 gegen Werder Bremen, weil die Hessen mal wieder mit jungem Talent glänzten. Sportvorstand Markus Krösche dürfte bereits die Euro-Zeichen in den Augen haben. Und die Bremer? Die werden immerhin nach dem Spiel mit der Eintracht verwechselt.
Was sagen uns die Geschehnisse des Auftakt-Spieltages über die weitere Saison? ran wagt einen verfrühten Blick in die Glaskugel und hat einige way-too-early Overreactions gesammelt.
Overreaction #1: FC Bayern und Harry Kane brechen Rekorde
Was die Bayern am Freitagabend mit Leipzig veranstaltet haben, dürfte bei den Fans zu einer Mischung aus Begeisterung und Entsetzen geführt haben - je nachdem, ob man es mit den Münchnern hält oder eben nicht.
Klar jedoch dürfte sein, dass das Rennen um die Meisterschaft so spannend werden dürfte, wie dem Inhalt eines Wasserglases beim Verdunsten zuzuschauen. Manch einer forderte bereits die Schalenübergabe, so könnte man sich das lästige Prozedere im Frühling ersparen und sich vollends auf die wichtigen Themen fokussieren.
Doch auch wenn die Meisterschaft für die Bayern wohl nur Formsache sein dürfte, heißt das nicht, dass nicht auch der Branchenprimus in der Bundesliga spezielle Ziele verfolgen kann. Denn im Gegensatz zu Bayer Leverkusen 2023/24 ist es den Bayern noch nie gelungen, ungeschlagen Meister zu werden.
Unsere Prognose: Das wird auch in dieser Saison nichts, irgendeinen unerwarteten Ausrutscher wird sich das Team von Trainer Vincent Kompany erlauben. Was aber möglich ist: den eigenen Punkterekord aus der Spielzeit 2012/13 knacken. 91 Punkte waren es damals, diese Marke wird fallen.
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Apropos Rekord: Harry Kane hat sich wieder mit einem Hattrick eingeführt, der Engländer scheint in herausragender Form zu sein. Und die wird ihn zu mehr als 41 Toren in dieser Saison tragen. Die historische Bundesliga-Bestmarke von Robert Lewandowski aus der Saison 2020/21 ist fällig.
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Overreaction #2: Jürgen Klopp löst Ole Werner noch vor Weihnachten ab
Des einen Freud ist des anderen Leid. Auf den ersten Blick sahen die Transfers von RB Leipzig in der Sommerpause gut aus, doch zwischen Theorie und Praxis - das wissen nicht nur Fahrschüler - gibt es teils gewaltige Unterschiede.
Neu-Trainer Ole Werner hatte sich sein Debüt an der Seitenlinie der Bullen wohl auch ganz anders vorgestellt, der Auftritt in München ließ nicht erkennen, wie RB die Rückkehr unter die Topteams der Liga schaffen soll. Doch genau das ist die Aufgabe, die der Klub an Werner gestellt hat.
Und wie das seit Jahresbeginn in Leipzig so ist, muss jeder Trainer bei zunehmendem Misserfolg mit Nachfragen zu einem gewissen Jürgen Klopp rechnen. Der Erfolgscoach von Borussia Dortmund und des FC Liverpool, der eigentlich kein Trainer mehr sein will, wirkt wie ein Schattentrainer am Cottaweg.
Die Nachfolge seines Kumpels Marco Rose hat der neue RB-Fußball-Chef Klopp in der Schlussphase der vergangenen Saison nicht angetreten, bei Werner gibt es jedoch keine persönlichen Befindlichkeiten.
Weshalb es noch vor der Weihnachtspause zum Knall kommen wird. Werner kriegt seine Mannschaft nicht in die Spur, Leipzig hinkt den eigenen Erwartungen weit hinterher. Klopp wechselt sich zwar nicht als Spieler ein, aber installiert sich selbst auf der sächsischen Trainerbank und beerbt Werner.
Overreaction #3: Eintracht Frankfurt wird Vizemeister
Mario Basler ist für seine steilen, teils auch kontroversen Aussagen und Thesen ja durchaus bekannt. Sein Take, Eintracht Frankfurt wird Deutscher Meister, dürfte so aber wohl nicht zu halten sein. Vielleicht würde der Europameister von 1996 jetzt auch anders entscheiden, nachdem er die Bayern hat spielen sehen.
Was aber zweifellos richtig ist: Die Eintracht macht einen starken Eindruck, auch ohne den abgewanderten Hugo Ekitike. Gegen Bremen spielten plötzlich Can Uzun und Jean-Matteo Bahoya groß auf. Der junge Franzose schoss in einem Spiel so viele Bundesligatore wie in anderthalb Jahren in Frankfurt zuvor insgesamt.
Trainer Dino Toppmöller scheint es einfach völlig egal zu sein, in jeder Transferperiode seinen besten Spieler zu verlieren und ersetzen zu müssen. Und genau das macht die Frankfurter so gefährlich. Krösche hat einen qualitativ und quantitativ guten Kader gebaut, der sich mit Ausnahme der Bayern vor niemandem verstecken muss.
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In der vergangenen Saison war die Eintracht bereits Dritter, neun Punkte hinter Bayer Leverkusen. Doch die Werkself muss sich nach dem Radikalumbruch im Sommer erst noch finden, zumal unklar ist, ob die vielen prominenten Abgänge qualitativ überhaupt aufgefangen werden können (siehe unten).
Borussia Dortmund, das sich selbst ja gerne als zweiten Leuchtturm der Bundesliga sieht, müsste erst einmal auf dem Transfermarkt anfangen. Dass sich der BVB im Vergleich zum Vorjahr wirklich verbessert, ist fraglich. Oder, um es anders auszudrücken: Der Leuchtturm ist schon seit längerer Zeit außer Betrieb. Weshalb Frankfurt Vizemeister wird.
Overreaction #4: Werder Bremen steigt ab
Dass Werder Bremen aktuell sportlich mit Eintracht Frankfurt verwechselt wird, dürfte kaum passieren. Insofern war es für Marco Friedl ja sogar ein Kompliment, als er nach der Packung in der hessischen Metropole im "Sky"-Interview für einen Eintracht-Spieler gehalten wurde. Wirklich lachen konnte er darüber aber nicht.
An der Weser herrscht bereits Alarmstufe Rot. Auf eine bedenkliche Vorbereitung folgten das Pokalaus bei Arminia Bielefeld und jetzt die Klatsche in Frankfurt. Das Ergebnis war dabei etwas deutlicher, als es das Spiel eigentlich hergab. Doch der Trend beim Team des neuen Trainers Horst Steffen zeigt in keine positive Richtung.
Der Coach bewies über Jahre bei der SV Elversberg, dass er aus Schei..., also dass er aus nicht so gutem Material, Gold machen kann. Doch war die Arbeit beim chronischen Underdog im saarländischen Nirgendwo auch nicht zu vergleichen mit dem Standing eines mehrfachen Deutschen Meisters. Und mit dem dortigen Druck.
In der vergangenen Saison spielten die Bremer lange um Europa mit, doch darauf deutet derzeit so gar nichts hin. Der Kader ist einer der schwächsten der gesamten Liga, vor allem im Sturm mangelt es an Bundesliga-Qualität. Der lange Ausfall von Führungsspieler Mitchell Weiser schmerzt.
Insgesamt ist das einfach zu wenig, um die Klasse zu halten. Zumal die Werderaner erst wieder lernen müssen, mit dem Abstiegskampf umzugehen - anders als etwa der FC St. Pauli oder der 1. FC Heidenheim. Am Saisonende muss Bremen den Gang in die zweite Liga antreten.
Overreaction #5: Bayer Leverkusen verpasst den Europapokal
Einen derartigen Personalumbruch, wie ihn Bayer Leverkusen in diesem Sommer erlebt hat, gibt es selbst in der NFL selten - und das heißt schon etwas im Land des "hire and fire". Leverkusen feuerte zwar niemanden, aber die Masse an Spielern plus der Erfolgstrainer, die den Rhein verlassen haben, ist gewaltig.
Kein Wunder, dass es zum Anfang der Saison hakt. Der neue Trainer Erik ten Hag, der den Klub selbst erst einmal kennenlernen muss, steht vor der gewaltigen Aufgabe, eine neue Einheit zu formen und dabei auch noch eine komplett neue Hierarchie aufzubauen. Dagegen war selbst Manchester United ein Paradies - auch das will etwas heißen.
Denn Leverkusen verlor nicht nur Qualität, sondern auch nahezu alle wichtigen Führungsspieler. Lukas Hradecky, Jonathan Tah, Granit Xhaka, Florian Wirtz - das sind Abgänge, die jedem Klub einzeln schon wehtun würden. Bayer musste sie auf einen Schlag hinnehmen. Junge Spieler kamen, aber wozu sind die jetzt schon fähig?
Ohne Xabi Alonso fehlt dem Klub zudem ein strahlendes Aushängeschild, das Bayer in den vergangenen Jahren einen ungewohnten Glanz verliehen hat. Kurzum: Alle Personen, die den Verein zuletzt irgendwie interessant gemacht haben, sind weg.
Und das wird sich auch sportlich bemerkbar machen. Die Heimniederlage gegen die TSG Hoffenheim war bereits ein Vorgeschmack darauf, dass die Saison maximal knifflig werden dürfte. Am Ende sind die Fragezeichen einfach zu groß: Leverkusen rutscht ins Mittelfeld ab und verpasst die internationalen Wettbewerbe.
Overreaction #6: Nick Woltemade wird zum One-Hit-Wonder
Der VfB Stuttgart ist hart geblieben, Nick Woltemade wird auch in der Saison 2025/26 Teil der Schwaben sein. Sportliche Wettbewerbsfähigkeit statt (viel) Geld, so lautete die Devise. Der Bundesliga-Auftakt bei Union Berlin bewies, dass diese Entscheidung am Ende auch ein ganz großer Fehler gewesen sein könnte.
Denn die Niederlage in Köpenick zeigte nicht nur, dass die Schwaben aktuell nicht in der Verfassung sind, in der sie unter Trainer Sebastian Hoeneß schon waren. Sondern auch, dass Woltemade doch keine Maschine ist, die seit Jahren auf hohem Niveau liefert, sondern er mehr oder weniger ein gutes halbes Jahr vorweisen kann.
Insofern war es aus betriebswirtschaftlicher Sicht schon gewagt, ein Angebot von 50 Millionen Euro plus X abzulehnen. Denn was ist, wenn sich Woltemade als historisches One-Hit-Wonder, als Lou Bega des Fußballs, entpuppt? Dann können die Schwaben dem Geld hinterhertrauern, auf ihrem Konto landet aber nichts davon.
Vom Bayern-Traum in den Keller: Fans fühlen mit Woltemade
Die Gefahr, dass das passiert, ist real. In Berlin schoss Woltemade zwar ein Tor, das wegen Abseits nicht zählte. Ansonsten war vom Nationalspieler aber herzlich wenig zu sehen. Was nicht heißt, dass Woltemade plötzlich in der Versenkung verschwindet. Aber der Star, zu dem er gemacht wurde, ist er womöglich auch nicht mehr.
Und in Stuttgart wird man sich in diesem Fall damit trösten müssen, dass man Woltemade 2024 ja immerhin ablösefrei geholt hat. Wirklich etwas davon kaufen kann man sich aber nicht. Zumindest nichts, was man für 50 Millionen Euro bekommen hätte.
Overreaction #7: Mainz durchlebt das Heidenheim-Schicksal
So schön ein Europapokal-Abenteuer für reiselustige Fußballfans und für die Kassen eines Fußballvereins auch sein mag, so gefährlich ist die ungewohnte Belastung mit reihenweise englischen Wochen. Ein Klub, der bislang jede Woche ausführlich trainieren konnte, ist plötzlich im Drei-Tages-Rhythmus gefordert.
Der 1. FC Heidenheim konnte in der Vorsaison ein Lied davon singen. Ein absolutes Highlight wie ein Heimspiel gegen den FC Chelsea ließ eine gesamte Region in Ekstase geraten, doch das Brot-und-Butter-Geschäft Bundesliga litt enorm. Am Ende gelang nur hauchdünn über die Relegation der Klassenerhalt.
Ein Jahr später droht dem 1. FSV Mainz 05 ein ganz ähnliches Schicksal. Die Rheinhessen haben den Saisonstart gegen Aufsteiger 1. FC Köln mit 0:1 in den Sand gesetzt, sogar in der Playoff-Runde zur Conference League gab es eine 1:2-Niederlage bei Rosenborg Trondheim. Trainer Bo Henriksen erlebt derzeit eine Krise.
Was auch damit zuammenhängt, dass - wie bei Heidenheim im Vorjahr - der beste Stürmer abgegeben wurde. Beim FCH war es Tim Kleindienst, die Mainzer verloren in diesem Sommer ihren Kapitän Jonathan Burkardt. Dieser Verlust konnte bislang nicht kompensiert werden.
Die Parallelen sind offenkundig, ein Absturz in die Relegation erscheint absolut denkbar. Doch eine Möglichkeit, diesen Strudel zu umgehen, gibt es noch. Gelingt im Rückspiel gegen Trondheim nicht die Wende, wäre der Europa-Traum zwar ganz früh ausgeträumt. Aber national stünden die Aktien deutlich besser.