WM-Qualifikation
DFB-Team schlägt Nordirland knapp: Die Ansprüche müssen höher sein - ein Kommentar
- Aktualisiert: 13.10.2025
- 23:53 Uhr
- Chris Lugert
Die deutsche Nationalmannschaft zittert sich in Nordirland zu einem hart erkämpften Sieg. Einzelne Fortschritte sind erkennbar, doch die Defizite bleiben unübersehbar. Ein Kommentar.
Von Chris Lugert
Als Julian Nagelsmann in der 85. Minute des WM-Qualifikationsspiels der deutschen Mannschaft in Nordirland (1:0) einen Doppelwechsel vorbereitete, traute der geneigte Beobachter seinen Augen nicht. An der Seitenlinie machten sich Waldemar Anton und Robert Andrich bereit.
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Und als die Nummern jener Spieler aufleuchteten, die den Platz verlassen mussten, war das Unverständnis noch größer. Aleksandar Pavlovic musste runter - und Serge Gnabry. Ein defensiver Wechsel, um einen Zittersieg gegen den Weltranglisten-72. über die Zeit zu bringen. Passender hätte das Bild nicht sein können.
Und es dauerte nicht lange, da wäre die Pointe perfekt gewesen. Trotz der neuen Fünferkette musste Torwart Oliver Baumann in der Schlussphase die drei Punkte retten. Einen durchaus schmeichelhaften Sieg, der den 4:0-Erfolg gegen ein nicht konkurrenzfähiges Luxemburg drei Tage zuvor noch einmal einordnete.
Wenig spielerische Ideen, kaum Kreativität, begrenzter Spielfluss. Das Siegtor von Nick Woltemade per Schulter nach einer Ecke und ein einziger genialer Moment von Florian Wirtz, den Karim Adeyemi in der zweiten Halbzeit aber nicht verwerten konnte - mehr brachte die DFB-Offensive nicht zustande.
DFB-Team erfüllt Ansprüche nicht
Gewiss, es gibt angenehmere Auswärtsaufgaben als im Windsor Park von Belfast. Schließlich hatte Nordirland seit ziemlich genau zwei Jahren kein Heimspiel mehr verloren, die Fans sorgen für eine ganz spezielle Atmosphäre. Insofern ist ein 1:0-Sieg ein Ergebnis, an dem es auf den ersten Blick nichts auszusetzen gibt.
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Doch was sind inzwischen die Ansprüche der deutschen Mannschaft? Geht es nur noch darum, Spiele irgendwie zu gewinnen? Welche Rolle spielt die Art und Weise in einer Mannschaft, deren Bundestrainer den WM-Titel zum Ziel erklärt hat, die sich aber durch die Qualifikation quält?
Das deutsche Team hat in Nordirland und auch zuvor gegen Luxemburg das Mindeste geleistet - kein bisschen mehr. Die Nordiren mögen besser sein als Luxemburg, doch es bleibt eine Mannschaft mit Spielern, die ihr Geld zum Beispiel in Englands dritter Liga verdienen. Profis, ja, aber auf überschaubarem Niveau.
Gegen einen solchen Gegner muss deutlich mehr kommen. Dass zumindest die Emotionalität im Team stimmte und Zweikämpfe gesucht und konsequent geführt wurden, sollte eine Selbstverständlichkeit sein. Es sind die Basics, die in der Slowakei fehlten. Und die gegen Luxemburg nicht gefordert waren.
In Nordirland waren sie da, auch die Abwehr stand sicher. Insofern waren Fortschritte sichtbar. Aber ist das wirklich genug, um mit einem positiven Gefühl aus der Länderspielpause zu gehen? Oder wächst nicht immer stärker der Eindruck, dass fast jeder Gegner der deutschen Mannschaft inzwischen Probleme bereiten kann?
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Im November entscheidet sich alles
Nagelsmann bemühte nach dem Sieg die altbekannten Floskeln. Der Gegner war unangenehm, es gab viele lange, zweite Bälle. Es war ein dreckiger Sieg, die drei Punkte muss man mitnehmen. Es klingt nach einem Naturgesetz, das man ja nicht umgehen könnte. Als ob überzeugende Siege in Nordirland nicht möglich wären.
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Sie sind schwieriger, keine Frage. Ein offensiv ausgerichteter Gegner ließe sich einfacher bespielen. Und natürlich ist ein Sieg in Nordirland immer einer blutleeren Niederlage in der Slowakei vorzuziehen. Doch die Selbstzufriedenheit, die sich jetzt einzustellen scheint, ist gefährlich. Und legt die Saat für den nächsten Tiefpunkt.
Denn noch ist nichts geschafft. Im November, vermutlich im abschließenden "Endspiel" gegen die Slowakei, entscheidet sich das Wohl und Wehe des deutschen Fußballs. Die WM-Qualifikation ist durch den Sieg in Nordirland nicht nur mathematisch wieder wahrscheinlicher geworden. Sondern auch, weil die Mannschaft Widerstandsfähigkeit bewiesen hat.
Das mag womöglich reichen, um Gruppensieger zu werden und das WM-Ticket zu lösen. Doch um wirklich um den Titel mitspielen zu können, braucht es ganz andere Leistungen. Und so ganz allmählich sollte auch hier endlich eine Entwicklung zu erkennen sein.