Der 28-Jährige hat schon zwei Saisonsiege auf dem Konto
Kelvin van der Linde: DTM-Spitzenreiter mit neuem Erfolgsrezept
Kelvin van der Linde ist als Führender mitten im DTM-Titelkampf - auch dank einer neuen Herangehensweise.
Sechs Rennen vor dem Ende der DTM-Saison 2024 führt Kelvin van der Linde die Gesamtwertung an. Nach zwei schwächeren Jahren ist er nun zurück im Titelkampf - wohl auch dank einer neuen Herangehensweise.
"Ich glaube, in der Vergangenheit hatte ich immer einen gewissen Druck", verrät van der Linde, der in diesem Jahr bereits zwei Siege feierte. "Und jetzt, in dieser Saison, gehe ich mit einer anderen Einstellung an das Rennfahren heran. Ich möchte es einfach mehr genießen."
Der Südafrikaner mit deutschem Pass, der dieses Jahr laut eigenen Angaben "wahrscheinlich so gut wie noch nie" fährt, weiß aus eigener Erfahrung, dass sich die Situation in die falsche Richtung entwickeln kann, wenn er sich selbst zu viel Druck macht.
Beim DTM-Finale 2021 auf dem Norisring kam es zur kontroversen Titelentscheidung - und Kelvin van der Linde belegte am Ende nur den dritten Platz in der Gesamtwertung. "Ich war 2021 schonmal am Nürburgring viele Punkte vorne und habe dann die Meisterschaft verloren", erinnert der 28-Jährige nach seiner Poleposition am Nürburgring-Samstag bei ran. "Ich will es dieses Jahr mit mehr Ruhe angehen und nicht viel reden."
"Muss alles perfekt zusammenpassen"
Kurios: Im letzten Jahr kämpfte Abt-Teamkollege Ricardo Feller bis kurz vor Schluss um die Meisterschaft, während Kelvin van der Linde nur wenig Höhepunkt setzen konnte. In dieser Saison ist es genau umgekehrt. Wieso? "Die Leistungsdichte ist so eng", erinnert Abt-Sportdirektor Martin Tomczyk gegenüber "Motorsport-Total.com".
Das Wichtigste in Kürze
"Es muss immer alles perfekt zusammenpassen - und du musst immer zur richtigen Zeit am richtigen Platz sein. Ricardo ist nach wie vor sackschnell. Der hat die Motivation, der ist auch motiviert, der will auch. Aber wenn es mal um Zehntel oder Hundertstel geht, dann kann es mal sein, dass der andere einen besseren Run hat."
"Man muss schon sagen: Wenn man mal das Momentum hat und das auch im Team so weitergibt, das bringt schon auch viel", spielt Tomczyk auf die aktuelle Situation seines Fahrers an. Dabei müsse es nicht immer das perfekte Auto und die perfekte Abstimmung sein. "Wenn alles passt und du das spürst, das macht für einen Fahrer schon auch viel aus."
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Van der Linde "fühlt sich erfrischt"
Außerdem hat sich Kelvin van der Linde dazu entschieden, sein Engagement im Motorsport zu reduzieren. "Ich fahre etwas weniger Rennen als in den vergangenen Jahren, was mir auch ganz guttut, denn ich habe Zeit, mich von der Rennstrecke fernzuhalten", erklärt der DTM-Gesamtführende. "Jedes Mal, wenn ich zurückkomme, fühle ich mich erfrischt. Ich fühle mich aufgeregt, Rennen zu fahren. Und ich glaube, das zeigt sich auch auf der Strecke."
Und das, obwohl der Südafrikaner in diesem Jahr nicht nur in der DTM fährt, sondern auch in der Formel E und der Langstrecken-Weltmeisterschaft (WEC) sowie beim 24h-Rennen auf dem Nürburgring ins Lenkrad gegriffen hat. "Für mich war es in diesem Jahr wichtig, einen Reset zu machen, ein bisschen weniger zu fahren, andere Autos zu fahren", erklärt van der Linde.
"Ich habe meinen Erfahrungsschatz erweitert, verschiedene Dinge gelernt, wie verschiedene Teams vorgehen, und hatte eine Auszeit, um mich auf mich selbst zu konzentrieren", erinnert der DTM-Dritte von 2021. "Es funktioniert also offensichtlich."
"Man mag irgendwann nicht mehr"
"Es gibt Fahrer, die jedes Wochenende ein Rennen fahren wollen", spricht der 28-Jährige davon, dass einige seiner DTM-Fahrerkollegen "wie die Verrückten fahren" und nahezu wöchentlich am Lenkrad eines Rennwagens sitzen. "Ich glaube, ich liege jedes Wochenende auf der Couch. Ich muss sie mir im Fernsehen ansehen."
"Um ehrlich zu sein, bin ich nicht sehr neidisch, denn das habe ich in der Vergangenheit auch schon getan", erinnert van der Linde daran, dass er in den letzten Jahren ebenfalls sehr häufig im Rennwagen saß. "Ich hatte schon Saisons, in denen ich 30 Rennen im Jahr gefahren bin, und bei Rennen 20 wollte ich nicht mehr fahren."
DTM: Die Fahrer und Teams
Das liege allerdings nicht daran, dass er die Rennen nicht lieben würde. "Es ist einfach nur menschlich: Wenn man 365 Tage lang jeden Tag Nudeln isst, mag man sie irgendwann nicht mehr", zieht der Abt-Audi-Pilot einen interessanten Vergleich.
Mit Spaß zum ersten DTM-Titel?
Dass er nach dem Nürburgring-Wochenende mit sieben Punkten Vorsprung auf Mirko Bortolotti (SSR-Lamborghini) an der Tabellenspitze liegt, "fühlt sich natürlich großartig" an. "Ich hätte es gerne vor der Sommerpause gehabt, denn dann hätte ich vielleicht ein oder zwei Bier mehr getrunken", grinst der sympathische Südafrikaner.
"Aber im Moment macht es keinen großen Unterschied. Letzten Endes versuchen wir jedes Wochenende, das Maximum aus unserem Paket herauszuholen", sagt Kelvin van der Linde, der seine Strategie verrät, wie es in diesem Jahr mit dem ersten DTM-Titel klappen soll: "Wir versuchen, Spaß zu haben."