Formel 1 und die Skandale: Intrigen-Sumpf als Zerreißprobe für die Königsklasse
Veröffentlicht: 08.03.2024
14:30 Uhr
Andreas Reiners
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Die Formel 1 wird seit Wochen von Skandalen durchgeschüttelt. Wie immer geht es um Macht, Egos und Geld. Die Explosionsgefahr ist groß. Wir beantworten die wichtigsten Fragen.
Jetzt soll die Red-Bull-Mitarbeiterin in der Affäre um Teamchef Christian Horner "unehrliche Aussagen" getätigt haben. Deshalb wurde sie angeblich freigestellt. Das berichten "BBC" und "Daily Mail".
Die nächste Folge mit Soap-Potenzial, mit Explosionsgefahr rund um das angeblich unangemessene Verhalten Horners gegenüber der Mitarbeiterin. Fortsetzung? Folgt ganz sicher.
Parallel dazu gärt gerade ein Skandal um den Präsidenten des Automobil-Weltverbandes. Die Vorwürfe gegen Mohammed Ben Sulayem sind heftig, aber noch nicht bewiesen.
Bewiesen ist hingegen: Die Formel 1 kann auch dann für Unterhaltung sorgen, wenn erneute Langeweile auf der Strecke droht. Denn Max Verstappen und Red Bull Racing sind offenbar auch 2024 das Maß der Dinge.
Das Problem: Intrigen und Skandale sind zwar unterhaltsam, eine sportlich überschaubar spannende Rennserie kann sich diese aber auf Dauer aber nicht erlauben. Denn im Moment jagt eine Negativ-Schlagzeile die nächste. Weil die Lage unübersichtlich ist und die Verflechtungen hochpolitisch sind, beantworten wir die wichtigsten Fragen.
Inzwischen um einen Machtkampf, denn die Gemengelage bei Red Bull ist nach dem Tod von Dietrich Mateschitz nicht einfach.
Die thailändische Familie Yoovidhya hält 51 Prozent der Anteile an dem Konzern, Mateschitz-Sohn Mark 49 Prozent. Neuer starker Mann im Unternehmen ist nun Chalerm Yoovidhya, Sohn des 2012 verstorbenen Chaleo Yoovidhya, der Dietrich Mateschitz die Entscheidungsgewalt überlassen hatte.
Diese Regelung gilt für Sohn Mark allerdings nicht, wodurch sich das Machtgefüge verschoben hat, und Chalerm Yoovidhya ist ein erklärter Horner-Fan. Der Skandal um den Teamchef hat einen internen Red-Bull-Machtkampf entzündet, bei dem es auch darum geht, wer künftig tatsächlich das Sagen hat.
Red-Bull-CEO Oliver Mintzlaff hätte Horner angeblich gerne schon längst vor die Tür gesetzt, doch der hatte die Untersuchung dank eines Anwalts durchgesetzt.
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Was will Max Verstappen?
Seine Ruhe. Rennen fahren. Und die im Idealfall weiter gewinnen. Einen durch den Wirbel kolportierten Wechsel zu Mercedes schloss er zuletzt nicht komplett aus. Sein Vater hatte zudem klar erklärt: "Es wird explodieren. Solange er (Horner; d.Red.) da ist, wird es Spannungen geben. Er spielt das Opfer, dabei ist er derjenige, der die Probleme verursacht."
Offen. Für Horner ist das Thema mit der dem vorläufigen Ende der Untersuchung erst einmal erledigt, weitere Leaks gab es bislang auch nicht. Die Mitarbeiterin kann in Berufung gehen, klagen könnte sie auch. Und klar ist, dass sich Horner in den vergangenen Jahren innerhalb des Rennstalls trotz der Rückendeckung aus Thailand nicht nur Freunde gemacht hat.
Designguru Adrian Newey soll mit ihm gebrochen haben, und spätestens seitdem Horner angeblich den Mateschitz-Vertrauten Helmut Marko absägen wollte, gilt auch dieses Verhältnis als belastet. Die Verstappens wiederum sind Marko gegenüber loyal.
Das letzte Wort dürfte daher nicht gesprochen sein, denn die Affäre wirft kein gutes Licht auf die Formel 1, die sich schon länger öffentlich zu Diversität und Inklusion verpflichtet. Dazu könnte sie beim Rennstall zu Verwerfungen führen.
Wie lauten die Vorwürfe gegen Mohammed Ben Sulayem?
Der Präsident des Automobil-Weltverbandes FIA soll laut "BBC" beim Rennen in Las Vegas seine Leute angewiesen haben, "Schwachstellen an der Strecke zu finden, um die Lizenz zu verweigern". Beim Rennen in Saudi-Arabien 2023 soll er eingegriffen haben, damit die Strafe gegen Fernando Alonso aufgehoben wird.
Der Weltverband bestätigte der Nachrichtenagentur "AFP", "dass der Compliance-Beauftragte einen Bericht erhalten hat, in dem mögliche Anschuldigungen detailliert aufgeführt sind, die einige Mitglieder ihrer Führungsgremien betreffen". Ben Sulayem selbst hat sich nicht geäußert.
Was steckt dahinter?
Intrigen und ebenfalls ein Machtkampf, hier zwischen FIA und Formel 1, konkret also zwischen Regelhütern (FIA) und Management der Königsklasse sowie Besitzer Liberty Media. Bezeichnenderweise gerieten die Untersuchungen durch eine anonyme Quelle an die Öffentlichkeit, sie sollen in vier bis sechs Wochen abgeschlossen sein.
Sollten die Vorwürfe zutreffen, bleibt es zunächst Spekulation, warum der FIA-Boss so gehandelt hat. Doch klar ist: Wäre das F1-Prestigeobjekt in Las Vegas abgesagt worden, wäre das für die Macher um Liberty Media ein herber Schlag gewesen.
In der knapp zweijährigen Amtszeit Ben Sulayems krachte es immer wieder zwischen der Formel 1 und dem Weltverband, zuletzt auffallend gehäuft. Und oft angestachelt durch den FIA-Chef.
So gab die FIA grünes Licht für den Einstieg des Rennstalls von Michael Andretti, die Formel 1 schlug diese Tür jedoch Anfang des Jahres auf eine etwas fragwürdige Art und Weise vorerst zu. Zuletzt hatte er sich auch öffentlich zum Marktwert der Formel 1 geäußert, wofür er von den Juristen der Königsklasse ebenso öffentlich einen Rüffel erhielt.
Und nach dem Auftakt in Bahrain wurde berichtet, dass Ben Sulayem Champion Verstappen darum bat, Horner öffentlich zu stützen. Laut "BBC" soll Verstappen den FIA-Boss im Gegenzug aufgefordert haben, seine eigene Untersuchung einzuleiten – was Ben Sulayem könnte. Er macht es allerdings nicht.
Die Formel 1 war schon immer hochpolitisch, dabei kompliziert verflochten und ein Minenfeld. Ben Sulayem agiert schon länger ungeschickt, indem er die Formel 1 gegen sich aufbringt, immer wieder Öl ins Feuer gießt, ungefragt seltsame Aussagen tätigt.
Dabei ist er mit seinem Weltverband streng genommen als Regelhüter nur ein Dienstleister, der vom Geld der Serie lebt. 40 Millionen Dollar soll die FIA pro Jahr kassieren. Wie lange noch, ist nun die Frage.
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Wie geht es in dem Streit weiter?
Eine Eskalation ist nicht ausgeschlossen, selbst wenn die Vorwürfe nicht stimmen sollten. Denn die fast vergessene Compliance-Untersuchung gegen Susie und Toto Wolff könnte der Anfang vom Ende gewesen sein. Damals, im Dezember, stellten sich die Teams in einer ungewohnten Einigkeit hinter den Mercedes-Teamchef und seine Frau, und eine Abspaltung der Formel 1 vom Weltverband wurde kräftig befeuert.
Seitdem hört es nicht mehr auf zu brennen. Weshalb laut "BBC" die F1-Besitzer die Trennung von der FIA angeblich tatsächlich in Erwägung ziehen, sollten sich Ben Sulayem und Co. weiterhin "nachteilig" verhalten. Damit dürfte fast schon zu rechnen sein.
Denn der nächste Plot-Twist wartet ganz sicher schon.