WM-Qualifikation
DFB-Team: Mehr Verlierer als Gewinner – das Zeugnis nach Slowakei und Nordirland
- Veröffentlicht: 08.09.2025
- 22:15 Uhr
- Martin Volkmar, Tobias Hlusiak
Gleich mehrere Topspieler können gegen die Slowakei und Nordirland nicht überzeugen. Auch Bundestrainer Julian Nagelsmann macht sich angreifbar. Die DFB-Bilanz.
Vom DFB-Team berichten Martin Volkmar und Tobias Hlusiak
Nachdem der totale Fehlstart in die WM-Qualifikation verhindert worden war, zog Julian Nagelsmann ein durchwachsenes Fazit der Länderspielwoche.
Der 3:1-Arbeitssieg über den Weltranglisten-71. aus Nordirland könne nur der "Startpunkt" sein, "um weiter nach vorne zu marschieren und nicht zurück. Wenn wir immer wieder bei null anfangen, wird es schwierig, sich zu entwickeln“.
Das Wichtigste in Kürze
Aufgrund der 0:2-Pleite zum Auftakt in der Slowakei sei der Lehrgang aber nur "zu 50 Prozent zufriedenstellend", erklärte der Bundestrainer: "Der nächste sollte zu 100 Prozent zufriedenstellend sein."
Immerhin konnte Nagelsmann einige Erkenntnisse aus den beiden Partien mitnehmen, wobei die negativen überwogen. Vor allem bei den Führungsspielern gibt es ein großes Vakuum.
ran nennt die Gewinner und Verlierer.
DFB-Team: Die Gewinner
Oliver Baumann
Der Hoffenheimer etablierte sich als perfekter Backup für den verletzten Marc-Andre ter Stegen und ließ mit seinem souveränen Auftreten überhaupt keine Zweifel an Nagelsmanns Entscheidung aufkommen. Ist vorerst im Tor gesetzt.
Nadiem Amiri
Der Mainzer war der Matchwinner gegen Nordirland und drehte nach seiner Einwechslung mit dem wichtigen Führungstreffer und dem Herausholen des Freistoßes von Florian Wirtz die Partie.
Positiv, dass ein DFB-Akteur nicht unter seinen Möglichkeiten blieb, sondern seine Qualitäten in der Crunchtime auf den Platz brachte.
Maximilian Beier
Der EM-Shootingstar musste fast genau ein Jahr zusehen, ehe er zu seinem fünften Länderspiel kam.
Auch diesmal wurde der Dortmunder erst für den verletzten Niclas Füllkrug nachnominiert, nutzte seine Chance dann aber durch seinen engagierten Auftritt nach der Einwechslung gegen Nordirland.
Der Kapitän zeigte diesmal sicherlich keine herausragenden Leistungen.
Aber zum einen durfte er endlich auch im DFB-Dress auf seine Lieblingsposition im zentralen Mittelfeld rücken, zum anderen ist seine Bedeutung für die Mannschaft als derzeit einzig verbliebener Führungsspieler noch einmal gewachsen.
David Raum
Auch der Leipziger tat sich schwer, zeigte zwei mäßige Halbzeiten als Einwechselspieler in der Slowakei und als Starter gegen Nordirland.
Aber nach dem Wechsel hatte der Außenspieler am Sonntag maßgeblichen Anteil, dass die Wende gelang, unter anderem mit seinem Assist zum 2:1.
Dürfte somit gegenüber Konkurrent Maxi Mittelstädt auf der linken Seite erstmal die Nase vorn haben.
Serge Gnabry
In der weitgehend enttäuschenden deutschen Offensive gehörte der Bayern-Profi noch zu den besseren, nicht nur wegen seines 23. Länderspieltores zum 1:0 gegen Nordirland.
Hat sicher noch Luft nach oben, aber nachdem er bei der EM aussortiert worden und danach meist nur zweite Wahl war, waren die beiden Startelf-Nominierungen ein Schritt nach vorne.
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Deutsche Nationalmannschaft: Die Verlierer
Julian Nagelsmann
Der nach der EM so glänzende Ruf des Bundestrainers hat nach nur zwei Siegen in diesem Jahr gelitten, daran ändert auch der Pflichterfolg über die Nordiren wenig.
Seine wiederholten Umstellungen haben der Mannschaft bislang fast immer geschadet statt genutzt, so war es auch in der Slowakei.
Dass er danach öffentlich wenig Selbstzweifel an seinen Entscheidungen erkennen ließ, sorgt für wachsende Kritik bei Fans, Medien und Experten – gerade vor dem Hintergrund seines Beharrens auf dem WM-Titel als Ziel.
Der Real-Profi ist nach einer durchwachsenen Saison mit dem spanischen Rekordmeister nach wie vor weit von seiner einstigen Bestform entfernt, auch im Klub könnte er daher angeblich ausgebootet werden.
Von seinem eigenen Anspruch, als stellvertretender Kapitän Abwehrchef und Führungsfigur zu sein, war er bei seinen beiden schwachen Leistungen gegen die alles andere als herausragenden Offensivreihen der Slowakei und Nordirland weit entfernt.
Muss sich erstmal selbst stabilisieren, ehe er eine bedeutendere Rolle im Team spielen kann. Ansonsten ist auch der Verlust des Startplatzes nicht mehr ausgeschlossen.
Im Gegensatz zu Rüdiger, mit dem er eigentlich in der Innenverteidigung gesetzt sein sollte, musste der Bayern-Neuzugang im zweiten Spiel bereits auf die Bank. Zu Recht, denn genauso wie sein Nebenmann war Tah gegen die Slowaken ein Sicherheitsrisiko.
Scheint auch in München noch nicht angekommen zu sein und lässt aktuell die frühere Souveränität als Meister-Abwehrchef in Leverkusen weitgehend vermissen.
Nnamdi Collins
Der Shootingstar von Eintracht Frankfurt und beim EM-Erfolg der deutschen U21 kam als Hoffnungsträger und potenzielle Lösung für die "Leerstelle" des DFB-Teams auf der rechten Seite.
Doch mit der ungewohnten Rolle als alleiniger Schienenspieler war der Youngster gegen die Slowakei komplett überfordert (ran-Note 6), zumal er weder vom Bundestrainer noch von den Mitspielern Hilfe bekam.
Nicht ausgeschlossen, dass seine 45 Minuten fürs Erste die einzigen Länderspielminuten für Collins bleiben.
Der Torschützenkönig der U21-EM bestätigte alle Kritiker, die ihm im Sommer zu einem Verbleib in Stuttgart zur Weiterentwicklung geraten hatten und die 90 Millionen Euro Ablöse seines neuen Klubs Newcastle United als total überzogen ansehen.
Dr Stürmer ist momentan nur ein Schatten seiner Galaform in der vergangenen Rückrunde und strahlte als alleinige Sturmspitze überhaupt keine Torgefahr aus.
Musste dann sogar bei seiner Auswechslung Pfiffe der enttäuschten Zuschauer über sich ergehen lassen.
Robert Andrich
Einer der großen Verlierer, auch wenn er gar nicht mitspielte. Denn der neue Leverkusener Kapitän wäre als defensiver Abräumer und Mentalitätsspieler eigentlich genau der Typ gewesen, den Nagelsmann zur Halbzeit in der Slowakei gebraucht hätte.
Doch stattdessen blieb der 30-Jährige neben Neuling Paul Nebel der einzige Feldspieler ohne Einsatzminute.
Offenbar hält sich das Vertrauen des Bundestrainers in Andrich nach seiner mittelmäßigen Rückrunde und dem schwachen Start in die neue Saison momentan in Grenzen.
Angelo Stiller
Der Stuttgarter verpasste nach einer starken Saison im Verein mit dem DFB-Pokalsieg als Krönung verletzungsbedingt die Nations-League-Finalrunde. Nun bekam er gegen die Slowakei die Chance in der Startelf, ging aber wie das gesamte Team unter.
Dass Stiller, wie von einigen Experten vorgeschlagen, für die WM die ideale Wahl im zentralen Mittelfeld sei, davon war nichts zu erkennen. Möglicherweise braucht er wie Kimmich einen eher defensiven Nebenmann, der hinter ihm absichert, so wie es Atakan Karazor beim VfB macht.
Da Kimmich aber gesetzt ist, sind Stillers Chancen nicht eben größer geworden.