FC Bayern München - Joshua Kimmich und Konrad Laimer im Formtief: Sechser-Debatte nimmt erneut Fahrt auf
Aktualisiert: 27.10.2023
11:51 Uhr
Kai Esser
Lange suchte der FC Bayern München nach Verstärkung auf der Sechserposition. Am Ende gab es diese nicht. Die Leistungen zeigen: Genau dieser fehlt dem FCB aktuell.
Man könnte meinen, dass die Wogen beim FC Bayern München aktuell glatt sind. Nach vier Pflichtspielsiegen in Folge sind die Münchner an der Tabellenspitze der Bundesliga dran und in der Champions League nach dem dritten Spiel so gut wie weiter.
Allerdings täuschen die Ergebnisse ein wenig über die Leistungen hinweg. Bei Galatasaray (3:1) waren die Bayern in der ersten Halbzeit klar das unterlegene Team und retteten sich am Ende durch ihre individuelle Qualität im Hexenkessel von Istanbul.
Selbst beim Spiel zuvor gegen Mainz, seines Zeichens Tabellenletzter der Bundesliga, tat sich der FCB trotz des gleichen Ergebnisses schwer.
Das liegt vor allem an der fehlenden Balance im Mittelfeld. Die ist nicht nur mit bloßem Auge erkennbar, sondern auch statistisch nachweisbar.
Eigentlich war der Österreicher Konrad Laimer als Lösung für das zentrale Mittelfeld geholt worden. Als "Zweikampfmonster" betitelte ihn der damalige Sportvorstand Hasan Salihamidzic.
Doch ist er das wirklich? Laut den Daten des Statistik-Dienstes "Opta" gewinnt Laimer in dieser Bundesliga-Saison nur die Hälfte seiner direkten Duelle. Zu wenig für einen Spieler, der sich selbst als Defensivspieler sieht und auch als solcher geholt wurde und eingesetzt wird.
Vor allem, wenn er auf die Rechtsverteidigerposition ausweichen muss. Dort wird er öfter mal gebraucht, weil auch dort die Personaldecke dünner ist, als es Trainer Thomas Tuchel lieb ist.
Der forderte bereits im Sommer vehement Verstärkungen. "Es gibt keinen Sechser in diesem Kader", sagte er. "Wir müssen arbeiten mit dem, was wir haben."
So vehement war die Forderung, dass sich sogar Ehrenpräsident Uli Hoeneß einschaltete und - wie man das von ihm kennt - medienwirksam widersprach: "Der Kader ist nicht zu dünn!"
Doch selbst wenn man von den Defensivstatistiken absieht: Auch die Passquote stimmt bei Laimer noch nicht, immerhin Brot und Butter eines jeden zentralen Mittelfeldspielers. Sei es defensiv oder offensiv. In Istanbul waren es lediglich 73 Prozent angekommene Pässe - zu wenig für ein dominantes Team wie die Bayern.
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Joshua Kimmich ist (k)ein Sechser
Dann wäre da noch Laimers Nebenmann Joshua Kimmich. Um den wurde es in dieser Saison bereits mehrmals unruhig. Erst, weil er seinem Trainer energisch widersprach ("Ich bin ein Sechser"), dann, weil er seinen unangefochtenen Stammplatz unter dem neuen DFB-Trainer Julian Nagelsmann einbüßte.
Überhaupt sind die Probleme der Nationalmannschaft wie beim FC Bayern relativ gleich: Es fehlt die Balance und der Zugriff im defensiven Mittelfeld. Beide hängen untrennbar mit der Personalie Kimmich zusammen. Fraglos kann der 28-Jährige Sechser spielen, die Fähigkeiten dazu hat er.
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FC Bayern München in der Champions League zu Gast bei Galatasaray Istanbul: Die Noten der Bayerns-Stars
Die Noten des FC Bayern beim CL-Spiel gegen Galatasaray Der FC Bayern steht mit einem Bein im Achtelfinale der Champions League: Die ersatzgeschwächten Münchner feierten im lautstarken Hexenkessel von Istanbul gegen Galatsaray mit einem 3:1 den dritten Sieg im dritten Vorrundenspiel. Vor allem in der ersten Stunde hatte der FCB aber enorme Probleme. Die Noten der Bayern und die Einzelkritik.
Sven Ulreich Fels in der Brandung: Rettet zweimal gegen den agilen Aktürkoglu in höchster Not (9., 38.) und hat einmal Glück, als er eine Hereingabe von Tete vor die Füße Aktürkoglus fallen lässt, der aber freistehend drüberschießt (11.). Bei Icardis Panenka zum 1:1 vom Elfmeterpunkt chancenlos (30.). In der zweiten Halbzeit etwas weniger unter Beschuss, insgesamt sehr souverän. ran-Note: 2
Noussair Mazraoui Etwas überraschend steht der verletzt von der Nationalmannschaft zurückgekehrte Marokkaner in der Startelf. Mit einigen Problemen gegen Zaha, die fehlende Fitness ist ihm anzumerken. Macht nach 78 Minuten Platz für Sarr. ran-Note: 4
Matthijs de Ligt Auch dem Niederländer gelingt es in der ersten Halbzeit nicht, in der Hintermannschaft für Ordnung zu sorgen. Tut aber sein Möglichstes, hat die meisten Rettungsaktionen und die meisten gewonnenen Zweikämpfe auf Bayern-Seite. ran-Note: 2
Min-jae Kim Schwer beschäftigt mit der Gala-Offensive, wirkt dabei nicht immer sicher. Leitet mit einem Fehlpass die Großchance von Aktürkoglu ein (38.). Nach dem Wechsel gegen die langsam nachlassenden Platzherren deutlich stabiler. ran-Note: 4
Alphonso Davies Nutzt ein paar Mal den Raum nach vorne und seine Schnelligkeit bei Gegenstößen gut aus, allerdings ohne Ertrag. In der Defensive hingegen gegen den ebenfalls schnellen Tete mit Problemen, weshalb er nach der Pause vor allem seine Hälfte absichert. Vergibt die große Chance zum 3:1, als er ans Außennetz schießt statt mehrere freistehende Mitspieler zu bedienen (77.). ran-Note: 3
Joshua Kimmich Dem Kapitän gelingt es kaum einmal, das Münchner Aufbauspiel zu beruhigen. Zu viele Ballverluste, allein neun in der ersten Halbzeit, schwache Zweikampfquote und schlechte Pässe. Verursacht zudem den Elfmeter zum 1:1, als er gegen Icardi zu spät kommt, und kurz vor der Pause fast auch noch das 1:2. Nach dem Wechsel etwas verbessert. ran-Note: 4
Konrad Laimer Der Österreicher darf nach Goretzkas Verletzung wieder mal im Mittelfeld ran. Ist dort aber zu oft einen Schritt zu spät, auch bei Standards, und leistet sich zu viele Ballverluste. ran-Note: 4
Kingsley Coman Bleibt wie schon am Samstag in Mainz nach Sane-Vorlage eiskalt und trifft zur frühen Führung (9.). Nutzt seine Schnelligkeitsvorteile und den sich oft bietenden Raum danach aber nicht konsequent. Macht nach 83 Minuten Platz für Tel. ran-Note: 3
Jamal Musiala Kann sich gegen die aggressiven Gastgeber dank seiner Klasse immer wieder befreien und leitet so einige Münchner Angriffe ein. Schafft es als zentraler Mann aber auch lange nicht, die sehr hoch stehenden Gäste entscheidend auszuspielen. Dreht aber am Ende auf, als er Kanes Führung einleitet und danach selbst wunderbar zum 3:1 vollendet (80.). ran-Note: 2
Leroy Sane Der Nationalspieler bereitet die Führung vor, spielt aber danach mehrmals in aussichtsreicher Position nicht zu Ende. Zudem mit Pech im Abschluss: Sein Schuss aus 16 Metern geht übers Tor (33.), nach der Pause scheitert er an Muslera (63.). ran-Note: 3
Harry Kane Hat Schwierigkeiten, sich gegen die aufmerksame Abwehr der Gastgeber durchzusetzen und ist lange kaum im Spiel. Doch dann ist der Engländer in der 74. Minute eiskalt zur Stelle, als er zur erneuten Führung abstaubt. Und nur sechs Minuten später leitet er mit schöner Vorarbeit auf Musiala das 3:1 ein. Nach 83 Minuten für Choupo-Moting ausgewechselt. ran-Note: 2
Bouna Sarr Der Senegalese kommt nach 78 Minuten für Mazraoui in die Partie und hilft auf der rechten Abwehrseite mit, den Vorsprung über die Zeit zu bringen. ran-Note: ohne Bewertung
Mathys Tel Der Superjoker ersetzt seinen Landsmann Coman ebenfalls nach 83 Minuten. Bemüht, aber diesmal ohne Erfolgserlebnis. ran-Note: ohne Bewertung
Woran es effektiv zu scheitern scheint, ist die Disziplin, sich auch nur auf diese Position zu fokussieren. Kimmich will hinten die Bälle gewinnen, im Mittelfeld die Anspielstation sein, im Halbraum Flanken schlagen und am Strafraumrand für den zweiten Ball bereitstehen - und das gefühlt alles gleichzeitig.
"Das größte Problem in meinen Augen ist, dass sie nach wie vor keine Achse haben, die dieses Innenleben in wichtigen Phasen stabilisiert", kritisierte Matthias Sammer in Istanbul bei "Prime Video".
Tuchel ist es in seiner bisherigen Amtszeit noch nicht gelungen, Kimmich eine Art Fußfessel anzulegen. Sicher würde man ihm damit ein paar seiner Qualitäten berauben, aber für das Gesamtbild der Mannschaft wäre es deutlich besser, wenn Kimmich tatsächlich die Rolle einnehmen würde, wie sie Rodri bei Manchester City oder auch Toni Kroos bei Real Madrid bekleiden: Als zweikampfstarke, tiefe Mittelfeldspieler, die das Tempo rausnehmen oder entsprechend forcieren.
Probleme gegen starke Gegner werden offensichtlich
Dass den Bayern eine solche Rollenverteilung fehlt und Tuchel mit seinen beinahe schon verzweifelten Hilferufen in Richtung Chefetage Recht hat, zeigt die Bayern-Bilanz gegen hochklassige und organisierte Gegner.
Mit RB Leipzig (zwei Mal) und Bayer Leverkusen bekamen es die Bayern bisher in drei Spielen mit Gegnern zu tun, die ungefähr in der Nähe der Qualität des FCB-Kaders anzusiedeln sind. Die Bilanz: Zwei Unentschieden und eine 0:3-Pleite.
Gegen Gegner wie Werder Bremen oder den VfL Bochum reicht - bei allem Respekt - vor allem die individuelle Qualität der Mannschaft.
Dreesen stärkt Mazraoui den Rücken: "Wollen ihn voll integrieren"
Selbst in der Champions League wankte der FCB gehörig. Dem verdienten, aber unsouveränen 4:3 gegen Manchester United folgte ein knappes 2:1 beim FC Kopenhagen sowie ein glückliches 3:1 in Istanbul.
"Das ist nicht das erste Mal, sie spielen hier gegen 'Gut', aber noch nicht gegen 'High Level'", fand Sammer nach dem Spiel deutliche Worte: "Sie müssen sich verbessern. So wird es schwierig werden."
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Tuchel muss Probleme mit Laimer und Kimmich lösen - Palhinha-Wechsel wankt
Großartig rotieren oder gar ausprobieren kann Tuchel allerdings nicht. Laimer und Kimmich sind seine letzten verbliebenen zentralen Mittelfeldspieler, Leon Goretzka ist mit seiner gebrochenen Hand erst einmal außer Gefecht.
Jamal Musiala, der wohl dynamischste Offensivspieler des FCB, wird weiter vorne gebraucht.
Heißt: Der Hauptübungsleiter muss mit dem klarkommen, was er hat. Wie er bereits vor der Saison, beinahe missgünstig, eingestanden hatte.
Auf baldige Verstärkung aus London kann Tuchel wohl indes nicht zählen. Joao Palhinha, der im Sommer schon zu 99 Prozent vom FC Fulham zum FC Bayern gewechselt worden war, hat im September seinen Vertrag an der Themse überraschend bis 2028 verlängert.
Das heißt: Der Transfer ist nicht gerade wahrscheinlicher geworden. Und selbst wenn er zustande kommen sollte, dann ist er nun in jedem Fall um einiges teurer als die Ende August ausgehandelten 65 Millionen Euro Ablöse.
Palhinha wäre der Problemlöser beim FCB
Dabei scheint es, als wäre der portugiesische Nationalspieler das fehlende Puzzleteil der Bayern. Auch bei ihm sticht besonders eine Statistik ins Auge: Null Torschussvorlagen in sieben Einsätzen in der Premier League.
Das heißt nicht, dass Palhinha keine Pässe in gefährliche Räume spielen kann. Vielmehr heißt es, dass der 28-Jährige keine Pässe in die gefährlichen Räume spielen soll.
Sein nomineller Nebenmann, Harrison Reed, kommt auf neun Torschussvorlagen. Arbeitsteilung Deluxe, wie sie beim FC Bayern derzeit fehlt, wo alle alles machen wollen.
Die nächsten beiden Gegner heißen Darmstadt 98 in der Bundesliga und 1. FC Saarbrücken im DFB-Pokal. Danach wartet der noch ungeschlagene BV Borussia Dortmund auf die Bayern.
Dann können Thomas Tuchel und die Münchner zeigen, dass sie auch ohne richtigen Sechser große Spiele gewinnen können.
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FC Bayern München: Aleksandar Pavlovic verlängert langfristig - Vertragssituation der Stars
Die Vertragssituation beim FC Bayern München Wer es in den Kader des FC Bayern schafft, hat es weit gebracht. Doch nicht jeder Spieler bleibt. ran zeigt, welche Bayern-Stars wie lange unter Vertrag stehen und wie die Perspektive aussieht. (Stand: 16. Juni 2024)
Aleksandar Pavlovic Die EM verpasste er krankheitsbedingt, doch jetzt hat der 20-Jährige wieder Grund zur Freude. Die Bayern verlängern den Vertrag bis Pavlovic bis zum 30. Juni 2029. Ein Beleg dafür, dass der defensive Mittelfeldspieler eine tragende Säule der Zukunft sein soll. Die Bosse bescheinigen ihm eine gewaltige Entwicklung in den vergangene Monaten. Pavlovic sei ein Musterbeispiel für die Nachwuchsförderung am FC Bayern Campus.
Alexander Nübel Es ist offiziell: Der FC Bayern hat den Vertrag mit Alexander Nübel verlängert - bis 2029! Der 27-Jährige wird aber auch in den kommenden beiden Spielzeiten an den VfB Stuttgart ausgeliehen und dort internationale Erfahrung sammeln - das haben beide Klubs bestätigt. Bei den Schwaben winkt Nübel, der aktuell knapp 3 Millionen Euro im Jahr verdient, kommende Spielzeit eine Gehaltserhöhung.
Alexander Nübel "Ich bin sehr glücklich über das Vertrauen, das mir der FC Bayern entgegenbringt. Gleichzeitig fühle ich mich in Stuttgart sehr wohl. Ich will mit dem VfB erfolgreich sein und so auch persönlich die nächsten Schritte gehen", so Nübel.
Alexander Nübel Der FC Bayern positioniert sich damit ganz klar zu Nübel als neue Nummer 1 nach Manuel Neuer. Sollte der DFB-Keeper seinen bis 2025 laufenden Vertrag nicht verlängern, soll Nübel (bei konstanten Leistungen) nach ran-Infos bereits ab der Spielzeit 25/26 das Bayern-Tor hüten.